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Dermatologie

Wichtige Hauterkrankungen von A - Z

Cushing-Syndrom

Welche Formen des Cushing-Syndroms (Cushing-Erkrankung, Hyperadrenokortizismus) gibt es?

Beim Cushing-Syndrom ist der Spiegel von Cortisol im Blut permanent erhöht (s. später).

Cortisol ist ein lebensnotwendiges Hormon, das von den beiden Nebennierenrinden produziert wird und dessen Produktion im Tagesverlauf je nach Aktivität, Stress, Tageszeit etc. stark schwankt. Gesteuert wird die Produktion durch einen sogenannten Feedback-Mechanismus - der Blutspiegel wird laufend gemessen, ist er zu hoch, drosselt die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) als Steuerungsstelle die Produktion über eine verringerte ACTH-Ausschüttung, die Nebennieren produzieren weniger. Ist der Blutspiegel zu niedrig, schüttet die Hypophyse mehr ACTH aus, die Nebennierenrinden produzieren mehr Cortisol. Dabei kann der Körper nicht zwischen selbst produziertem Cortisol und von außen verabreichten Cortisonpräparaten vor allem in Tabletten- oder Spritzenform unterscheiden. Dementsprechend können unter Cortisontherapie die gleichen Symptome auftreten wie beim spontanen Cushing-Syndrom.

Beim Cushing-Syndrom ist die Menge des Cortisols im Körper dauerhaft erhöht, entweder durch eine erhöhte körpereigene Produktion (spontane Form) oder durch die Gabe von Glucocorticoiden von außen (iatrogene Form).

Ursachen für die erhöhte Menge des produzierten körpereigenen Cortisols können entweder im Bereich der Hypophyse oder der Nebennierenrinden liegen und sind durch Tumore bedingt.

Das sogenannte hypophysäre Cushing-Syndrom ist beim Hund mit etwa 90% die häufigste Ursache einer Cushing-Erkrankung und wird meist durch einen kleinen (nur wenige Millimeter großen) und gutartigen Tumor dieses Organs hervorgerufen. Dieser produziert ACTH, was bewirkt, dass die Hypophyse als "Steuerungszentrale" den Sollwert für die zu produzierende Cortisolmenge zu hoch einstellt. Beide Nebennierenrinden produzieren so viel Cortisol, wie ihnen möglich ist, was mit einer Vergrößerung beider Nebennieren einhergeht.

Deutlich seltener und eher bei großen Hunden zu finden ist ein Tumor einer Nebenniere, der unabhängig von den Regulationsmechanismen ungebremst Cortisol produziert. Dieser Tumor kann gut- oder bösartig sein und führt in der Regel zu einer Vergrößerung der betroffenen Nebenniere und einer Verkleinerung der zweiten Nebenniere (die aufgrund der gedrosselten ACTH-Ausschüttung durch die Hypophyse die Cortisolproduktion weitgehend einstellt und daher immer kleiner wird). 

Welche Hautsymptome sind typisch?

Als Konsequenzen des erhöhten Cortisolspiegels für die Haut ergeben sich v.a. eine Verlangsamung des Haarwachstums bis zu Haarausfall und kahlen Stellen oder insgesamt schütteres Fell, Farbveränderungen (schwarz -> rotbraun, braun -> blond), dünne, trockene, faltige Haut, Bildung trockener Schuppen, Komedonen (`Mitesser`), Verkalkungen, verzögerte Wundheilung, durch die dünne (Bauch-)Haut durchscheinende Blutgefäße, Neigung zu Blutergüssen, Neigung zu Infektionen durch Bakterien, Pilze oder andere (auch opportunistische) Erreger infolge von Immunsuppression, Demodikose, Dekubitus (Druckgeschwüre).

Muskelschwäche, schütteres Fell im Bauchbereich, vergrößerter Bauchumfang und seit Monaten im ausgeschorenen Bereich nicht nachwachsendes Fell (hypophysärer Cushing)

 

durchscheinende Blutgefäße im Bauchbereich (derselbe Hund)

trockene, atrophische Haut vor allem im Bauchbereich ist typisch für Hunde mit Cushing-Erkrankung

Calcinosis cutis (Verkalkung der Haut) mit massiver Entzündung und Juckreiz 

 

Welche anderen Symptome sind zu erwarten?
Da jede Zelle im Körper Rezeptoren für Cortisol besitzt, ist bei einem erhöhten Cortisolspiegel mit einer Vielzahl von Symptomen zu rechnen, unabhängig davon, ob er spontan oder iatrogen bedingt ist.

Erste Symptome bei den meisten Hunden sind vermehrter Durst/gesteigerter Urinabsatz, evtl. mit Inkontinenz, und gesteigerter Appetit, gefolgt von Hecheln und Leistungsrückgang.


Konsequenzen für den Gesamtorganismus sind beim dauerhaft erhöhten Cortisolspiegel insbesondere
- Muskelabbau (v.a. an den Beinen und im Schläfenbereich) und dadurch bedingt Muskelschwäche bzw. reduzierte Belastbarkeit

- vermehrter Fettaufbau v.a. im Rumpfbereich ("Stammfettsucht")

- Atemprobleme, Hecheln, evtl. Verkalkungen der Lunge, Bronchopneumonie, Thrombosegefahr (Embolien)

- Osteoporose, Osteomalazie, Neigung zu Frakturen, Bänderrrissen, Patellaluxation

- Unregelmäßigkeiten bei der Läufigkeit/ausbleibende Läufigkeit bzw. Hodenatrophie

- Verhaltensänderungen, neurologische Veränderungen (auch Sehstörungen, plötzliche Blindheit, Wesensveränderungen, Krämpfe; diese Symptome treten insbesondere bei einem größeren Hypophysentumor auf, der auf benachbarte Hirnbereiche übergreift)

- Augenveränderungen, auch Hornhautulzera

- Diabetes mellitus ("Steroiddiabetes")

Fehlende Haare im Bauchbereich, massiv vergrößerter Bauchumfang und starkes Hecheln auch in kühler Umgebung sind häufige Symptome bei Cushing-Patienten

Von der Muskelatrophie sind die Muskeln an der Rückseite der Hinterbeine regelmäßig betroffen


Wie wird ein Cushing-Syndrom diagnostiziert?

Eine Verdachtsdiagnose wird gestellt über die Informationen aus Rasse, Alter, Vorbericht, klinischen Symptomen  ("klassisch"ist symmetrischer Haarverlust, von dem Kopf und Beine meist nicht betroffen sind), sowie spezifischen Blut- oder Urinuntersuchungen.

Bestätigt wird der Verdacht durch gezielte Funktionstest, entweder Blut- oder Urinuntersuchungen. Auch bildgebende Verfahren (v.a. CT und Ultraschall) können hilfreich sein. Mit diesen Untersuchungen wird gleichzeitig die Ursache (Tumor von Hypophyse oder Nebennierenrinde) ermittelt.

Warum soll diese Erkrankung so früh wie möglich behandelt werden?

Da Cortisol wie erwähnt auf jede einzelne Zelle des Körpers wirkt, betreffen die Auswirkungen eines durch einen Tumor hervorgerufenen zu hohen Cortisolspiegels den gesamten Organismus. Jede Cushing-Erkrankung ist potentiell lebensbedrohlich - plötzliche Todesfälle können alleine durch das erhöhte Thromboserisiko jederzeit auftreten!! Deshalb sollte jeder Cushing-Patient möglichst frühzeitig und konsequent diagnostiziert und behandelt werden.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Die Therapie richtet sich nach der Ursache: die chirurgische Entfernung ist bei Nebennierenrindentumoren anzustreben, wenn auch nicht immer durchführbar, da das tumorös veränderte Organ sehr ungünstig in unmittelbarer Nachbarschaft der großen Bauchgefäße (Vena cava und Bauchaorta) liegt und gerade bei bösartigen Tumoren bereits auf diese übergegriffen haben kann. 

Die chirurgische Entfernung eines Hypophysentumors ist derzeit noch nicht möglich, lediglich die Entfernung des gesamten Organs. Oft sind die Tumore Mikroadenome, also nur stecknadelkopfgroß, und die Hypophyse liegt im Bereich der Schädelbasis und ist chirurgisch nur schwer zugänglich.

Die Entfernung der gesamten Hypophyse oder deren Bestrahlung werden an speziellen Kliniken angeboten, insbesondere bei Makroadenomen (also großen Tumoren, die auf benachbarte Hirnbereiche übergreifen und entsprechende Veränderungen hervorrufen).

Da die klinischen Auswirkungen ausschließlich durch den zu hohen Cortisolspiegel hervorgerufen werden, ist heutzutage die medikamentelle Therapie in den meisten Fällen die Methode der Wahl. Sie basiert auf der Hemmung eines Enzyms, das für die Cortisolproduktion erforderlich ist. Da diese Hemmung immer nur kurz andauert, ist es erforderlich, dieses Medikament (Trilostan, Vetoryl) in Tablettenform täglich zu verabreichen. Die früher gebräuchliche medikamentelle irreversible Zerstörung der Cortisol-produzierenden Zellen der Nebennierenrinden ist obsolet.

Trotz der in der Regel sehr guten Behandlungserfolge bei einem gut eingestellten Cushing-Patienten wird die Ursache, der Tumor, durch die Therapie nicht beeinflusst. Er besteht weiter und kann sich im Laufe der Zeit vergrößern, was eventuell eine Anpassung der Therapie erfordert. 

Jede Cushing-Therapie ist also eine lebenslange Therapie und bedarf regelmäßiger Kontrollen der Menge des noch produzierten Cortisols sowie einer sorgfältigen Überwachung: Sinkt der Cortisolspiegel zu plötzlich und zu stark ab, kann als Nebenwirkung eine sogenannte Addisonkrise auftreten, bei der es u.a. zu Herzrhythmusstörungen kommt und die - falls nicht rechtzeitig erkannt und entsprechend behandelt - tödlich enden kann.

Gebräuchlich zur Therapiekontrolle bei Vetoryl sind entweder ein sogenannter ACTH-Stimulationstest (zweimalige Blutentnahme 4-6 Stunden nach Medikamentengabe, Injektion von synthetischem ACTH nach der ersten Blutentnahme und Bestimmung der Cortisolspiegel) oder der mittlerweile gebräuchlichere Prä-Pill-Test, bei dem unmittelbar vor der morgendlichen Vetorylgabe Blut entnommen und der Cortisolspiegel bestimmt wird.

Ziel der Therapie ist es ja, die Cortisolproduktion in einen physiologischen Bereich zu bringen, also dem Hund erlaubt, die für ihn erforderliche Menge noch zu produzieren. Je nach klinischen Symptomen und Resultaten der Blutuntersuchung wird die Dosis wenn nötig angepasst. Diese Kontrolluntersuchungen werden in regelmäßigen Abständen durchgeführt.

Was ist ein iatrogenes Cushing-Syndrom?

Beim iatrogenen Cushing-Syndrom zeigt der Körper die Reaktionen wie oben beschrieben (`spontanes` Cushing-Syndrom), produziert aber selbst keine erhöhten Mengen an Cortisol, sondern reagiert auf ein Zuviel an von außen zugeführtem Cortisol (in Form von Spritzen, Tabletten, lokal angewendeten Medikamenten etc.).  Wie bereits erwähnt, kann der Organismus nicht zwischen selbst produziertem Cortisol und von außen zugeführten Corticoiden unterscheiden.

Die sogenannte Cortisontoleranz, d.h. die Menge exogen zugeführter Corticoide, die ein Organismus verträgt, ohne solche Nebenwirkungen zu zeigen, ist individuell extrem unterschiedlich: Manche Tiere vertragen problemlos Cortisongaben über Jahre, ohne derartige Auswirkungen zu zeigen, andere reagieren bereits nach wenigen Gaben mit teilweise heftigen klinischen Symptomen. Hier liegt ein großer Unterschied zur Humanmedizin, wo für die gängigen Corticoide sogenannte "Cushing-Schwellendosen" vorliegen.

Da der Organismus selbst weniger oder gar kein Cortisol mehr produziert, wenn es ständig von außen zugeführt wird, bilden sich im Laufe der Zeit die Nebennierenrinden zurück und produzieren praktisch kein Cortisol mehr. In solchen Fällen darf eine Cortisonbehandlung nicht abrupt beendet werden, sondern muss schrittweise reduziert und `ausgeschlichen` werden, damit es nicht zu der gefürchteten Addison-Krise kommt.

Atopische Dermatitis, AD (Allergie auf Aeroallergene)

Was passiert bei einer atopischen Dermatitis?

In den meisten Fällen der atopischen Dermatitis des Hundes (CAD) bildet der Organismus nach vorheriger Sensibilisierung Antikörper vom Typ IgE (Immunglobulin E) gegen normale und harmlose Stoffe in der Luft, Antigene genannt, beispielsweise gegen Pollen, Hausstaubmilben, Hautschuppen von Katzen etc. Die produzierten IgE-Antikörper sind Antigen-spezifisch.

Diese Antikörper werden von bestimmten Blutzellen (Plasmazellen, einer Untergruppe der weißen Blutkörperchen) produziert und zirkulieren zunächst im Blut. Sie verlassen die Blutbahn aber relativ schnell und binden an die Oberfläche von Zellen im Gewebe, die entsprechende Bindungsstellen an ihrer Oberfläche tragen. Dies sind vor allem die Mastzellen in der Haut. Diese erste Phase, die sogenannte Sensibilisierungsphase, verläuft völlig unbemerkt, das Tier zeigt keinerlei Symptome. 

Dringt das passende Allergen dann durch die Haut ein, bindet es an die Antikörper auf der Zelloberfläche und vernetzt diese, was zur Freisetzung zahlreicher Inhaltsstoffe (Mediatoren) führt, die Entzündungen und Juckreiz hervorrufen. Dabei bietet die veränderte Haut ideale Lebensbedingungen für Bakterien und Hefepilze, die ihrerseits durch die geschädigte und durch den Juckreiz zusätzlich traumatisierte Haut leicht eindringen können und Entzündung und Gewebeschädigung weiter verstärken. 

Die entzündlichen Veränderungen schaukeln sich weiter hoch und werden durch Kratzen, Lecken, Beißen etc. des Patienten noch verstärkt. Die Barrierefunktion der Haut ist massiv geschädigt, Allergene und Keime können immer leichter eindringen.

Je mehr Allergene eindringen, desto eher können auch Sensibilisierungen und letztlich Allergien gegen zusätzliche Allergene entstehen. Bei vielen Hunden beginnt die Erkrankung saisonal (gegen Pollenallergene) und wird allmählich ganzjährig, weil nicht-saisonale Allergene wie Hausstaubmilben oder Schimmelpilze hinzukommen. 

Zusätzlich zur Allergie vom Typ I mit der Produktion Allergen-spezifischer IgE trägt bei den Patienten mit CAD ein Defekt in der Barrierefunktion der Haut maßgeblich zu den Problemen bei: Tiere mit CAD haben eine reduzierte Barrierefunktion der Haut: nach dem sogenannten Steine-Mörtel-Modell ist die Epidermis aufgebaut wie eine Mauer, bei der die Keratinozyten die Steine und die Interzellularsubstanz den Mörtel bilden. Bei Hunden mit CAD ist der Mörtel sowohl in der Menge als auch in der Qualität reduziert, so dass Allergene ebenso wie Bakterien und/oder Hefepilze diese defekte "Mauer" sehr viel leichter penetrieren können und entsprechende Reaktionen auslösen. 


Wird die Erkrankung vererbt?

Nach heutigem Wissensstand wird die Anlage, eine atopische Dermatitis zu entwickeln, vererbt. Dies heißt aber nicht, dass das Tier auch zwangsläufig klinisch erkranken wird!

Erst wenn Umweltfaktoren dazukommen, die die Entwicklung der Erkrankung fördern, kommt es zur klinischen Erkrankung.

Zu derartigen Faktoren zählen beispielsweise Haltungsbedingungen, Futterzusammensetzung, Hausstaubmilben in der Umgebung, Tabakrauch, evtl. auch Umweltverschmutzung, andere Erkrankungen wie Flöhe/Flohbefall, Ektoparasiten wie Sarcoptesmilben, Darmparasiten etc. etc.

Was ist IgE und was bedeutet ein erhöhter IgE-Spiegel im Blut?>

IgE ist Teil des sogenannten humoralen Immunsystems. Es wird wie bereits erwähnt von Plasmazellen, einer Untergruppe der weißen Blutkörperchen, produziert.

Die Produktion wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Es existiert auch nicht nur eine Art des IgE beim Hund, sondern verschiedene Untertypen.

Die Höhe des Gesamt-IgE-Spiegels ist genetisch festgelegt und unterliegt einer großen Schwankungsbreite. Eine Messung des Gesamt-IgE-Spiegels ist also nicht geeignet, Tiere mit CAD zu ermitteln oder das Risiko, eine CAD zu entwickeln, abzuschätzen.

Zu einer vermehrten Produktion von IgE können v.a. Parasiten (im Darmbereich, auf der Haut etc.) beitragen, ebenso Bakterien, Hefepilze etc.

Insbesondere bei älteren "Blut-Allergietests" kam es zu falsch-positiven Reaktion bei Patienten mit einem hohen (unspezifischen) Gesamt-IgE-Spiegel, auch wenn in den Tests ausschließlich allergenspezifisches IgE gemessen werden sollte. Bei den heute gebräuchlichen Testverfahren, insbesondere bei dem sogenannten Fc Epsilon-Rezeptor-Test, ist dieses Risiko gering.

Der Nachweis von Allergen-spezifischem IgE bedeutet nicht, dass das Tier auch gegen diese Substanz allergisch ist!

Er sagt lediglich, dass der Organismus bereits Kontakt mit dieser Substanz hatte - beispielsweise haben mehr als 90% aller Hunde positiven IgE-Nachweis von Hausstaubmilben, nur ein geringer Prozentsatz hat aber eine Hausstaubmilben-Allergie. Das positive Testergebnis besagt lediglich, dass die Hunde bereits mit Hausstaubmilben in Kontakt kamen, also im Haus wohnen (außerhalb des Hauses kommen diese Milben nicht vor).

Auch bei einer CAD korreliert die Höhe des gemessenen Allergen-spezifischen IgEs nicht mit dem Schweregrad der Allergie und ihrer Symptome.

 
Welche Tiere erkranken häufiger an CAD?

Je nach Untersuchungsort und lokalem Genpool (USA, Skandinavien, England, Frankreich, Deutschland etc.) variieren die Rassen, die als besonders häufig betroffen genannt werden.

Generell scheinen aber Terrierrassen (v.a. Yorkshire, Westhighland White, Cairn, Jack Russel), Dalmatiner, Boxer, DSH, Labrador und Golden Retriever, Französische und Englische Bulldogge, Shar-Pei, Mops, Rhodesian Ridgeback und Shih Tzu zu den besonders prädestinierten Rassen zu gehören.

 

Typische Veränderungen bei der CAD: der Juckreiz im Gesichtsbereich, insbesondere im Lid-, Lippen- und Kinnbereich, führt zu Exkoriationen und Fellverlust, später zu Sekundärinfektionen

 

Chronische Veränderungen mit "Brillenbildung" im Lidbereich infolge Juckreiz und Sekundärinfektionen



Rötungen und Juckreiz im Lippenbereich mit abgescheuerten Haaren sind typische Symptome einer CAD

 

Im Frühstadium einer CAD treten Rötungen und Juckreiz insbesondere der Innenseite der Ohrmuschel und um die Gehörgangsöffnung auf,  später folgen Ohrentzündungen - die CAD ist neben der Futterunverträglichkeit/-allergie die häufigste Ursache von chronischen oder rezidivierenden Otitiden


Für Katzen gibt es keine bekannten Rassenprädispositionen.

Es gibt eine deutliche Altersprädisposition: Etwa 75% der Hunde sind zwischen 1 und 3 Jahren alt, wenn sie erste Symptome entwickeln.

Der Beginn einer atopischen Dermatitis etwa im Welpenalter oder bei einem mittelalten oder älteren Hund ist also unwahrscheinlich - hier sind andere Ursachen wie beispielsweise Ektoparasiten sehr viel wahrscheinlicher.

Welche Symptome sind typisch?

Typische erste Symptome einer CAD sind Juckreiz und Rötung ohne Hautveränderungen, was vor nicht allzu langer Zeit zu der Diagnose "Pruritus sine materia" (Juckreiz ohne Grund) führte und als psychische Erkrankung oder Verhaltensauffälligkeit angesehen und entsprechend therapiert wurde.

Rötung und Juckreiz, hier im Gesichtsbereich, sind die ersten Symptome bei einer CAD


Rötungen und Juckreiz und später Entzündungen im Zwischenzehenbereich, ebenfalls einer typischen Lokalisation bei CAD

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Im Gegensatz etwa zur Sarcoptesräude sind bei der CAD die Beugebereiche der Gliedmaßen betroffen

Der Juckreiz hat ein typisches Verteilungsmuster, er betrifft v.a. Gesicht (Lidbereich, Kinn, Lefzen), Ohren und Pfoten (Zwischenzehenbereich und Pfotenunterseite), ferner Achseln, Bauch, Innenschenkel und Beugestellen der Gliedmaßen (Ellenbeugen, Sprunggelenksbeuge).

Juckreiz im Analbereich ist selten (eher bei Futterunverträglichkeit/-allergie), der Rücken ist nicht betroffen.

Sehr schnell entwickeln sich infolge Juckreiz und Selbsttraumatisierung dann Entzündungen mit --> Bakterien und/oder --> Hefepilzen mit ihren typischen Symptomen (Pusteln, Krusten, Haarverlust ...), vermehrte Schuppenbildung und schließlich chronische Hautveränderungen mit Haarlosigkeit, Verdickung und Schwarzfärbung der Haut, ranzigem Geruch etc.

Chronische, stark juckende, mit Hefepilzen (Malassezien) sekundär infizierte Blepharitis (Lidentzündung) bei einem Patienten mit CAD, der über Jahre hinweg nur mit Cortison-Spritzen therapiert wurde

Auch chronische oder chronisch-wiederkehrende Ohrentzündungen oder Pfotenentzündungen werden häufig festgestellt.


Wie wird die Diagnose gestellt?

Die Diagnose wird nicht mit Haut- oder Bluttests, sondern klinisch gestellt: Der Hauttierarzt/die Hauttierärztin nimmt eine ausführliche Vorgeschichte auf, untersucht den Patienten, schließt andere Ursachen für Juckreiz und Hautprobleme (vor allem Ektoparasiten!) aus, berücksichtigt auch Alter und Rasse des Patienten.

Zur klinischen Diagnose gibt es sogenannte diagnostische Kriterien, die letztlich helfen, die Diagnose CAD mit hoher Sensitivität und Spezifität zu stellen (weiterführende Informationen unter www.icada.org; der ICADA ist das international committee of allergic diseases in animals).

Ist die Diagnose CAD dann gestellt, können die Auslöser mittels spezifischer Testverfahren identifiziert werden (entweder mit dem Intrakutantest oder mit dem bereits erwähnten Fc Epsilon-Rezeptor-Test im Blut).  


Positiver Intrakutantest, oben links Positiv- und Negativkontrolle; positive Resultate auf verschiedene Gräser, Löwenzahn, Unkräuter sowie auf Hausstaubmilben und Epithelien 

Positive Ergebnisse in den genannten Tests müssen mit den Symptomen des Patienten vereinbar sein. Das heißt, die Auslöser müssen zu dem Zeitpunkt und an dem Ort auch mit dem Tier in Kontakt kommen, wo es die Symptome zeigt.

Auch gesunde Tiere können beispielsweise eine positive Reaktion auf Hausstaubmilben im Allergietest zeigen, wenn sie im Haus gehalten werden und somit ständig mit den Milben in Kontakt kommen.

Zeigt der Hund Juckreiz nur im Sommer und nur, wenn er draußen ist, ist dies auch bei einem positiven Testergebnis nicht mit einer "Hausstaubmilbenallergie" zu erklären: Hausstaubmilben gibt es nur im Haus, und die klinischen Symptome einer Hausstaubmilbenallergie äußern sich vorwiegend in der kalten Jahreszeit (etwa ab September bis März/April) und nur im Haus, insbesondere im Schlafzimmer und im oder um das Bett, wo die höchste Konzentration der sich von menschlichen Hautschuppen ernährenden Hausstaubmilben zu finden ist.

Behandlung der caninen atopischen Dermatitis

Die erfolgreiche Behandlung der CAD ist multimodal und individuell, sie kann eine besondere Herausforderung für Tierhalter*in und Tierarzt/Tierärztin gleichermaßen darstellen. Gute Kenntnisse über diese Erkrankung, Erfahrung und eine enge und langfristige Zusammenarbeit sind Voraussetzung für den Erfolg. Nach derzeitigem Wissensstand ist eine CAD zwar hervorragend behandelbar, aber nicht heilbar.

In der Regel werden verschiedene Behandlungsstrategien miteinander kombiniert (multimodale Therapie). Dies bedeutet konkret: Allergenvermeidung bzw. Allergenreduktion, falls möglich, allergenspezifische Immuntherapie ("Desensibilisierung"), symptomatische Therapie von Entzündung und Juckreiz, die Therapie von Sekundärinfektionen und eine Verbesserung der Barrierefunktion der Haut. Auch diese Maßnahmen werden an den Verlauf der Erkrankung angepasst und eventuell modifiziert, beispielsweise wenn bei saisonalen Allergien ein Allergieschub in der Pollenflugzeit auftritt. 

In vielen Fällen ist das vorrangige Ziel bei der Behandlung der CAD erst einmal eine Linderung des quälenden, oft schon chronischen Juckreizes, welcher die Hauptbeschwerde bei dieser Erkrankung darstellt. 

Die CAD ist eine multifaktorielle Erkrankung. Aeroallergene, v.a. von Hausstaubmilben, aber auch von unterschiedlichen Pollen, werden beim Hund als Primärfaktoren bei der Entstehung der CAD angesehen. Sie gelangen über die Luft auf die Haut und werden dort nach dem Durchdringen der Epidermalbarriere von sogenannten Antigen-präsentierenden Zellen erkannt und an Entzündungszellen weitergereicht.

Daneben können Nahrungsmittelallergene (insbesondere solche, die eine strukturelle Ähnlichkeit mit den auslösenden Pollen aufweisen) eine Vermehrung von Bakterien und Malassezien (Hefepilzen) auf der Haut fördern - beide gehören zur normalen Hautflora. Schwitzen, Feuchtigkeit auf der Haut, Wärmebelastung, trockene Haut, Defekte der epidermalen Barrierefunktion sowie psychogene Faktoren wie Nervosität, Stress oder Langeweile können zur Entwicklung und klinischen Manifestation der Erkrankung beitragen (Fig. 1).

Derartige Faktoren werden aggravierende Faktoren genannt. Sie kommen sekundär wie auch unabhängig zur CAD vor, senken die Juckreizschwelle in unterschiedlichem Maße und sollten in der Regel als erstes behandelt werden. Wenn beispielsweise eine bakterielle Überbesiedlung der Haut diagnostiziert wird, sollte man zuerst eine antibakterielle Therapie und, falls angezeigt und gewünscht, erst danach eine ASIT mit den für diesen Patienten relevanten Allergenen durchführen. Ein schrittweises Ausschalten der aggravierenden Faktoren trägt dazu bei, deren Rolle bei der Stärke des Juckreizes zu ermitteln. 



Fig.1: Nicht-parasitärer Juckreiz beim Hund:
Viele "aggravierende Faktoren" tragen in unterschiedlichem Maße zur Schwere der klinischen Symptome der CAD bei (Mühlrad-Schwelleneffekt).


Für eine erfolgreiche Behandlung der AD stehen folgende Behandlungsverfahren zur Verfügung:

(1) Vermeidung/Verminderung spezifischer Allergene (Aeroallergene, aber auch Futtermittel- und Insektenallergene)

(2) Allergenspezifische Immuntherapie (ASIT, "Desensibilisierung")

(3) symptomatische Behandlung von Juckreiz und Entzündungen

a) orale Behandlung

b) örtliche Behandlung

(4) Behandlung aggravierender Faktoren und Besserung der Barrierefunktion
 
 

Labrador mit chronischen Veränderungen einer CAD - neben der ASIT muss natürlich bei der multimodalen Therapie auch eine Behandlung der Sekundärinfektionen erfolgen und die Hautbarriere soweit wie möglich hergestellt werden

 

Die Behandlung bei übermäßiger Proliferation der normalen Hautflora erfolgt mit antimikrobiellen Wirkstoffen. In leichten Fällen bzw. bei oberflächlichen Infektionen reichen örtliche Behandlungen in der Regel aus. Verwendet werden medizinische (wirkstoffhaltige) Shampoos, ergänzt durch entsprechende Tücher, Pads, Schäume, Lösungen oder Puder, die zusätzlich zur Shampootherapie verwendet werden und für eine kontinuierliche Behandlung der entsprechenden Bereiche mit den entsprechenden Wirkstoffen sorgen.

Müssen zusätzlich Antibiotika eingesetzt werden (nach strenger Indikationsstellung), sollte die Therapiedauer nicht unter 21 Tagen liegen (Faustregel für oberflächliche Infektionen: 7 Tage länger als das komplette Abheilen, mindestens aber 21 Tage). Ketokonazol und andere hefepilzwirksame Mittel in Tablettenform werden bei ausgedehnten oder schweren Malassezien-Infektionen verordnet. Die Auswahl der benötigten Wirkstoffe bzw. Präparate richtet sich nach den Befunden der zytologischen Untersuchung.

Zur Therapie trockener Haut und der defekten Barrierefunktion der Epidermis eignen sich ungesättigte Fettsäuren (oral verabreicht) sowie Feuchtigkeitsspender und Emollientien zur örtlichen Anwendung, ebenso wie Spot on-Präparate oder Sprays, die der Zusammensetzung der Interzellularsubstanz nachempfunden sind und helfen sollen, den "Mörtel" in der epidermalen "Mauer" zu verbessern.

Weitere Inhaltsstoffe werden mittlerweile eingesetzt, um die Neigung zu Sekundärinfektionen zu vermindern und so die Abwehr zu verbessern, beispielsweise antimikrobielle Peptide oder auch Substanzen, die die Produktion antimikrobieller Peptide durch die Haut selbst anregen sollen.

Neu sind auch Mittel, die das kutane Mikrobiom, also die Zusammensetzung der Keimflora auf der Hautoberfläche beim jeweiligen Hund, modifizieren sollen. Sie werden in Sprays oder auch oral eingesetzt und bestehen vorwiegend aus verschiedenen Lactobacillen, die die für die bakteriellen Sekundärinfektionen verantwortlichen Staphylokokken zurückdrängen sollen. 


Psychogene Faktoren wie Stress, Ängstlichkeit oder Langeweile tragen zur klinischen Erkrankung der CAD bei und sollten nicht unterschätzt werden. Verhaltenstherapie, viel Bewegung, Übungen, Agility training, Spielzeug, ein neuer Spielgefährte oder andere Abwechslungen erlauben in vielen Fällen, die Schwelle, bei der Juckreiz durch Mehrfachbelastungen ausgelöst wird, anzuheben.

Die vollständige Vermeidung von Allergenen aus der Umgebung ist selten möglich. Zur Reduktion von Hausstaubmilben können praktische Maßnahmen wie häufiges Lüften der Räume, Herabsetzen der Raumtemperatur, Ersetzen von Teppichböden durch nicht textile Bodenbeläge, Ersatz oder Bezug über Kissen oder Decke im Körbchen ("encasing"), aber auch verschiedene Hausstaubmilben-wirksame Sprays eingesetzt werden.

Bei der Allergen-spezifischen Immuntherapie (ASIT) als derzeit einziger kausaler (ursächlicher) Behandlungsmethode soll das Immunsystem eine Toleranz gegenüber den eigentlich harmlosen Dingen in der Umgebung, auf die es überschießend reagiert, ausbilden. Hierzu werden die relevanten Allergene für den jeweiligen Hund ausgewählt und in zwei Phasen appliziert: in der sogenannten Einleitungsphase wird zunächst eine kleine Menge der stark verdünnten Allergene appliziert und dann allmählich die Menge der Allergene sowie die Intervalle zwischen den Behandlungen gesteigert. In der zweiten Phase, der sogenannten Erhaltungsphase, wird dann eine gleichbleibende Menge in den gleichen Abständen verabreicht.

Gebräuchlich für diese Therapie, die beim Hund sehr gut wirksam und verträglich ist, ist die Verabreichung der Allergene in Form von subkutanen Spritzen. Neuerdings werden auch Lösungen für die orale (sublinguale) Form angeboten, die allerdings täglich und möglichst zur selben Zeit appliziert werden müssen.

Bis zum klinisch sichtbaren Erfolg einer ASIT vergehen etwa 3-8 Monate, die Erfolgsrate liegt bei etwa 80 Prozent - vorausgesetzt, die Diagnose stimmt und es wurden auch die für den Patienten relevanten Allergene ausgewählt. 

Stellt sich der gewünschte Erfolg ein, sollte die ASIT unbedingt als Dauertherapie fortgesetzt werden, eventuell dann in etwas längeren Intervallen zwischen den einzelnen Injektionen (beispielsweise statt alle 4 dann alle 5-6 Wochen): Mittlerweile ist nachgewiesen, dass es bei einer erfolgreichen ASIT zu einer Veränderung der Immunreaktion kommt und statt IgE dann IgG produziert wird. Dieses verursacht keine Mastzelldegranulation bei Allergenkontakt und die entsprechenden klinischen Folgen. Doch das Verschieben der Reaktion von IgE nach IgG gelingt nur, wenn die Allergenmischung weiter verabreicht wird. Wird die ASIT abgebrochen, etwa weil der Hund scheinbar geheilt ist, kommt es unterschiedlich schnell wieder zur IgE-Produktion mit den entsprechenden Konsequenzen.

Die Resultate der ASIT hängen ab von der Qualität des spezifischen Allergens, seinem Nachweis durch ein entsprechendes Testverfahren, der Auswahl und Qualität der Allergenlösung, gleichzeitig vorliegenden aggravierenden Faktoren, der Menge spezifischer Allergene in der Umgebung - und vor allem von der korrekten Diagnose und Durchführung der Therapie und der Kooperation von Tierhalter*in und Tierarzt/Tierärztin.

Zur symptomatischen Behandlung von Entzündung und Juckreiz stehen u.a. die folgenden Substanzen zur Verfügung: 


a. Glucocorticoide (Cortison)
Diese Substanzgruppe stellt die klassische Behandlungsmethode bei Juckreiz und Entzündung dar, ist schnell wirksam, billig und effektiv (in mehr als 85% der Fälle). Wegen der zahlreichen Nebenwirkungen (--> Cushing) sollte eine Langzeitbehandlung möglichst vermieden oder zumindest mit anderen Mitteln die benötigte Cortisondosis möglichst niedrig gehalten werden.
Oral: nach Möglichkeit Kurzzeitcorticoide (Prednison/Prednisolon), zunächst täglich, dann jeden 2. oder 3. Tag, eine wirksame Minimaldosierung kann entsprechend der Wirkung ermittelt werden (Reduktion von Nebenwirkungen). Sie können kombiniert werden mit --> essentiellen Fettsäuren und --> Antihistaminika, Substanzen, die alleine in der Therapie einer CAD nicht gut wirksam sind, aber einen "Cortison-sparenden Effekt" zeigen und so die benötigte Cortisondosis und damit die Nebenwirkungen reduzieren.
Örtlich: Cremes, Lösungen oder Sprays, zuerst hochwirksame, danach schwachwirksame Wirkstoffe 1-2x tgl., evtl. auch jeden 2. oder 3. Tag. Am besten sind sogenannte Diester-Verbindungen, die in der Haut wirksam und dann gleich wieder abgebaut werden (z.B. Hydrocortisonaceponat).

b. Ciclosporin A (CsA)

Es ist ein immunsuppressiver Wirkstoff, der ähnlich gut und effektiv bei der Behandlung der CAD wirkt wie Cortison (Wirksamkeit in ca. 85% der Fälle), aber auch bei zahlreichen anderen immunvermittelten bzw. autoimmunen Erkrankungen eingesetzt wird. CsA wird in Tablettenform oder als Flüssigkeit gegeben, die Wirkung zeigt sich allerdings erst nach 2-4 Wochen. Die Kosten sind deutlich höher als bei Corticoiden, die Nebenwirkungen sind geringer als bei diesen.

c. Oclacitinib

Oclacitinib wirkt ähnlich schnell und effektiv wie Corticoide. Es hemmt die Janus 1-Kinase, einen Transportmechanismus an der Zelle, über den zahlreiche bei Allergien wichtige Zytokine (Botenstoffe) ihre Wirkung entfalten. Da Oclacitinib bei einer Wirksamkeit von mindestens 85% nur eine kurze Halbwertszeit zeigt, wird es nicht nur zur schnellen Linderung von allergischen Schüben geschätzt, sondern auch - dann oft in niedrigerer Dosierung - für die Dauertherapie einer CAD eingesetzt und wird für beide Indikationen vom ICADA empfohlen.

Wegen der Flexibilität bei der Anwendung (schnelle und gute Wirksamkeit, kurze Wirkdauer, kein Ausschleichen) wird es auch häufig flankierend in der Anfangsphase einer ASIT oder einer Eliminationsdiät eingesetzt.

d. Lokivetmab (monoklonaler Antikörper gegen Interleukin 31 (IL-31))

Lokivetmab ist der derzeit einzige monoklonale Antikörper in der Tiermedizin - also ein kleines Eiweiß, das subkutan injiziert wird und nur an IL-31 bindet. Es ist die spezifischste Möglichkeit, allergischen Juckreiz zu behandeln. Auch hier liegt die Wirksamkeit bei mindestens 85%. Die Wirkung tritt in der Regel innerhalb einer Tages ein. Nach der Injektion bindet Lokivetmab das IL-31 für durchschnittlich einen Monat, dann wird es wie jedes andere Protein in seine Aminosäuren zerlegt, abgebaut und recycelt. Il-31 ist ein Schlüssel-Zytokin, das nach heutigem Wissenstand nur bei allergischen Tieren vorkommt und direkt Juckreiz auslöst. Lokivetmab kann bei Tieren jeder Altersgruppe, bei allen Vor- und Begleiterkrankungen und gleichzeitig mit allen anderen Medikamenten eingesetzt werden.

e. Antihistaminika

Eingesetzt werden die sogenannten Antihistaminika der 2. Generation, vor allem Ceterizin, in Tablettenform. Sie sind sehr gut verträglich und kostengünstig, allerdings als alleinige Therapie von allergischem Juckreiz nur bei rund 30% der Hunde wirksam. Bei einer bestehenden Sekundärinfektion mit Bakterien und/oder Hefepilzen wirken sie nicht, diese muss zuerst therapiert werden. Häufig wird Ceterizin zum "Cortison-Sparen" eingesetzt. 

f. Essentielle Fettsäuren

Für essentielle Fettsäuren, vor allem Omega 3- und Omega 6-Fettsäuren (v.a. aus Fischöl, Nachtkerzenöl) gilt ähnliches wie für Antihistaminika: Als alleinige Therapie gegen allergischen Juckreiz sind sie nur in wenigen und leichten Fällen wirksam, überdies erst nach 4-6 Wochen. Sie werden aber ebenfalls zum "Cortisonsparen" eingesetzt und helfen zusätzlich mit, die Barrierefunktion der Haut zu verbessern. Auch bei einer Therapie mit Ciclosporin A kann die gleichzeitige Gabe von essentiellen Fettsäuren nachweislich die benötigte Dosis reduzieren.

g. Mittel zur Lokaltherapie: Shampoos, Lösungen, Wipes, Spot-ons etc.

Grundsätzlich ist der Einsatz von Shampoos bei Patienten mit CAD hilfreich, da bereits durch das Shampoonieren Allergene von Haut und Fell entfernt werden können, die dann natürlich nicht mehr durch die Haut eindringen und eine allergische Reaktion auslösen können. Bestehen keine weiteren Probleme wie Sekundärinfektionen oder trockene Haut, kann ein mildes, speziell für die Haut des Hundes abgestimmtes Shampoo verwendet werden.

Gezielt eingesetzte medizinische Shampoos, oft mit passenden Conditionern, helfen bei der Therapie von Sekundärinfektionen mit Bakterien und/oder Hefepilzen. Zwischen den Shampoo-Behandlungen kann der antimikrobielle Effekt durch wirkstoffhaltige Tücher, Pads, Lösungen, Puder etc. aufrecht erhalten werden.

Da Patienten mit CAD einen erhöhten Wasserverlust über die Haut zeigen und dementsprechend zu trockener Haut neigen (was wiederum die Barrierefunktion verschlechtert), gibt es Shampoos und Spülungen speziell für diese Indikation. Ergänzt wird der Effekt durch Sprays oder Spot-ons, die der Zusammensetzung der Interzellularsubstanz (dem "Mörtel" der Epidermis) entsprechen und damit die Barrierefunktion zusätzlich verbessern.

Neuere Entwicklungen insbesondere in Shampoos sind bestimmte Zuckerverbindungen, die die Bindung von Bakterien und Hefepilzen an die Keratinozyten der Haut erschweren und damit die Entstehung von Infektionen reduzieren helfen. Zu nennen ist auch der Einsatz von spezifischen antimikrobiellen Peptiden insbesondere in Shampoos, sowie die sogenannte Defensin-Technologie, mit der die hauteigene Produktion antimikrobieller Substanzen gesteigert werden soll. 

Unspezifisch und nur für kurze Zeit gegen Juckreiz wirksam ist das seit Jahrhunderten eingesetzt Hafermehl, das in Shampoos oft mit anderen Komponenten kombiniert wird.

Für jeden Patienten mit CAD wird von uns zusammen mit den Tierhalter*innen ein individueller und multimodaler Behandlungsplan erstellt.

Autoimmunerkrankungen

Welche Autoimmunerkrankungen sind wichtig?
Gegen welche Strukturen richten sie sich?


Autoimmunerkrankungen sind die "großen Schwestern" der Allergien - richtet sich bei Allergien die Überreaktion des Immunsystems gegen eigentlich harmlose, körperfremde Substanzen wie beispielsweise Aeroallergene (Pollen, Hausstaubmilben, etc.), Futter- oder Insektenallergene, werden bei Autoimmunerkrankungen körpereigene Strukturen attackiert und zerstört.

Hierbei kann "nur" die Haut betroffen sein, die Haut-Schleimhaut-Übergänge oder im schlimmsten Fall auch andere Organsysteme wie Nieren, Gelenke, Blutzellen etc. Je nach attackierter Zielstruktur reicht das Spektrum der Symptome dann von verhältnismäßig harmlos bis lebensbedrohlich oder sogar tödlich.

Die häufigsten Autoimmunerkrankungen beim Hund sind Pemphigus foliaceus (PF) , Diskoider Lupus Erythematosus (DLE) und Pempigus erythematosus (PE) sowie die Symmetrische Lupoide Onychodystrophie (SLO). Selten sieht man die schwerwiegenderen Formen wie Bullöses Pemphigoid, Pemphigus vulgaris und Systemischer Lupus Erythematosus. Bei Katzen kommt fast ausschließlich der Pemphigus foliaceus vor.

Große Unterschiede zwischen diesen Erkrankungen machen die unterschiedlichen Zielstrukturen der aggressiven Reaktionen des Organismus. Sie bestimmen sowohl Ausmaß und Schweregrad der Symptome als auch die Art der Therapie.

Beim Pemphigus richtet sich die Reaktion des Körpers gegen Bestandteile der Verbindungsstrukturen zwischen den einzelnen Hautzellen, die sogenannten Desmosomen. Bei der mit Abstand häufigsten Form, dem Pemphigus foliaceus, werden die Desmosomen im oberen Bereich der Epidermis attackiert, die Zellen verlieren ihren Zusammenhalt, es kommt zur Bildung von Pusteln und Krusten vor allem im Bereich von Nasenspiegel, Nasenrücken, Lidern, Ohren und Pfoten, selten generalisiert.

Beim Pemphigus erythematosus, der auch als die gutartige Variante des PF bezeichnet wird, ist vor allem der Kopfbereich betroffen und neben Nasenspiegel, Lefzen- und Lidbereich auch die Ohren, eventuell auch die Haut-Schleimhaut-Übergänge (Nase, Augen, Lefzen, After, Scheide, Präputium).
Der Pemphigus erythematosus ist eine UV-aggravierte Erkrankung, dessen Symptome sich im Sommer oder an sonnigen Wintertagen spontan verschlechtern. 

Bei den seltenen Pemphigusformen Bullöses Pemphigoid und Pemphigus vulgaris werden die Zellverbindungen der tiefen Epidermis im Bereich des Übergangs zur Dermis attackiert und zerstört, was zu ausgedehnten tiefen, ulzerativen Veränderungen im Bereich der Haut und/oder Schleimhäute führt. 

Die Lupus-Erkrankungen attackieren Bestandteile der Zellkerne und des Zytoplasmas mit Hilfe von Antikörpern, die gegen sie gebildet werden. Bei manchen der Lupus-Formen (v.a. beim Systemischen Lupus Erythematosus) sind sie als antinukleäre Antikörper (ANA) im Blut messbar und Teil der Diagnose. 

Die gutartige Variante DLE attackiert nur Zellen einiger spezieller Lokalisationen in der Haut, nämlich im Bereich des Nasenspiegels/Nasenrückens, seltener im Bereich der Augenlider. Wie der Pemphigus erythematosus, von dem er optisch nicht zu unterscheiden ist, ist auch der DLE eine UV-aggravierte Erkrankung.

DLE und PE betreffen besonders oft DSH, einige britische Hütehunde (Collie, Bearded Collie, Border Collie, Sheltie), Australian Shepherd, Rhodesian Ridgeback und Sibirean Husky.

Möglicherweise sind Tiere mit schwach pigmentierter Haut/Schleimhaut für PE und DLE anfälliger.

Die Symmetrische Lupoide Onychodystrophie (SLO) wird auch als benigne und lokalisierte Variante der Lupus-Erkrankungen angesehen. Hier kommt es ausschließlich zur Attacke gegen die Krallen. Typisch sind spröde, splitternde, sich spaltende und abbrechende Krallen, die dann häufig verloren gehen oder gezogen werden müssen, aber auch dann in schlechter Qualität nachwachsen. Charakteristisch für die SLO ist, dass zunächst meist eine oder mehrere Krallen betroffen sind, aber binnen kurzer Zeit (Wochen, selten Monate) sämtliche Krallen einschließlich der Daumenkrallen an sämtlichen Pfoten in Mitleidenschaft gezogen werden. Die SLO wurde ursprünglich beim DSH und seinen Mischlingen beschrieben, wird mittlerweile aber sehr häufig bei verschiedensten Rassen und Mischlingen gesehen. Besonders stark ist derzeit der Rhodesian Ridgeback betroffen.

SLO bei einem Rhodesian Ridgeback - zwei Krallen dieser Pfote sind verlorengegangen, die beiden verbliebenen zeigen schlechte Qualität (sind "hohl")

 

Frühstadium einer SLO - das Krallenhorn löst sich ohne vorangegangenes Trauma ab

Bei der systemischen Variante SLE attackiert der Körper Zellen verschiedenster Organsysteme (gesamte Haut, Gelenke, Nieren, Lunge, verschiedenste Blutzellen ...), so dass die Symptome entsprechend vielfältig und gravierend sind und die Erkrankung unbehandelt schnell zum Tode führen kann.

Nur beim SLE sind die Antinukleären Antikörper im Blut fast immer deutlich positiv und werden zusammen mit bestimmten anderen sogenannten Haupt- und Nebensymptomen zur Diagnose herangezogen.  
Bei DLE, SLO und den Pemphigus-Erkrankungen sind die ANA, falls sie bestimmt werden, in der Regel negativ.

Welche Symptome zeigen die wichtigsten Erkrankungen?

Der Pemphigus foliaceus beginnt mit Pusteln, die sich nach der Zerstörung von Zellverbindungen untereinander innerhalb der Epidermis bilden. Sie sind aber transient, weil sie wegen der dünnen Epidermis bei Hund und Katze schnell platzen, so dass meist nur noch die aus ihnen entstehenden Krusten sichtbar sind. Diese können sehr zahlreich und dick sein.

Beim Hund sieht man sie vorwiegend im Bereich des Nasenrückens, um den Nasenspiegel, um die Augen und vor allem innen an den Ohrmuscheln, evtl. später auch am ganzen Körper. Der Juckreiz ist unterschiedlich stark, kann auch fehlen. Oft verhornen die Ballen gleichzeitig übermäßig, und die Krallen wachsen schneller als zuvor. Im Bereich des Nasenspiegels können die beim PE und DLE beschriebenen Veränderungen auftreten (s.u.).

Tiere aller Altersgruppen und Rassen können betroffen sein. Prädisponiert sind vor allem Akita Inu, Chow Chow, Briard und Dobermann.

 

Krusten, Haarverlust und Pigmentverlust im Bereich des Nasenrückens und der Lider bei einem Akita Inu mit PF; auch der Nasenspiegel ist betroffen  (Depigmentierung und Verlust der nasalen Architektur)

Katzen zeigen ähnliche Veränderungen wie Hunde. Typisch sind bei ihnen Krallenbettentzündungen einer oder mehrerer Krallen (sonst bei Katzen sehr viel seltener als bei Hunden!), mitunter mit typischem käsigem Exsudat.
Auch krustöse Veränderungen um die Zitzen sieht man bei Katzen mit PF oft. Juckreiz sowie Allgemeinstörungen und Fieber sind bei erkrankten Katzen häufiger als beim Hund.

Beim DLE und beim PE sind die ersten Symptome meist ein Pigmentverlust im Bereich des Nasenspiegels, oft seitlich im Bereich des Nasenflügels oder auch an der Nasenscheidewand (seltener der Lider). Dieser kann sich auch wieder spontan bessern oder über einige Zeit unverändert bleiben und sich dann plötzlich verschlimmern.

Parallel tritt am Nasenspiegel ein Verlust der nasalen Architektur auf, d.h. die vorher pflastersteinartige Oberfläche wird glatt, oft zusammen mit einem Pigmentverlust in den betroffenen Bereichen. Schnell kommt es dann zur Ausbildung von Krusten, "Schälen"und teilweise sehr unangenehmen Blutungen, die durch Niesen und Kopfschütteln des Hundes noch verstärkt werden.

Auch Sekundärinfektionen des veränderten Gewebes sind häufig und dann eventuell von Juckreiz begleitet. Das Allgemeinbefinden ist bei PF, PE, DLE und SLO meist nicht deutlich gestört. Wie bereits erwähnt, zeigen der PE und der DLE eine Photoaggravation.

Verlust der nasalen Architektur, Depigmentierung und "Schälen" des Nasenspiegels beim PE mit Blutungsneigung

Die gleichen Veränderungen beim DLE - rein optisch können beide Erkrankungen nicht unterschieden werden

In selteneren Fällen sind beim PE der gesamte Kopfbereich und auch die Haut-Schleimhaut-Übergänge betroffen

 

Wie werden die Erkrankungen nachgewiesen?

Zur Bestätigung der Verdachtsdiagnose sollten Gewebeproben entnommen und von einem erfahrenen Dermato-Histopathologen für Tiere untersucht werden. Weil diese Autoimmunerkrankungen häufig sekundär infiziert sind und dann die Entzündungszellen die eigentlichen krankheitstypischen Veränderungen maskieren können, empfehlen die meisten Histopathologen eine Behandlung mit hautwirksamen Antibiotika über mindestens 3-4 Wochen, bevor die Gewebeproben insbesondere im Bereich des Nasenspiegels entnommen werden, um wirklich optimale Ergebnisse zu erhalten.

Beim PF und PE können auch Pusteln eröffnet und ihr Inhalt  zytologisch untersucht werden. Hier ist der Befund oft charakteristisch: es finden sich die charakteristischen akantholytischen Zellen in großer Zahl, also Zellen, die infolge der Autoimmunattacke aus ihrem Zellverband gerissen wurden. Ist der zytologische Befund eindeutig, kann eine Biopsieentnahme unterbleiben. 

Ein typischer zytologischer Befund bei PF und PE: die großen runden, kernhaltigen und dunkel gefärbten Zellen sind die akantholytischen Zellen, umgeben von unveränderten neutrophilen Granulozyten; Bakterien sind nicht zu sehen



Wie wird behandelt?

Grundsätzlich richtet sich die Therapie nach der Art und der Schwere der Erkrankung: der SLE mit der Gefahr eines tödlich Ausgangs wird aggressiv immunsuppressiv, der PF immunsuppressiv behandelt. Die gutartigen Varianten wie PE, SLO und DLE hingegen therapiert man in der Regel immunmodulatorisch - bei ihnen die Nebenwirkungen immunsuppressiver Medikamente unverhältnismäßig groß.

Immunsuppressiv sind Cortisonpräparate in höherer Dosierung, die meist als Initialtherapie eingesetzt werden, da die Wirkung schnell einsetzt. Um die dosisabhängigen Nebenwirkungen (--> iatrogener Cushing) zu reduzieren, können sie insbesondere bei längerdauernder Gabe mit anderen immunsuppressiven Präparaten kombiniert werden. Auch MMF (Mycophenolatmofetil) wird bei verschiedenen Autoimmunerkrankungen, insbesondere beim PF, als Alternative eingesetzt. Die genannten Medikamente werden so schnell wie möglich so weit reduziert, wie es der Krankheitsverlauf erlaubt, eventuell auch allmählich abgesetzt.

Kombiniert werden sie in vielen Fällen mit topischen Cortisonpräparaten, die es ermöglichen, an ausgewählten Lokalisationen eine intensivere Immunsuppression zu erzielen, ohne die Gesamtdosis erhöhen zu müssen.

Da die genannten Therapien natürlich Nebenwirkungen haben, müssen entsprechende Kontrolluntersuchungen des Blutes (v.a. Blutbild und Leberwerte) durchgeführt und bei gravierenden Abweichungen eventuell die Therapie modifiziert werden. Sie werden anfangs alle 2-4 Wochen, später seltener durchgeführt.

PE, DLE und SLO werden mit immunmodulatorischen Mitteln behandelt. Bei ihnen wären immunsuppressive Behandlungen natürlich ebenfalls wirksam, aber unverhältnismäßig. In der Vergangenheit bestand die klassische immunmodulatorische Therapie beim Hund aus der Kombination von Tetracyclin oder Doxycyclin mit Nicotinamid. Sie wird allerdings wegen zunehmender Resistenzproblematik und Restriktionen im Antibiotika-Einsatz heute immer weniger eingesetzt. Alternativ werden bei PE und DLE oft sehr gute Resultate mit Oclacitinib (keine Zulassung für diese Indikation) erzielt. Die systemische Therapie wird mit einer örtlich angewandten cortisonhaltigen Creme oder mit Calcineruin-Hemmern kombiniert.

Bei der SLO werden mit höher dosierten essentiellen Fettsäuren häufig sehr gute Resultate erzielt.

Kralle unter Therapie mit essentiellen Fettsäuren - der kosmetische Effekt ist nicht optimal, doch die Krallen lösen sich nicht mehr ab, und der Hund ist lahmheits- und beschwerdefrei, was das Ziel dieser nebenwirkungsarmen Therapie ist 

Unerlässlich ist bei den UV-aggravierten Erkrankungen DLE und PE ein entsprechender UV-Schutz: Kein Aufenthalt draußen oder direkt in der Sonne hinter der Fensterscheibe in der entsprechenden Jahreszeit zwischen 9 und 17 Uhr, konsequente Anwendung einer physikalischen Sonnencreme (mit Zinkoxid oder Titanoxid) oder eines mechanischen Sonnenschutzes. 

Cheyletiellose

Was sind Cheyletiellen?

Cheyletiella-Milben (Raubmilben, Pelzmilben) sind hochansteckende Milben, die verschiedene Tierarten befallen können, denn sie sind wenig wirtsspezifisch: Empfänglich sind Hunde, Katzen und Kleinsäuger (v.a. Kaninchen).

Cheyletiellen sind Zoonoseerreger, können also Menschen anstecken (etwa jede 3.-4. Kontaktperson). Betroffene Personen zeigen dann kleine, rote, stark juckende Papeln an nicht durch Kleidung geschützten Kontaktbereichen mit dem Tier (meist Arme, Beine, Oberkörper). Diese werden oft als Mückenstiche, Neurodermitis, psychogene Dermatitis etc. fehldiagnostiziert.

Da der Mensch Fehlwirt ist, können sich die Milben nicht weiterentwickeln, die Veränderungen klingen also nach wenigen Tagen ab. Solange aber weiter Milben übertragen werden, treten auch immer neue Hautveränderungen am betroffenen Familienmitglied auf.


Juckende Papeln am Unterarm eines Besitzers, dessen Hund Cheyletiellose zeigt



Wie werden Cheyletiellen übertragen?

Cheyletiellen werden entweder durch direkten Kontakt (hochkontagiös!) oder die Umgebung übertragen. Häufig sind Ansteckungen bei Welpentreffen, Ausstellungen etc.

Obwohl die Milben eigentlich obligate Parasiten sind und ihren ganzen Entwicklungszyklus auf dem Tier absolvieren, können sie bei günstigen Bedingungen bis zu 21 Tage in der Umgebung ansteckungsfähig bleiben. Eine indirekte Übertragung über Flöhe, Fliegen und Läuse wird ebenfalls diskutiert.


Lebensraum und Entwicklung der Milben

Cheyletiellen leben sehr oberflächlich auf den Haaren und der Haut, die sie alle paar Tage zur Aufnahme von Gewebsflüssigkeit durchbohren (keine Blutsauger!). Die weiblichen Milben legen Eier, die an die Haare des Wirtstiers angeheftet werden und aus denen sich über Larven- und Nymphenstadium wieder adulte Tiere entwickeln.

Der gesamte Entwicklungszyklus dauert 5 - 6 Wochen und läuft komplett auf dem Wirtstier ab.

 

Erwachsene Cheyletiella-Milbe mit den charakteristischen hakenförmigen Mundwerkzeugen

 



Ei (an Haar angeheftet); über Larven- und Nymphenstadium entwickelt sich daraus die erwachsene Milbe 


Wie sieht die Cheyletiellose aus?

Typisch für die Cheyletiellose beim Hund sind leichter bis hochgradiger Juckreiz und Schuppenbildung im Bereich von Rücken, Schultern und der Außenseite der Ohrmuscheln. Im Gegensatz zur Sarcoptesräude bleiben Bauch und Beine normalerweise ausgespart.

Schuppenbildung im Rückenbereich zusammen mit Juckreiz ist bei Cheyletiellose typisch

Leicht auslösbarer Juckreiz im Rückenbereich zusammen mit leichter Schuppenbildung wird gleichfalls häufig gesehen

 

Insbesondere langhaarige Hunde (und Katzen) werden oft wegen  veränderter Fellqualität ("schlechter Unterwolle") vorgestellt

 

Katzen können gleichfalls Schuppen und Juckreiz an den gleichen Lokalisationen wie Hunde zeigen. Cheyletiellen sind aber auch eine der häufigsten Ursachen für die sogenannten --> katzenspezifischen Reaktionsmuster (miliare Dermatitis, feline selbstinduzierte Alopezie, feline selbstinduzierte Exkoriationen/Ulzera, eosinophiler Granulom-Komplex).

Schlechte Fellqualität, Schuppen und Juckreiz insbesondere im Rückenbereich bei einer Katze mit Cheyletiellose

(Zwerg)-Kaninchen zeigen meist Schuppenbildung oder regelrechte Schuppennester mit starkem Juckreiz insbesondere zwischen den Schulterblättern.

Bei manchen Tieren verstärkt sich der Juckreiz nachts und in warmer Umgebung.

Insbesondere langhaarige Hunde und Katzen werden oft mit schlechter Fellqualität und schlechter Unterwolle vorgestellt.

Rund ein Drittel der Tiere, die Cheyletiellen tragen (und übertragen), zeigen selbst keine Symptome, sind also asymptomatische Carrier, was die weite Verbreitung dieser Milben erklärt.  

Oft ergeben sich Hinweise für eine Ansteckung des Tieres nach Besuch von Ausstellungen, Hundeplatz, Welpenspielstunde, Hundefriseur, Tierpension, Zukauf eines Kaninchens etc., dabei auch nach einem möglichen Kontakt mit einem asymptomatischen Carrier.

Auch nicht sichtbar erkrankte Katzen und Kaninchen im Haushalt sind als Ansteckungsquelle für die übrigen Familienmitglieder nicht zu unterschätzen.


Wie werden die Milben nachgewiesen?

Cheyletiellen sind insbesondere beim Hund und beim Kaninchen verhältnismäßig leicht nachzuweisen (bei Katzen, die aufgrund des Juckreizes ein verstärktes Putzverhalten zeigen und die Milben und ihre Eier dann abschlucken, kann dies schwieriger sein).

Gebräuchlich ist der direkte Erregernachweis, also die mikroskopische Untersuchung von Hautgeschabseln, Klebebandproben, ausgekämmtem Material oder ausgezupften Haaren. Auch der Nachweis abgeschluckter Milben oder Milbeneier im Kot ist (v. a. bei Katzen) möglich.

 

Mikroskopischer Nachweis: Milbe und 2 Eier im oberflächlichen Hautgeschabsel 

Alternativ kann insbesondere durch Tierbesitzer*innen ein zeitaufwendiger direkter Nachweis der Milben auf dem Tier mittels einer starken Lupe versucht werden.

 
Wie werden Cheyletiellen behandelt?

Die Behandlung der Cheyletiellose umfasst neben dem betroffenen Tier die empfänglichen Kontakttiere (auch die ohne klinische Symptome!) und die Umgebung. Wichtig ist, die Behandlung konsequent und lange genug durchzuführen.

Da Cheyletiellen einen ungewöhnlich langen Entwicklungszyklus haben (5-6 Wochen im Gegensatz zu etwa 3 Wochen bei den meisten anderen Milbenarten), sollte die Behandlung mindestens über diesen Zeitraum hinweg erfolgen!! Empfohlen wird eine Kontrolluntersuchung, ehe die Therapie beendet wird.

Da Cheyletiellen sehr oberflächlich leben (auf Haaren und Hautoberfläche) und auch keine Blutmahlzeit nehmen, sind manche der ansonsten hervorragend milbenwirksamen Präparate wie die Isoxazoline nicht oder nur eingeschränkt wirksam. In der Regel werden makrozyklische Laktone eingesetzt. Auch für die Behandlung einer Cheyletiellose sollte ein individuelles Therapiekonzept erstellt werden.

Demodikose beim Hund

Die Demodikose - Mehr als nur eine Erkrankung?

Die Demodikose ist eine parasitäre Hauterkrankung, der eine exzessive Vermehrung von Demodex-Milben zugrunde liegt. Demodex-Milben sind Teil der normalen Hautfauna behaarter Säugetiere einschließlich des Menschen. Sie kommen artspezifisch in meist jeweils zwei bis drei Unterarten vor. Unbehaarte Meeressäuger wie Wale oder Delphine weisen keine eigenen Demodex-Milben auf.

Der Lebensraum von Demodex canis, der wichtigsten Demodex-Milbe des Hundes, sind vor allem die Haarfollikel (= Haarbälge, deshalb auch die Bezeichnung "Haarbalgmilbe") sowie Talg- und apokrine Schweißdrüsen.



a) `gesunder` Haarbalg, rechts Talgdrüse
b) Demodex-Milben vermehren sich im Haarbalg, die Haare sind bereits geschädigt, die bakterielle Infektion in und um den Haarbalg beginnt
c) die Haare des betroffenen Haarbalgs sind ausgefallen, es bildet sich ein kleiner Pfropf (Komedonenbildung), die bakterielle Infektion schreitet weiter fort 
d) tiefe bakterielle Infektion nach Ruptur der Wand des Haarbalgs mit entzündlichen Veränderungen auch im umgebenden Gewebe; jetzt besteht die Gefahr von Organschädigungen, Sepsis und tödlichem Ausgang

Abbildung: Scott/Miller/Griffin, Veterinary Dermatology, Saunders 1999


Die Pathogenese der Erkrankung ist sehr komplex. Beim Menschen konnte mittlerweile eine Beziehung zwischen dem Vorliegen bzw. Nichtvorliegen bestimmter Leukozytenantigene (human leucoyte antigenes, sog. Histokompatibilitätsantigene) und einer Erkrankung an Demodikose nachgewiesen werden. Beim Hund fehlen bisher entsprechende Untersuchungsergebnisse.

Bei der hereditären (erblichen) generalisierten Demodikose des Hundes geht man von einem spezifischen, ausschließlich auf die Kontrolle der Demodex-Milben beschränkten Defekt im Bereich der T-Lymphozyten aus, was auch die Prädisposition für diese Erkrankung bei bestimmten Rassen und das familiär gehäufte Auftreten erklärt. Dieser Defekt kann von väterlicher oder von mütterlicher Seite kommen, sein Erbgang ist noch nicht bekannt, eine Nachweismethode gibt es (noch) nicht.



Adulte Demodex-Milben im Hautgeschabsel


Welche Hautveränderungen sind bei Demodikose durch Demodex canis typisch?

Durch eine übermäßige Vermehrung dieser Milbe in den Haarfollikeln (wo die Haare gebildet werden) kommt es zu haarlosen Hautbezirken. Häufig weisen diese Bereiche eine Rötung der Haut (Erythem) und Schuppenbildung auf. Die betroffenen Stellen können scharf begrenzt, multifokal, flächig oder diffus sein. In vielen Fällen kommt es zu bakteriellen Sekundärinfektionen mit Pustel- und Krustenbildung sowie unterschiedlich starkem Juckreiz.


Wie wird die Diagnose gestellt?

Die Diagnose einer Demodikose aufgrund von Demodex canis wird in der Regel über eine mikroskopische Untersuchung von --> tiefen Hautgeschabseln gestellt. Diese Geschabsel werden mittels einer stumpfen Skalpellklinge gewonnen, auf welche zum besseren Halt des zu gewinnenden Materials ein Tropfen Paraffinöl aufgetragen wird. Unmittelbar nach der Entnahme wird das Material auf einen Objektträger verbracht, mit einem Deckgläschen abgedeckt und bei 100facher Vergrößerung mikroskopisch untersucht.

Positives tiefes Hautgeschabsel bei Demodikose: zahlreiche lebende adulte Milben sowie Jugendstadien


Bei manchen Rassen (z.B. dem Shar-Pei), bei bestimmten Lokalisationen der Hautveränderungen (z.B. an den Pfoten oder in Augennähe) und bei entzündungsbedingt stark verdickter Haut kann der Milbennachweis durch Geschabsel trotz korrekter Entnahmetechnik falsch-negativ ausfallen. In solchen Fällen sollten bei Verdacht auf Demodikose Hautbiopsien (Gewebeproben) entnommen und auf Demodex-Milben untersucht werden.

Eine weitere, allerdings nur im positiven Fall beweisende diagnostische Methode stellt die mikroskopische Untersuchung ausgezupfter Haare dar (--> Trichogramm), an deren Wurzeln häufig Demodex-Milben oder deren Eier nachweisbar sind.

Positives Trichogramm - an den Haarwurzeln sind mehrere Demodex-Milben zu sehen. Dieses schnelle und risikoarme diagnostische Verfahren ist nur im positiven Fall beweisend.


Im Gegensatz zur Sarcoptesräude ist theoretisch der mikroskopische Nachweis einer einzelnen toten adulten Demodex-Milbe nicht ausreichend für die Diagnose "Demodikose". Da es allerdings wie bereits erwähnt bei der Demodikose zu einer Proliferation der Milben kommt, gelingt es in der Regel, zahlreiche Milben mit Jugendstadien in korrekt entnommenen Geschabseln nachzuweisen.  


Wie wird behandelt?

Bei allen Formen der Demodikose ist eine Behandlung mit Cortisonpräparaten wegen der immunsuppressiven Wirkung in jeder Anwendungsform kontraindiziert. Falls bereits eine Cortisonbehandlung erfolgt, sollten die Präparate umgehend abgesetzt werden, wenn es die Primärerkrankung erlaubt. Sie sollten bei Tieren mit hereditärer generalisierter Demodikose auch nach erfolgreicher Behandlung nur nach strenger Indikationsstellung und Risikoabwägung angewandt werden.

Die Behandlung der generalisierten Demodikose (und nur diese ist therapiewürdig, s. später) erfolgt mit akariziden Mitteln, in Tablettenform oder als Spot on Präparate. Falls eine bakterielle Sekundärinfektion vorliegt, sollte die mit antibakteriellen Mitteln (meist als Shampoos), eventuell auch mit "hautwirksamen" Antibiotika therapiert werden.  

Warum ist die korrekte Einordnung in die verschiedenen Formen der Demodikose, vor allem in "lokalisierte" oder "generalisierte" Form, wichtig?

Therapie und Prognose sind bei den verschiedenen Formen der Demodikose sehr unterschiedlich. Damit ist eine korrekte Diagnose der jeweiligen Form unerlässlich, die Diagnose "Demodikose" allein genügt nicht!
Unter Berücksichtigung von Ursachen, Lokalisation und dem klinischen Bild lässt sich eine klinisch-pathologische Einteilung in verschiedene Demodikose-Erkrankungen vornehmen.


Welche Formen der Demodikose gibt es?

1. Lokalisierte, spontane Demodikose (Demodex canis)
Hunde aller Rassen können an dieser Form der Demodikose erkranken. Die betroffenen Tiere sind meist im jugendlichen oder `pubertierenden` Alter. Sie zeigen einige wenige (normalerweise ein bis fünf) scharf begrenzte haarlose Stellen, zunächst ohne Juckreiz, evtl. mit leichter Rötung der Haut und Schuppenbildung. Bei bakterieller Sekundärinfektion kann Pruritus (Juckreiz) dazu kommen. Die Stellen werden besonders häufig an Kopf und Hals, aber auch an Gliedmaßen und Rumpf beobachtet. Abgesehen von ihnen sind Haut und Fell unverändert.

Die Erkrankung ist in vielen Fällen ein Zufallsbefund und wird vor allem bei langhaarigen Hunden leicht übersehen.

Bei der lokalisierten Demodikose des jungen Hundes liegt die Spontanheilungsrate bei über 90%. Sie ist nach heutigem Wissensstand nicht erblich! Daher ist auch ein Zuchtausschluss nicht erforderlich.

Es wird empfohlen, auf ein akarizides Mittel zur Behandlung der Demodex-Milben zu verzichten. Die Spontanheilung ohne Einsatz akarizider Mittel sichert die Feststellung, dass es sich nicht um eine beginnende generalisierte erbliche Form handelt.

Bakteriell sekundärinfizierte Hautbezirke können mit einem nicht reizenden antibakteriellen Mittel wie beispielsweise Chlorhexidin behandelt werden. Durch örtliche Anwendungen und die damit verbundene mechanische Reibung können solche Haare, welche Wurzelbereich bereits geschädigt sind und später sowieso ausgefallen wären, gleich verloren gehen und ein Fortschreiten der Erkrankung vortäuschen.

Falls gleichzeitig ein Befall mit Darmparasiten (v.a. Verwurmung) vorliegt und möglicherweise die Immunabwehr des Patienten beeinträchtigt, sollte dieser behandelt werden.

Regelmäßige Kontrollgeschabsel zur Überwachung des Krankheitsverlaufs werden alle 2-3 Wochen angeraten. Falls die Erkrankung in eine generalisierte Form übergehen sollte, kann so umgehend eine akarizide Therapie eingeleitet werden.



Lokalisierte, spontane Demodikose (Demodex canis), hier haarlose Stelle unter dem Auge bei einem jungen Golden Retriever.


2. Lokalisierte, iatrogene Demodikose (Demodex canis)
Unabhängig von Lebensalter und Rasse kann eine lokalisierte Demodikose durch eine lokale Immunsuppression ausgelöst werden, oft durch die Injektion eines Depot-Cortisonpräparates oder eines Depot-Gestagens (zur Läufigkeitsverhütung) unter die Haut oder durch die lokale Anwendung von cortisonhaltigen Salben oder Cremes.
Normalerweise ist nur eine scharf begrenzte einzelne Hautstelle betroffen, oft im Bereich der seitlichen Brustwand oder Flanke, wo eine subkutane Injektion erfolgte. Bei kurzhaarigen Hunden sind die Veränderungen offensichtlich, bei langhaarigen Hunden werden sie mitunter übersehen, da das gesunde Haar sie verdecken kann.

Wie bei der spontanen Form ist auch diese Erkrankung durch Veränderungen mit Haarverlust, Rötung der Haut, Pustel- und Krustenbildung und eventueller bakterieller Beteiligung mit oder ohne Juckreiz gekennzeichnet. Außerdem erscheint die Haut oft pergamentartig und durch einen Cortison-bedingten Abbau von Kollagen in der Lederhaut extrem dünn.
Die Veränderungen können hartnäckig sein. Sie können lange Zeit (bis über einem Jahr) bestehen bleiben, bevor sie nach Abklingen der (Depot-)wirkung des verursachenden Präparates dann meist ohne weitere Behandlung abheilen.

Zur Diagnose führen ein entsprechender Vorbericht, mikroskopische Untersuchungen tiefer Hautgeschabsel auf Demodex-Milben und Untersuchungen auf Bakterien. Falls keine stärkere Entzündung festgestellt wird, kann einfach abgewartet werden, bis die Wirkung des Depot-Präparates abgeklungen ist und sich die Haut wieder normalisiert. Bei sekundärer bakterieller Infektion und zahlreichen lebenden Milben im Hautgeschabsel wird mit antibakteriellen Mitteln behandelt, normalerweise täglich über mehrere Wochen und unter regelmäßiger Kontrolle. Akarizide Mittel sind nur in Ausnahmefällen indiziert.
Da das Abheilen der Veränderung v.a. nach Anwendung von Depot-Präparaten mehrere Monate lang dauern kann, ziehen manche Besitzer die chirurgische Entfernung des subkutan liegenden Depotpräparates vor. Züchterische Maßnahmen sind bei dieser Demodikoseform natürlich ebenfalls nicht erforderlich.

3. Generalisierte, erbliche Demodikose (Demodex canis)

Diese Form tritt beim jungen Hund, je nach Rasse bis etwa 1,5 oder 2 Jahre auf, die meisten Tieren zeigen erste Symptome bereits innerhalb der ersten Lebensmonate. Bei diesen Patienten ohne erworbene Immunsuppression geht man von dem bereits erwähnten erblichen spezifischen Immundefekt und sekundärer Induktion einer unterschiedlich starken zellvermittelten Immunsuppression aus. Der Verlauf der Erkrankung hängt vom Schweregrad des Immundefekts ab, ferner davon, ob und in welchem Maß eine sekundäre bakterielle Infektion vorliegt und zu einer zusätzlichen sekundären Immunsuppression geführt hat und ob eventuell bereits Behandlungen erfolgt sind, die nicht lange und konsequent genug durchgeführt wurden - diese reduzieren nachweislich die Wahrscheinlichkeit einer "Heilung".

Für die generalisierte, erbliche Demodikose gelten u.a. folgende Rassen als prädisponiert: Bobtail, Collie, Afghane, DSH, Cocker, Dobermann, Dalmatiner, Deutsche Dogge, Englische Bulldogge, Französische Bulldogge, Bullterrier, Boston-Terrier, Dackel, Chihuahua, Boxer, Mops, Shar-Pei, Beagle und Englischer Pointer.

Die Hautveränderungen äußern sich zunächst in fokaler oder diffuser Alopezie (Haarverlust) mit Schuppenbildung und Erythem (Rötung der Haut). Der Kopf, vor allem der Lidbereich ("Brillenbildung", die allerdings nicht Demodikose-spezifisch ist!), und die Vorderbeine sind häufig als erstes betroffen. Eine Generalisierung erfolgt meist sehr rasch. Bakterielle Sekundärinfektionen treten regelmäßig auf und sind entweder oberflächlich mit Papeln, Pusteln und dann mit Juckreiz oder tief mit Furunkeln, Zellulitis, Ödemen, Fistelbildung und Schmerz. Auch die Bildung von Komedonen ("Mitessern") sowie Hyperkeratose (Verhornungsstörungen) werden beobachtet.

Nicht selten kommt es zu einer generalisierten Lymphadenopathie (Schwellung aller Körperlymphknoten im Einzugsbereich der Haut) sowie schweren Allgemeinstörungen und Fieber. Durch Bakterientoxine und Entzündungsmediatoren werden auch andere Organe geschädigt. Durch die Sepsis (Blutvergiftung) kann es zum Tod des Patienten kommen.

Multifokale haarlose Stellen mit leichter Sekundärinfektion bei generalisierter hereditärer Demodikose

Pusteln, Krusten und flächiger Haarverlust bei einem Mops mit generalisierter hereditärer Demodikose


Komedonenbildung im Bauchbereich ist gleichfalls bei Demodikose häufig



Eine tiefe bakterielle Sekundärinfektion mit beginnender Sepsis bei einem jungen Boxer mit generalisierter hereditärer Demodikose


Manche Hunde, v.a. Terrier-Rassen, zeigen dagegen nur multifokale hyperpigmentierte Hautbezirke bei ansonsten normal erscheinendem Haarkleid und follikuläre Hyperkeratose (Keratinmanschetten, die die Haare zusammenkleben und die bereits mit bloßem Auge im Bereich der Follikelöffnungen zu sehen sind).

Behandlung der generalisierten, erblichen Demodikose
Die Behandlung der generalisierten Demodikose ist langwierig (mindestens 4-6 Monate) und bedarf einer besonders intensiven Zusammenarbeit zwischen Tierarzt und Tierhalter. Die meisten "resistenten" Fälle sind in Wirklichkeit nicht konsequent mit ausreichender Fachkompetenz behandelt worden.

Zugelassen zur Therapie der Demodikose sind die Isoxazoline Sarolaner, Fluralaner und Afoxolaner (hervorragend wirksam bei sehr guter Verträglichkeit) sowie Moxidectin als spot-on-Formulierung (in Advocate®). Die Auswahl des jeweiligen Präparats, die Dosierungsintervalle und Dauer der Anwendung sollten unbedingt vom behandelnden Tierarzt/der behandelnden Tierärztin festgelegt werden.

Therapiedauer und -kontrolle
Bei allen genannten Therapien gelten Kontrolluntersuchungen und -geschabsel im Abstand von 2-3 Wochen als unabdingbar für einen optimalen Erfolg. Die Therapiedauer richtet sich nicht nach der äußerlich sichtbaren Besserung der Hautveränderungen, sondern der parasitologischen Kontrolle (s. später). Die Therapie sollte so lange durchgeführt werden, bis zumindest zweimal im Abstand von 2-3 Wochen die Geschabsel negativ sind.

Bei der Verlaufskontrolle dienen die Gesamtzahl der Milben, der Anteil der noch lebenden Milben und der der Jugendformen als Beurteilungskriterien. Diese Kontrollgeschabsel sollten immer von denselben Hautbezirken genommen werden und, wenn möglich, immer eine Gliedmaße bzw. Pfote miterfassen.

Die klinische Besserung bzw. Heilung (in diesem Falle Nachwachsen von Haaren) setzt schon ein, wenn in den Hautgeschabseln noch Milben nachweisbar sind. Die Behandlung dagegen wird so lange weitergeführt, bis mindestens 2x die Hautgeschabsel negativ waren, sonst sind Rückfälle vorprogrammiert und die Heilungschancen reduzieren sich erheblich.

 

Generalisierte hereditäre Demodikose durch Demodex canis bei einem Dobermann vor und nach erfolgreicher Behandlung


Zuchtausschluss
Obwohl der Erbgang der hereditären generalisierten Demodikose nicht geklärt ist, sollten Hunde mit dieser Erkrankung sowie deren nächste Verwandte (Wurfgeschwister und Elterntiere) von der Zucht ausgeschlossen werden.

Eine Kastration von Hündinnen kann ratsam sein, wenn anders eine Fehlbedeckung nicht ausgeschlossen werden kann oder wenn sich die Symptome bei hormonellen Umstellungen (Läufigkeit, Pseudogravidität, Gravidität und Laktation) verschlimmern.

Prognose
Sie richtet sich nach der Form der Demodikose: Hervorragend bei den lokalisierten Formen, gut bis sehr vorsichtig bei den generalisierten Formen (je nach Primärursache bzw. Primärerkrankung). Bei der hereditären generalisierten Demodikose können nach adäquater Therapie bis zu 2 von 3 Hunden geheilt werden.

4. Generalisierte Demodikose aufgrund iatrogener oder spontaner Immunsuppression (Demodex canis)

Das Auftreten einer generalisierten Demodikose muss auch beim älteren Hund besonders ernst genommen werden. Hier kann die Erkrankung beispielsweise durch Verabreichung immunsuppressiv wirkender Medikamente (z.B. Glucocorticoide, Zytostatika) ausgelöst werden. An diese Möglichkeit sollte also bei allen Hautveränderungen, die unter derartigen Therapien auftreten oder sich unter ihnen verschlimmern, gedacht werden!
Spontan tritt sie bei bösartigen Tumorerkrankungen (Lymphosarkom, Hämangiosarkom, Mamma-Adenokarzinom), schweren Stoffwechselstörungen (Diabetes mellitus oder Cushing-Erkrankung) und einigen Lebererkrankungen auf, die zu einer endogenen Immunsuppression führen.

In Einzelfällen kann die Demodikose den eigentlichen Symptomen der Primärerkrankung bis zu 12 Monate vorauseilen, so dass entsprechende engmaschige Untersuchungen des Patienten anzuraten sind.

13 jähriger Westhighland White Terrier mit generalisierter Demodikose aufgrund endogener Immunsuppression durch einen bösartigen Nierentumor

5. Pododemodikose (Demodex canis)

Bei allen entzündlichen Hautveränderungen im Pfotenbereich (sog. Pododermatitis) muss differentialdiagnostisch eine Erkrankung durch Demodex-Milben (Pododemodikose durch Demodex canis) in Betracht gezogen und entsprechende mikroskopische Untersuchungen durchgeführt. werden. Häufig sind die Pfoten ödematös geschwollen und sehr schmerzhaft, dazu kommen tiefe bakterielle Infektionen und wechselnde Lahmheiten. Selten äußert sich die Erkrankung einfach in Pfotenlecken aufgrund des Juckreizes. Prädisponiert sind Neufundländer, Bernhardiner, Deutsche Doggen, Bobtails und andere große Rassen sowie Westhighland White-Terrier.

Die Pododemodikose (Demodikose der Pfoten) kann entweder als Relikt (Überbleibsel) einer früheren generalisierten Demodikose oder als eigenständiges Problem ohne Veränderungen am restlichen Körper auftreten.

Die Behandlung erfolgt wie bei der generalisierten Demodikose geschildert.



Pododemodikose (Demodex canis)  mit gleichzeitiger Malassezien-Infektion

 

Hochgradig schmerzhafte Pododemodikose, der Hund zeigt deutliche Lahmheit

Andere Demodex-Milben des Hundes:

a. Demodex cornei

Demodex cornei ist, wie mittlerweile nachgewiesen werden konnte, eine Variante von Demodex canis . Sie ist kürzer und gedrungener als Demodex canis, lebt deutlich oberflächlicher und wird manchmal zusammen mit Demodex canis nachgewiesen - insbesondere bei Patienten mit Demodikose, die deutlichen Juckreiz zeigen. Ob sie auch zur normalen Hautfauna gehört und wie sie übertragen wird, ist noch nicht vollständig geklärt. Eine Demodikose durch Demodex cornei geht mit Rötungen der Haut, Schuppenbildung und deutlichem Juckreiz einher. Ihr Nachweis kann auch im "Klebeband-Abklatsch" gelingen.

 

Veränderungen der Qualität des Haarkleids und Juckreiz durch Demodex cornei.

b. Demodex injai

Demodex injai i
st deutlich länger als Demodex canis . Sie stellt eine eigene Demodex-Species beim Hund dar, lebt vor allem in den Talgdrüsen und wird im Zusammenhang mit "fettiger" Haut v.a. bei verschiedenen Terrierrassen gefunden. Die Erkrankung führt zu schlechter Haarqualität mit schütterem Haar und unterschiedlich starkem Juckreiz besonders auf dem Rücken. Auch hier ist noch nicht bekannt, ob die Milbe zur normalen Hautfauna gehört und wie sie übertragen wird.

Katzenspezifische Reaktionsmuster 1: Eosinophiler Granulom-Komplex (EGK) und Feline Selbstinduzierte Alopezie (FSA)

Was versteht man unter EGK und FSA?

Eosinophile Granulozyten, eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen (Leukozyten), werden im Knochenmark produziert und dann über das Blut in Gewebe transportiert, die sie "anfordern". Ursprünglich sind sie für die Bekämpfung von Parasiten vorgesehen, und ihre Granula enthält sehr potente Inhaltsstoffe, die bei Freisetzung im Gewebe massive Schädigungen, Entzündungen und letztlich Juckreiz auslösen können. Bei Katzen sind eosinophile Granulozyten an zahlreichen Entzündungsreaktionen beteiligt.

Der Eosinophile Granulom-Komplex setzt sich aus unterschiedlichen  Krankheitsbildern zusammen: Der sogenannten eosinophilen Plaque, dem eosinophilen Granulom und dem indolenten Geschwür, die auch nacheinander, in Kombination miteinander und mit den übrigen katzenspezifischen Reaktionsmustern auftreten können.

1. Eosinophile Plaques sind rote, haarlose und erhabene Stellen, die sich einzeln oder in Gruppen - bevorzugt im Bereich von Bauch, Innenschenkeln und Innen- oder Außenseite der Hintergliedmaßen befinden. Sie sind nicht zu übersehen, weil sie stark jucken und von der Katze ständig bearbeitet werden, teils auch ein tumorartiges Aussehen zeigen können. Dementsprechend häufig sind bakterielle Sekundärinfektionen mit Krusten, verklebten Haare im Randbereich etc.

eosinophile Plaque im Bauchbereich - scharf begrenzte Veränderung, die intensiv beleckt wird und die mit Haaren verklebt ist; das umliegende Fell ist von guter Qualität

Eosinophile Plaque (ausgeschoren) mit Sekundärinfektion und starkem Juckreiz, "tumorartiges" Aussehen

2. Eosinophile Granulome sehen aus wie kleine rote Tumore und sind gut sicht- und fühlbar. Sie können an verschiedenen Körperstellen auftreten. Häufig sind sie auch in der Mundhöhle (Gaumen und Zunge) zu finden, wo sie zu entsprechenden Symptomen (Speicheln, fauliger Mundgeruch, Inappetenz etc.) führen können.

Orales eosinophiles Granulom im Bereich von Zunge und Zahnfleisch- eine wichtige Differentialdiagnose wäre ein Plattenepithelkarzinom, von dem es vielfach bereits mit einer zytologischen Untersuchung abgegrenzt werden kann. Gelingt dies nicht, sollten unbedingt Biopsien entnommen werden

Manchmal treten sie als lineares Granulom perlschnurartig an der Rückseite der Hintergliedmaßen auf, oft sogar symmetrisch. Sie jucken meistens nicht und sind häufig ein Zufallsbefund. Von dieser Form sind am häufigsten sind junge Katzen betroffen (6-12 Monate alt), und die Veränderungen können auch spontan wieder abheilen.

3. Das indolente Geschwür befindet sich an der Oberlippe, oft symmetrisch. Es beginnt als Rötung und Schwellung und präsentiert sich später als bräunliche, teils aufgetriebene und glänzende Veränderung. Typische Lokalisation ist vom Bereich des Eckzahns in Richtung Nasenmitte, meist symmetrisch bis zum Eckzahn der gegenüberliegenden Seite.

Trotz seines mitunter dramatischen Aussehens juckt es nicht und ist auch nicht schmerzhaft. Bakterielle Sekundärinfektionen sind häufig. Futter- und Wasseraufnahme sind meist nicht beeinträchtigt.

Befinden sich entsprechende Veränderungen in der Mundhöhle, speziell im Gaumenbereich, kann es zur Schädigung kleinerer Blutgefäße und zu Blutungen aus dem Mund kommen.


Indolentes Geschwür, insbesondere die linke Oberlippe ist betroffen

Bei der FSA (felinen selbstinduzierten Alopezie) leckt sich die Katze übermäßig die Haare aus, bevorzugt im Bereich des Bauches, der Rückseite der Vordergliedmaßen, der Innen- und Rückseite der Hintergliedmaßen und des Rückens (Faustregel: überall da, wo man mit der Zunge bequem hinkommen kann, fehlen die Haare, niemals am Kopf und im oberen Halsbereich).

Etwa 90% der Katzen tun dies nicht vor den Augen des Besitzers, sondern heimlich (draußen, in Abwesenheit des Besitzers, in einem anderen Zimmer, unter dem Sofa etc.).

  
Feline selbstinduzierte Alopezie im Rückenbereich

Die betroffenen Bereiche bei FSA sind nicht selten symmetrisch und scharf abgegrenzt, hier die Rückseiten der Hintergliedmaßen eines Siamkaters

Die einzigartige Oberfläche der Katzenzunge führt dazu, dass die Haare komplett fehlen, ohne dass die Hautoberfläche geschädigt wird. Aus diesem Grund wurde die Erkrankung auch früher als Hormonstörung angesehen, da (beim Hund!) Haarausfall bei intakter Haut und ohne Juckreiz als typisches Zeichen einer Hormonstörung gilt.

Die FSA ist aber in den allermeisten Fällen eine Reaktion auf Juckreiz. Dessen Ursachen sind prinzipiell die gleichen und die Abklärung die gleiche wie beim EGK und den übrigen katzenspezifischen Reaktionsmustern.

Dieser Juckreiz kann durch Stress und psychische Faktoren verschlimmert werden (Verlust des gewohnten Territoriums, neues Familienmitglied, Verlust eines Familienmitglieds etc.), wird aber in der Regel nicht durch diese ausgelöst.

In seltenen Fällen ist die FSA nicht die Reaktion auf Juckreiz, sondern auf Schmerz - beispielsweise auf eine schmerzhafte Zystitis (Blasenentzündung) oder auf schlecht verheilte Frakturen, vorwiegend im Bereich von Becken oder Schwanz.

Von der FSA abzugrenzen sind eine Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion, die zu einem exzessiven Putzverhalten führen kann), sowie die sehr seltene echte psychogene Alopezie.

Im Gegensatz zur Hyperthyreose ist das verbleibende Fell bei FSA von sehr guter Qualität.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Vorbericht, Alter und Lebensgewohnheiten der Katze liefern erste Hinweise auf die Art der Erkrankung und mögliche Auslöser. Eosinophiles Granulom und eosinophile Plaque haben ein typisches aussehen und einen typischen zytologischen Befund, können falls erforderlich auch noch zusätzlich durch Entnahme und Untersuchung von Gewebeproben bestätigt werden.

Bei der FSA ist die Untersuchung von Gewebeproben nicht ergiebig, da die Hautveränderungen fehlen und die Haare weggeleckt wurden. Eine einfache Untersuchung, das sogenannte --> Trichogramm, liefert hier schnell und wenig invasiv die Diagnose: schaut man sich unter dem Mikroskop ausgezupfte Haare aus dem Randbereich der veränderten Stelle an, kann man sehr leicht die geschädigten Haarspitzen und -schäfte sehen -  bei einer hormonellen Störung hingegen würde die Haarstruktur unverändert sein.

Statt spitz zulaufender Haarspitzen zeigen die Haare im Trichogramm bei der mikroskopischen Untersuchung bei FSA Spuren der Selbsttraumatisierung und sind abgebrochen oder ausgefranst 


Welche Ursachen gibt es?

Ursachen für den EGK und die FSA sind hauptsächlich Parasiten, Allergien und Allergien auf Parasiten, seltener auch Pilzinfektionen. Beim EGK konnte eine erbliche Komponente (gehäuftes Auftreten in bestimmten Katzenfamilien) nachgewiesen werden.

Bei der Suche nach der Ursache gibt es zahlreiche Empfehlungen, die auf den Einzelfall abgestimmt werden müssen (Einzeltier oder Mehr-Tier-Haushalt, Freigang oder nicht, Kontakte zu anderen Tieren ...).

Wie kann man die Ursache finden?

Als erstes wird intensiv nach Parasiten gesucht. Begonnen wird mit der Untersuchung auf Flöhe/Flohkot, da gerade bei Katzen mit Freigang eine Flohallergie zu den häufigsten Ursachen eines EGK gehört. Bei den Milben wird insbesondere nach Cheyletiellen, Ohrmilben und evtl. Notoedres-Milben gesucht.

Sind Parasiten nicht sicher auszuschließen, wird eventuell diagnostisch auf sie behandelt  - gerade Katzen, die intensive Fellpflege betreiben, schlucken Parasiten und deren Eier häufig mit ab, so dass sie nicht mehr auf der Katze, sondern bestenfalls im Kot zu finden sind.

Bei den allergischen Ursachen sind neben der Flohallergie Allergien auf Bestandteile im Futter ("Futterallergie") oder auf Aeroallergene ("Atopische Dermatitis") die häufigsten Auslöser dieser Reaktionsmuster. Die Abklärung einer "Futterallergie" durch entsprechende Futterumstellung kann gerade bei Katzen, die Freilauf gewohnt sind, mitunter schwierig oder unmöglich sein.

Wie wird behandelt?

Die gezielte Behandlung der Ursache und deren Vermeidung ist zweifellos die beste Therapie (beispielsweise bei einer Allergie auf Milchprodukte deren konsequente Vermeidung), aber nicht immer möglich oder praktikabel. Ist die Ursache eine Flohallergie oder eine allergische Reaktion auf (ektopische) Ohrmilben, ist eine konsequente vorbeugende Behandlung unbedingt erforderlich. In dieses Programm sollten möglichst alle empfänglichen Kontakttiere mit aufgenommen werden.

Die symptomatische Behandlung wird parallel oder im ungünstigen Fall ausschließlich durchgeführt. Sie besteht aus der Verabreichung entzündungshemmender, juckreizmindernder und antiallergischer Medikamente, die auf den Einzelfall abzustimmen sind. 

Sind Sekundärinfektionen vorhanden, sollten diese natürlich adäquat behandelt werden - entweder lokal oder noch zusätzlich mit entsprechender Antibiose. 

Extreme Fälle von indolenten Geschwüren und von oralen eosinophilen Granulomen können auch mit speziellen Lasern therapiert werden. 

Pseudo-hormoneller Fellverlust: Alopecia X

Alopecia X
Kaum eine andere (Haut)-Erkrankung hat so viele Synonyme: Zunächst wurde sie als Wachstumshormon-Mangel, später als Wachstumshormon-abhängige Dermatose des erwachsenen Hundes beschrieben. Im Laufe der Jahre kamen dann Pseudo-Cushing-Syndrom, Kastrations-reaktive Dermatose, Östrogen-reaktive Dermatose, Testosteron-abhängige Dermatose, Biopsie-abhängige Dermatose, Störung der adrenal-produzierten Sexualhormone, kongenitales Nebennierenrinden-Hyperplasie-ähnliches Syndrom, Lysodren-abhängige Dermatose, follikuläre Dysplasie der nordischen Rassen, follikuläre Dysplasie des Sibirean Husky etc. etc. hinzu.
Der heutige Ausdruck "Alopecia X" spiegelt wider, dass man über Ätiologie und Pathogenese noch immer wenig weiß.

Ursache:
Sie ist nach wie vor unklar ("Alopecia X"), klar ist nur, dass es sich anders als lange Zeit vermutet weder um einen Enzymdefekt in der Steroidgenese der Nebennierenrinden noch um eine frühe Form der Cushing-Erkrankung handelt. Derzeit geht man am ehesten von Veränderungen im Bereich der Hormonrezeptoren der Haarfollikel aus: Die Haare kommen nicht in die anagene Wachstumsphase und können daher ihren normalen Wachstumszyklus nicht vollenden. Alle genannten Therapien (Wachstumshormone, Kastration bei intakten, Hormonsubstitution bei kastrierten Tieren etc.) führen dazu, dass der Haarwachstumszyklus in Gang kommt und abläuft, aber irgendwann wieder sistiert.

Prädispositionen:
Typisch betroffen sind "plüschfellige" Rassen, also Sibirean Husky, Malamute, Samojede, Keeshond, American Eskimo Dog, Finnish Spitz, Pomeranian, Chow-Chow.  Und (vor allem schwarze) Zwergpudel

Es besteht eine Altersprädisposition: beim erstmaligen Auftreten sind die Hunde meist jung-adult (Beginn meist mit 1-3 Jahren), in Einzelfällen auch später - ein wichtiger Unterschied beispielsweise zur Differentialdiagnose Cushing-Erkrankung.
Es gibt keinen Einfluss von Geschlecht und Kastrationsstatus.

Klinisches Bild:
Die Alopecia X beginnt mit schleichendem progressivem Verlust zunächst der Primär-, später der Sekundärhaare, die Tiere entwickeln erst ein "Welpenfell" und später haarlose Bereiche insbesondere rund um den Hals, hinter den Schulterblättern, an der Rückseite der Hintergliedmaßen und im Genitalbereich.

Diese Alopezie ist nicht mit Entzündungen und Juckreiz verbunden und hat eine relativ geringe Neigung zu Sekundärinfektionen; haarlose Stellen zeigen später eine Hyperpigmentierung (Schwarzfärbung). Ein "Rattenschwanz" wird regelmäßig gesehen.

Typisch sind auch brüchige, glanzlose, trockene Haare, teilweise mit Farbveränderungen (Aufhellen, Ausbleichen).

 

3jähriger Chow Chow mit den typischen Hautveränderungen einer Alopecia X bei ungestörtem Allgemeinbefinden. Kopf und untere Gliedmaßen sind wie bei der Erkrankung üblich ausgespart. 


Charakteristisches Verteilungsmuster:
Haut-/Fellveränderungen und Alopezie v.a. zirkulär am Hals, hinter den Schultern, Rumpf und Rücken, Rute, Perineum, Rückseite der Hintergliedmaßen, evtl. generalisierte Alopezie im Rumpfbereich, später mit Schwarzfärbung (Hyperpigmentierung)

Wie bei den hormonellen Störungen bleiben Kopf und Gliedmaßen unverändert.


Typische Symptome:
- Nachwachsen der Haare an Stellen mit Traumatisierung (Biopsie, Verletzung), aber nicht nach Scheren!

- Im Gegensatz zu den hormonellen Erkrankungen (v.a. Cushing-Erkrankung) ist das Allgemeinbefinden ungestört, die Hunde sind völlig gesund!

Diagnose:
Die Verdachtsdiagnose liefert die Kombination von Rasse, Alter, klinischem Bild sowie der Ausschluss von Differentialdiagnosen (v.a. Cushing-Erkrankung!!),
Die Sicherung kann über die histopathologische Untersuchung mehrerer Hautbiopsien erfolgen, die allerdings neben entsprechender Probenqualität eines sehr erfahrenen Dermatohistopathologen bedarf.

In einzelnen Fällen hilfreiche Verfahren können sein: ACTH-Stimulationstest (Bestimmung von Cortisol plus 17-OH-Progesteron)

Therapie:
Bei der Alopecia X handelt es sich um einen rein kosmetischen Defekt, die Tiere sind völlig gesund und benötigen im Prinzip gar keine Therapie. Soll behandelt werden, ist gerade bei dieser Erkrankung eine sorgfältige Abwägung von Nutzen und Risiko der Therapie essentiell!

Soll therapiert werden, gibt es folgende (u.E. vertretbare) Möglichkeiten:

  • Melatonin (hilft in ca. 50% der Fälle) 
  • NUR BEI INTAKTEN RÜDEN: Deslorelin-Chip (Wirksamkeit in 80-90%)
  • eventuell bei intakten Hündinnen: Kastration (Wirkung i.d.R. maximal 2 Jahre)
  • Eventuell lokale Anwendung von Minoxidil (unter strenger tierärztlicher Kontrolle!)

    In der Vergangenheit wurden Mitotane (Lysodren®) in niedriger Dosis, Methyltestosteron (bei kastrierten Tieren), porcines STH und Trilostan (Vetoryl®) mit mehr oder weniger gutem Erfolg eingesetzt. Wegen der teilweise erheblichen und permanenten Nebenwirkungen bei einer rein kosmetischen Erkrankung werden diese Therapien bei uns nicht eingesetzt.

 

Flohallergie, Flohallergische Dermatitis (FAD)

Welche Flöhe gibt es?

Weltweit sind etwa 2.000 Floharten bekannt, von denen fünf bei Hund und Katze von Bedeutung sind: Ctenocephalides felis ("Katzenfloh") ist trotz seines irreführenden Namens weltweit der mit Abstand häufigste und wichtigste Floh bei Hund, Katze, Kaninchen, Frettchen und Waschbär. Er ist sehr wenig wirtsspezifisch, kann also praktisch alle Säugetiere einschließlich des Menschen befallen.

Auch Ctenocephalides canis ("Hundefloh"), Echidnophaga gallinacea ("Geflügelfloh") und Archeopsylla erinacei ("Igelfloh") sind wenig wirtsspezifisch und parasitieren neben ihren bevorzugten Wirten andere Säugetiere und den Menschen. Pulex irritans, der "Menschenfloh", kann von seinem bevorzugten Wirt, dem Menschen, auch auf Haustiere übertragen werden.

Ctenocephalides felis, der Katzenfloh, unter dem Mikroskop


Müssen Flöhe bekämpft werden?

Flöhe gelten vor allem als "Lästlinge" und Ursache für mehr oder weniger starken Juckreiz bei Tier und Mensch, sind aber auch relevante Krankheitsüberträger (s. später). Allergische Reaktionen auf Flöhe (Flohallergie, FAD) stellen die häufigste Allergie bei Hund und Katze dar. Als Allergieauslöser konnten bislang etwa 15 Inhaltsstoffe des Flohspeichels identifiziert werden.

Darüber hinaus kann eine Flohallergie zusätzlich die Entwicklung weiterer Allergie(n) wie atopische Dermatitis (Allergie gegen Aeroallergene wie beispielsweise Pollen, Hausstaubmilben etc.) und/oder "Futterallergie" begünstigen und auch zusammen mit diesen auftreten.

Vergessen wird oft, dass ein massiver Flohbefall gerade bei Welpen und geschwächten, kleinen Tieren einen ernstzunehmenden Blutverlust und demzufolge eine massive Anämie (Blutarmut) hervorrufen kann, die in schweren Fällen lebensbedrohlich sein kann.

Tritt bei diesen Tieren zusätzlich noch ein Befall mit blutsaugenden Darmparasiten auf, kann dies zum Tode führen.

Auch als Krankheitsüberträger werden Flöhe nicht selten unterschätzt: Neben dem Bandwurm Dipylidium caninum, für den der Katzenfloh Zwischenwirt ist, können Flöhe auch andere Erreger wie Rickettsien (z.B. die Erreger der Beulenpest und der "Cat scratch disease"), vermutlich auch Milben, manche Virusarten und Protozoen übertragen.

Was passiert bei einem Flohstich?

Beim Blutsaugen bringt der Floh gleichzeitig Flohspeichel in den Körper seines "Opfers", der verhindern soll, dass das Blut gerinnt. Die Reaktion auf diesen Flohstich ist individuell verschieden: Manche Tiere, bevorzugt solche, die zeitlebens mit Flöhen ständig konfrontiert wurden, entwickeln eine Unempfindlichkeit oder sogar Toleranz gegenüber dem Floh, reagieren also mit wenig oder gar keinem Juckreiz (am ehesten bei Streunerkatzen zu beobachten).

Andere reagieren auf den Flohbefall und die daraus resultierenden Flohstiche mit Juckreiz, der meistens ruckartig auftritt und v.a. den Rumpf, weniger den Kopf, die Ohren und die Gliedmaßen betrifft und sich dadurch oft schon von anderen juckenden Hauterkrankungen wie Allergien abgrenzen lässt.

Reagiert der Patient allergisch auf Eiweißstoffe im Flohspeichel, tritt nach dem Flohstich hochgradiger Juckreiz auf. Die Flohallergie kann entweder als Allergie vom Soforttyp, also binnen 30 Minuten nach dem Flohstich, auftreten, oder mit Verzögerung nach Stunden bis 2 Tagen.

Dem Flohstich folgt als erste Reaktion entweder eine juckende Quaddel oder Papel, später dann, mit bedingt durch Kratzen, Knabbern, Scheuern etc. eine bakterielle Entzündung mit Pusteln und Rötungen, Haarverlust. Bei chronischer Flohallergie entstehen schließlich Verdickung und Schwarzverfärbung der Haut mit Alopezie ("Elefantenhaut"), verstärkte Schuppenbildung etc..

Wie sieht eine Flohallergie aus?
Wann tritt sie auf?


Das Verteilungsmuster der Flohallergie ist beim Hund absolut charakteristisch: Betroffen ist grob gesagt nur die hintere Körperhälfte: Die genannten Veränderungen befinden sich v.a. im Bereich von Rückenende, Kruppe, Schwanzansatz und der Hinterseite der Hinterbeine. Brust, Bauch, Vorderbeine, Hals und Kopf sind normalerweise nicht betroffen. Im Nabelbereich kann es kleine juckende Papeln geben.

Als Sonderform einer Flohallergie kann auch eine sogenannte "akute pyotraumatische Dermatitis" oder "oberflächlicher Hot spot" auftreten (innerhalb weniger Stunden entstehende, scharf begrenzte, nässende und hochgradig juckende Hautveränderungen, bei Flohallergie als Ursache bevorzugt im Bereich von Rückenende und Kruppe, --> Hot spot).

Bei Katzen können die gleichen Symptome wie bei Hunden auftreten, häufiger werden aber sämtliche --> katzenspezifischen Reaktionsmuster gesehen, für die Flöhe und andere Ektoparasiten die erste abzuklärende Ursache darstellen.

Im Gegensatz zu anderen Allergien, v.a. der atopischen Dermatitis, gibt es für die Flohallergie kein typisches Alter, in der sie erstmals auftritt. Allerdings beginnen bei Hunden im Alter zwischen 3 und 5 Jahren die Symptome einer Flohallergie besonders häufig, die bei der atopischen Dermatitis dagegen bereits mit 1-3 Jahren.

Da bei Patienten mit FAD bereits ein einziger Flohstich genügt, um eine allergische Reaktion mit allen Konsequenzen auszulösen, sollte dieser natürlich so gut wie irgend möglich vermieden werden, was gerade bei Haushalten mit mehreren Tieren eine echte Herausforderung sein kann.

Für die Stärke der allergischen Reaktion ist neben individuellen Faktoren auch die Menge des injizierten Allergens (Flohspeichel) entscheidend, also die Zeit, die der Floh Blut aufnehmen und Flohspeichel injizieren kann, bis er stirbt - ein entscheidender Faktor für die Auswahl der Therapie.

Staffordshire-Mischling (Tierheimhund), der mit chronischer FAD gefunden wurde und die klassischen Veränderungen am Rückenende, der Rute und den Rückseiten der Hintergliedmaßen zeigt

Katzen reagieren häufig mit den -->katzenspezifischen Reaktionsmustern, hier mit miliarer Dermatitis und selbstinduzierter Alopezie


Wie werden Flohbefall und Flohallergie diagnostiziert?

Eher selten kann man Flöhe mit bloßem Auge auf dem Tier herumlaufen oder vom Tier herunterspringen sehen. Scheitelt man die Haare und untersucht den Patienten auf Flöhe und/oder Flohkot im Fell, wird man oft im Bereich des Rückens oder im Innenschenkelbereich "fündig". Verfügt man über ein starkes Vergrößerungsglas mit Licht, kann man mit etwas Glück auch Flohkot im Fell nachweisen.
In den meisten Fällen erfolgt der Flohnachweis allerdings mittels --> Flohkamm.

Beim Scheiteln der Haare im Rückenbereich kann man eventuell bereits kleine schwarte Krümel finden - verdächtig für Flohkot

 

Mit etwas Glück kann man mit dem Flohkamm nicht nur Flohkot nachweisen, sondern auch einen adulten Floh "fangen"

 

Die ausgekämmten schwarzen Krümel verfärben sich auf einem weissen nassen Papier rötlich-braun - typisch für Flohkot


Bei Hunden gelingt der Nachweis von Flöhen/Flohkot in der Regel problemlos, bei Katzen kann er schwieriger sein (--> katzenspezifische Reaktionsmuster).

In manchen Fällen wird zur Diagnostik ein Intrakutantest mit Positiv- und Negativkontrolle sowie Flohallergen oder ein serologischer Test zum Nachweis IgE-Antikörper auf Flöhe gewählt.

Cave: Diese Tests können allerdings nur eine Typ 1-Allergie (Sofortreaktion) auf Flohspeichel nachweisen, nicht eine verzögerte Allergie - ein negatives Testergebnis schließt also eine Flohallergie nicht aus, so dass im Zweifelsfall eine diagnostische Therapie oder eventuell die Untersuchung eines weiteren nicht-allergischen Tieres aus dem gleichen Haushalts zielführender ist. 


Wie entwickelt sich Ctenocephalides felis?

Der weibliche adulte (erwachsene) Floh beginnt nach dem Blutsaugen schnell mit der Eiablage auf seinem Wirtstier. Pro Tag kann ein einziges Flohweibchen bis zu 50 Eier legen - eine beträchtliche Menge, für deren Produktion natürlich dementsprechend viel Blut des Wirtstieres benötigt wird.

Die meisten Eier fallen durch Bewegung, Schütteln etc. zu Boden, da sie nicht an die Haare angeheftet werden. Sie finden sich vorwiegend im Bereich von Schlafplätzen sowie nahe an Bett, Sofa etc., auf die das befallene Tier gerne springt.

Unter "normalen" Haushaltsbedingungen schlüpfen aus etwa 70% der Eier nach 1-6 Tagen Flohlarven, die sich später noch 2x häuten. Diese Larven sind weiß, etwa 2 mm groß und beweglich. Sie kriechen aktiv bis zu 15 cm vom Ort ihres Schlupfes fort und suchen möglichst dunkle Plätze tief in Teppich, Polstermöbeln oder unter Möbelstücken auf (und müssen natürlich auch dort behandelt werden).

Gegenüber Austrocknen und UV-Strahlung sind sie verhältnismäßig empfindlich. Außerhalb des Hauses können sie an feuchten, schattigen Plätzen (unter Büschen, Gestrüpp o.ä.) in den oberen 2 Millimetern des Bodens überleben.

Flohlarven ernähren sich bevorzugt vom Kot erwachsener Flöhe und Eiresten - ein Effekt, den moderne Wirkstoffe nutzen -, aber auch Kannibalismus ist möglich. Larve 3 schließlich spinnt einen lockeren Kokon, in dem die Verpuppung stattfindet.

Das Puppenstadium ist ausgesprochen widerstandsfähig gegenüber äußeren Einflüssen wie beispielsweise Austrocknen und Staubsaugen, aber auch Flohbekämpfungsmitteln. Staub, Schmutz etc. aus der Umgebung haften sehr gut an seiner klebrigen Oberfläche und liefern so neben einer ausgezeichneten Tarnung zusätzlichen Schutz.

Der Schlupf der erwachsenen Flöhe erfolgt unter "normalen" Haushaltsbedingungen nach etwa 3-5 Wochen, bei niedriger Temperatur und Luftfeuchtigkeit erst nach Monaten bis zu 1 Jahr. Ausgelöst wird der Schlupf über Erschütterungen des Bodens und möglicherweise auch über Geruchsreize in der Umgebung.

So erklärt sich, dass in längere Zeit leerstehenden Wohnungen oder Gebäuden eine regelrechte "Flohinvasion" auf das erste erreichbare Wirtstier bzw. den erstbesten Menschen einsetzen kann. Die hungrigen frischgeschlüpften adulten Flöhe sind besonders wenig wählerisch in der Auswahl eines Wirtes, befallen also verhältnismäßig häufig Menschen. Sobald sie ihre erste Blutmahlzeit eingenommen haben, müssen sie täglich Blut saugen, da es sonst zu einer Selbstverdauung ihres Darms kommt.

Die erwachsenen Flöhe bewegen sich wieder zum Licht hin, erklimmen also beispielsweise die Teppichfasern und warten an deren Oberfläche auf ein Wirtstier.

Der gesamte Entwicklungszyklus dauert in Abhängigkeit von Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit 3 Wochen bis 1 Jahr. Optimal sind für alle Stadien etwa 30°C Wärme und 80% rel. Luftfeuchtigkeit. Direkte UV-Strahlung, Nässe, Frost und Trockenheit sind dagegen ungünstig.

Ein Überleben in der kalten Jahreszeit ist in unseren Breiten für alle Flohstadien im Haus, in Hausnähe (auch in Wintergärten oder auf Terrassen mit Spalten im Bodenbelag) und am Tier möglich. Als Reservoir für Flöhe dienen neben der häuslichen Umgebung auch v.a. sandige, schattige und eher feuchte Plätze unter Sträuchern, Büschen etc. sowie wildlebende Tiere, insbesondere Marder, weniger Eichhörnchen und Kaninchen.

Welche Grundsätze sind bei der Flohbekämpfung zu beachten?

Eine erfolgreiche Flohbekämpfung erfolgt immer auf 2 Ebenen: die erwachsenen parasitären Flöhe auf dem bzw. den Tieren (lediglich ca. 5% der Gesamtpopulation), auf den empfänglichen Kontakttieren und, soweit vorhanden, in der Umgebung müssen abgetötet und die nicht-parasitären Jugendstadien in der Umgebung abgetötet bzw. in der Weiterentwicklung gehemmt werden. Für diesen Zweck steht mittlerweile ein ganzes Arsenal unterschiedlicher Wirkstoffe und Applikationsarten zur Verfügung.

Es gibt kein "Patentrezept" - für jeden Patienten muss ein individuelles Programm zur Behandlung und später zur Prävention zusammengestellt werden. Wichtig sind die Auswahl eines geeigneten Wirkstoffs und einer geeigneten Formulierung. Alle empfänglichen Kontakttiere sollten unbedingt mitbehandelt werden (insbesondere auch Katzen mit Freigang), auch wenn sie keine Symptome zeigen.

Adultizide (Mittel zum Abtöten der erwachsenen Flöhe am Tier) stehen mittlerweile als Spot-on, Spray, in Tablettenform oder als Halsband zur Verfügung. Unterscheiden lassen sich Präparate mit repellierender Wirkung, die einen Flohstich möglichst verhindern sollen, und Präparate, die eine beginnende Blutmahlzeit voraussetzen und die Flöhe dann so schnell abtöten, dass eine Eiablage nicht mehr erfolgen kann.

Zahlreiche dieser Adultizide sind zur Therapie der FAD zugelassen, viele sind auch wirksam gegen Zecken oder ansteckende Milben. Welches Präparat für den individuellen Patienten am besten geeignet ist, sollte mit dem behandelnden Tierarzt/der behandelnden Tierärztin abgestimmt werden.

Werden dem Tier zusätzlich Chitinsynthesehemmer wie Lufenuron (Program) verabreicht, die - wenn vom Floh beim Blutsaugen aufgenommen - verhindern sollen, dass sich aus den Eiern Larven entwickeln, ist es von entscheidender Bedeutung, dass diese konsequent auch alle Tiere im Haushalt bekommen. Ist dies der Fall, kann auf längere Sicht eine Umgebungsbehandlung mit Adultiziden unterbleiben.
Von wenigen Ausnahmen abgesehen, kann auf die Behandlung der Umgebung bei Flohbefall nicht verzichtet werden. Die meisten Mittel haben eine adultizide Wirkung, töten also erwachsene Flöhe in der Umgebung, und werden mit einem Juvenoid kombiniert, das die Entwicklung von Larven zu Puppen verhindern soll. Bequem, aber alleine wenig hilfreich sind sogenannte "Fogger", die die Flohlarven nicht in ihren Schlupfwinkeln erreichen (s.o.) - soll die Umgebungsbehandlung erfolgreich sein, müssen die Bereiche unter dem Bett oder Sofa, Schrank etc. "von Hand" mit entsprechendem Spray nachbearbeitet werden. 

Futterallergie/Futterunverträglichkeit

Was ist eine Futterallergie?
Futterallergien gehören wie die Futterunverträglichkeiten zu den sogenannten adversen Reaktionen auf Futterbestandteile.
Unter einer Futterallergie versteht man eine echte Allergie nach der Klassifikation von Coombs und Gell, also eine immunologisch bedingte Reaktion (der Haut oder seltener anderer Organe), die durch die Aufnahme von Futter oder Futterzusatzstoffen hervorgerufen und evtl. unterhalten wird. Sie setzt einen Erstkontakt mit dem Auslöser voraus, die dann über verschiedene allergische Mechanismen (Allergien vom Soforttyp oder vom verzögerten Typ) letztlich dazu führt, dass irgendwann bei einem erneuten Kontakt mit dem Auslöser die allergische Reaktion erfolgt und die entsprechenden klinischen Symptome auftreten.
Äußerlich nicht von ihr zu unterscheiden sind die nicht-immunologisch bedingten Futterunverträglichkeiten. Ihnen liegt also keine allergische Reaktion zugrunde, und sie können auch schon beim Erstkontakt mit dem Auslöser auftreten.

Man schätzt, dass immunologische und nicht-immunologische Überempfindlichkeitsreaktionen auf Futterbestandteile etwa gleich häufig vorkommen.  

Wie häufig ist die "Futterallergie"?
Die "Futterallergie" wird in der älteren Literatur bei Hunden nach Flohallergie und atopischer Dermatitis als dritthäufigste Allergie angesehen, bei Katzen nach der Flohallergie als zweithäufigste. Die Zahlenangaben über die Häufigkeit dieser Allergie in der Literatur variieren stark (8-25%). Die alte Faustregel, dass eine Umweltallergie beim Hund etwa zehnmal häufiger als eine "Futterallergie", scheint allerdings überholt.


Welche Auslöser gibt es?
Die meisten Auslöser bei Hunden und Katzen sind nach heutigem Wissensstand Eiweiße oder Eiweißverbindungen (Glykoproteine) mit einem Molekulargewicht von etwa 10.000 - 40.000 Dalton. Sie sind Hitze-, Säure- und Protease-stabil und werden mit der Nahrung aufgenommen.
Prinzipiell kann jedes Protein im Futter bei einem Tier zu Überempfindlichkeitsreaktionen führen - entscheidend ist, dass es die passende Größe besitzt und regelmäßig verabreicht wird. Je häufiger es aufgenommen wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer Sensibilisierung und einer irgendwann (oft erst nach Jahren!) auftretenden Reaktion.
In Deutschland ist der mit Abstand häufigste Auslöser Rind (oft kreuzreagierend mit Lamm, eventuell auch mit anderen Wiederkäuern), gefolgt von Huhn (oft kreuzreagierend mit Pute) und  Milchprodukten.

Erst mit größerem Abstand folgen Eier, Weizen, Soja und Mais.

Eine Umstellung des Futters auf "getreidefrei" ist also bei den meisten Hunden mit Verdacht auf Futterunverträglichkeit/-allergie nicht zielführend, andere Auslöser sind zumindest sehr viel wahrscheinlicher!

Bei Katzen lösten in mehr als 80% der Fälle Rind, Milchprodukte,  Fisch gefolgt von Huhn die allergischen Reaktionen aus.

Leider sind diese häufigen Auslöser in praktisch allen kommerziellen (auch sogenannten "hypoallergenen") Trockenfuttern und Nassfuttern, in BARF-Rationen, in selbstgekochtem Futter, in Leckerli, Kauartikeln,  Vitaminmischungen, manchen aromatisierten Medikamenten etc. in unterschiedlichen Mengen enthalten. Zudem sind sie oft nur schwer erkennbar und z.B. als "tierische Nebenerzeugnisse" deklariert.

Eine Umstellung von einem kommerziellem Futter auf ein anderes oder von Fertigfutter auf BARFen ist demnach für die Diagnose einer Futterunverträglichkeit/Futterallergie in der Regel nicht zielführend, wenn die vorher regelmäßig verabreichten Proteinquellen weiter im Futter vorhanden sind. 


Was sind "versteckte Allergene"?
"Versteckte Allergene" werden meist unterschätzt, können aber große zusätzliche Probleme bereiten: Pflanzenöle, die viele Tierbesitzer gerne dem Trockenfutter oder selbst zusammengestelltem Futter beifügen, können beispielsweise Mais- oder Sojaöl enthalten, also insbesondere bei Hunden nicht seltene Allergene (s.o.).

Milchproteine können nicht ohne weiteres erkennbar beispielsweise in Thunfisch in Dosen, in Hot dogs oder als Milchanteile wie Kasein, Kaseinat, Molke oder Laktose im Futter, mitunter auch in Tabletten oder Globuli enthalten sein.
In der "Sauce" mancher kommerzieller Dosenfutter, aber auch in den speziell bei kleinen Hunden oder Katzen sehr beliebten "Babygläschen mit Fleisch" sind nicht selten Weizenproteine enthalten.

Und last not least sind in verschiedenen populären Leckerli für Hunde und Katzen Weizen, Soja, "Fleisch" (nicht spezifiziert), Milch, Mais und Gerste enthalten.

Immer mehr Arzneimittel sind aromatisiert oder mit Bindemittel behandelt, das aus Stearin von Schwein, Rind oder Lamm stammt und damit bei allergischen Tieren entsprechende Reaktionen auslösen kann. Kapseln sind in vielen Fällen aus Gelatine, die in der Regel vom Rind stammt und dann Unverträglichkeitsreaktionen hervorrufen kann.


Gibt es Rassen- oder Altersprädispositionen?
Im Gegensatz zur caninen atopischen Dermatitis und Flohallergie kann eine Futterunverträglichkeit/Futterallergie in jedem Alter vom Welpen bis zum alten Hund- beginnen.
Eine echte Rassenprädisposition gibt es nicht, doch werden insbesondere bei Französischer Bulldogge, Rhodesian Ridgeback, Boxer, Labrador und Golden Retriever gehäuft Futterunverträglichkeit/-allergien festgestellt.


Wie schnell treten klinische Symptome auf?
Bei der Futterallergie sind allergische Sofort- und Spätreaktionen vom Typ I, III und IV nach Coombs und Gell, möglicherweise auch in Kombination miteinander, möglich. 
Dies bedeutet, dass bei einigen Tieren Symptome infolge einer allergischen Sofortreaktion binnen 30 Minuten bis einige Stunden auftreten können. Das Gleiche gilt für die Futterunverträglichkeiten, die ein ähnlich breites Spektrum aufweisen.

Der Großteil der Patienten reagiert aber erst Tage, in seltenen Fällen bis zu zwei Wochen nach der Aufnahme des Auslösers, was natürlich die Zuordnung des Auslösers erheblich erschwert (s. später bei Ausschlussdiät)


Welche Symptome sind zu erwarten?
Beim Großteil der Patienten bestehen Hautsymptome, die im Gegensatz zu atopischer Dermatitis und Flohallergie kein typisches Verteilungsmuster haben, in bis zu 60% der Fälle in Kombination mit gastrointestinalen Symptomen:

Typisch ist Juckreiz zusammen mit Rötungen als erstes Symptom (Pruritus sine materia, -->CAD). Dieser zeigt im Gegensatz zur CAD keine saisonalen Schwankungen. Das Verteilungsmuster kann wie bei der CAD sein, allerdings sind besonders häufig Ohren und Pfoten betroffen. Chronische oder chronisch-rezidivierende Ohrentzündungen oder Pfotenentzündungen gehören zu den häufigsten klinischen Symptomen der Futterunverträglichkeit/-allergie. Weitere häufig betroffene Lokalisationen können Gesicht, Achseln, Innenschenkel, Bauch und Analbereich sein.

Neun Monate alter Irischer Wolfshund mit klassischen Symptomen einer Futterunverträglichkeit/-allergie: hochgradiger Juckreiz im Gesicht, an den Ohren und den Pfoten zusammen mit gastrointestinalen Symptomen

Auch generalisierter Juckreiz ohne erkennbar stärker betroffene Bereiche (v.a. bei Jungtieren) ist möglich, weiterhin Juckreiz im Bereich von Rückenende und Rutenansatz wie bei der Flohallergie oder Symptome wie bei der Sarcoptesräude (Ellenbogen und Gliedmaßen, Bauch und Ohrmuscheln, v.a. beim Labrador).

Auch Sonderformen wie rezidivierende "Hot spots", akrale pruriginöse Noduli ("Leckgranulome") sind möglich. 

Wie erwähnt sind gastrointestinale Symptome häufig, ein wichtiger Unterschied zur CAD: Am häufigsten wird eine hohe Zahl täglicher Kotentleerungen gesehen, aber auch wechselnde Kotkonsistenz (weich bis breiig im Wechsel mit normaler Konsistenz), Beimengungen von Schleim oder seltener frischem Blut, Erbrechen, Durchfall, Blähungen, kolikartige Bauchschmerzen, überlaute Darmgeräusche, unverhältnismäßig große Kotmengen. Viele Tiere benötigen auch große Futtermengen, um ihr Gewicht zu halten, oder nehmen trotzdem ab.

Die genannten gastrointestinalen Symptome sind in der Regel selbstregulierend und nicht so stark, dass deswegen tierärztlicher Rat gesucht wird, sind aber wichtige Hinweise auf eine Futterunverträglichkeit/-allergie.

Nur in seltenen Fällen kommt es nach Aufnahme des Auslösers zur allergische Sofortreaktionen wie Schwellung des Gesichtes, Lidödem oder Urticaria.  

Bei Katzen mit Futterunverträglichkeit/-allergie sind alle --> katzenspezifischen Reaktionsmuster möglich, allerdings beschränkt sich der Juckreiz häufig auf Kopf und Nacken, wo sich die Tiere oft schwere Verletzungen zufügen (--> feline selbstinduzierte Exkoriationen/Ulzera).
Wie beim Hund kann auch bei Katzen generalisierter Juckreiz ohne erkennbare Prädilektionsstellen auftreten.


Zweijähriger British Shorthair-Kater mit dem Reaktionsmuster --> selbstinduzierte Exkoriationen/Ulzerationen aufgrund einer Futterunverträglichkeit/-allergie (Auslöser: Huhn)

Gibt er typische Hautveränderungen?
Nein. Typisch ist wie bei der CAD Juckreiz ohne erkennbare Läsionen ("Pruritus sine materia"), zusammen mit einer Rötung der Haut. Sehr schnell folgen dann die Symptome einer Sekundärinfektion wie Papeln, Krusten, Haarverlust und später auch chronisch-entzündliche  Veränderungen mit Schwarzfärbung, Verdickung der Haut, Seborrhoe etc.

Ein wichtiger Hinweis auf Futterunverträglichkeit/-allergie ist auch Juckreiz, oft zusammen mit Rötungen, im Analbereich - dieser fehlt bei der CAD in der Regel

 

Wie wird eine Futterunverträglichkeit/-allergie festgestellt?
Die Diagnose ist mitunter schwierig, weil die Erkrankung keine Rassen- oder Altersprädispositionen und keine typischen Hautveränderungen zeigt.

Leider gibt es derzeit keinen Blut- oder Hauttest, der die Diagnose "Futterallergie" stellen kann - wie die CAD ist auch diese Diagnose eine klinische Diagnose. Sämtliche derzeit erhältlichen kommerziellen Tests basieren auf dem Nachweis von IgE oder IgG im Blut, können also nur die Tiere mit einer Typ I-Allergie (Allergie vom Soforttyp) erfassen. Tiere mit einer Typ III- oder Typ IV-Allergie sowie die Tiere mit der nicht-allergischen Futterunverträglichkeit können mit diesen Verfahren leider nicht erfasst werden.

Gold Standard und einzige sichere Diagnose von Futterunverträglichkeit und Futterallergie ist eine konsequente individuell zusammengestellte Eliminationsdiät mit anschließender sequentieller Provokation.

Wie werden Eliminationsdiät und sequentielle Provokation durchgeführt?

Bei der Eliminationsdiät wird ein Protein und ein Kohlenhydrat über einen Zeitraum von etwa 8 Wochen als alleinige Fütterung verabreicht. Während dieser Zeit müssen unbedingt eine konsequente Parasitenkontrolle und eine Kontrolle von Sekundärinfektionen erfolgen, damit auch tatsächlich der Effekt der Futterumstellung sichtbar wird.

Wie diese ausgewählt werden, richtet sich nach dem Einzelfall (eventuelle Präferenzen beim Futter) und nach der Ernährungsanamnese: das Protein sollte im Idealfall vom dem Tier noch nicht gefressen worden sein und natürlich auch nicht mit den häufigen Auslösern kreuzreagieren (es macht also beispielsweise wenig Sinn, einem Tier, das mit Rindfleisch gefüttert wurde, eine Eliminationsdiät mit Lamm zu verabreichen). 

Die Eliminationsdiät kann entweder selbst zusammengestellt/selbstgekocht oder auf der Basis von tierärztlich empfohlenem entsprechendem Trocken- und/oder Nassfutter sein. Die Auswahl einer geeigneten Diät, die das Tier ja auch über etwa 8 Wochen fressen muss, die zuverlässig beschafft und auch finanziert werden muss, erfolgt am besten zusammen mit dem behandelnden Tierarzt/der behandelnden Tierärztin.

Eine andere Möglichkeit ist die Verwendung hypo- oder anallergener Diäten, bei denen die Ausgangsproteine so stark durch hydrolytische Spaltung zerkleinert worden sind, dass sie im Idealfall keine Reaktionen mehr auslösen. Da die Ausgangsproteine häufig Soja oder Huhn sind, kann auch diese Diät bei einem Teil der Tiere mit Überempfindlichkeit gegenüber diesen Proteinen allerdings immer noch klinische Reaktionen hervorrufen.

Wichtig ist die wirklich konsequente Durchführung dieser mit dem Tierarzt/der Tierärztin zusammen ausgewählten Diät und der anschließenden Provokation: es dürfen keine Kauartikel, Leckerli, Tischreste, Vitaminpillen, möglichst keine flavorisierten Medikamente während dieser Zeit gegeben werden, Futter und Näpfe anderer Tiere sind ebenfalls tabu - diese Zeit setzt also eine extreme Disziplin beim Tierbesitzer/der Tierbesitzerin und allen Familienangehörigen und dem Patienten gleichermaßen voraus!

Katzen mit Freigang müssen während der Eliminationsdiät mit anschließender Provokation im Haus gehalten werden, was in vielen Fällen unmöglich ist und dann eine symptomatische Therapie erforderlich machen kann.

Beim Hund werden Kohlenhydrate und Protein meist im Verhältnis 2:1 gegeben, bei Katzen ist meist nur die reine Proteingabe praktikabel. Die Futterumstellung auf das neue Futter sollte langsam und über mehrere Tage erfolgen.


Diese Phase der Allergenelimination sollte über mindestens 8 Wochen konsequent durchgeführt werden. Zu einer Besserung der Symptome, i.d.R. des Juckreizes, kommt es bei den meisten Tieren innerhalb von 4-8 Wochen (etwa 25% der Patienten zeigen bereits nach 3, 70% allerdings erst nach 4-8 Wochen ein Verschwinden der Symptome).

In der zweiten Testphase kommt es zur Provokation, um sowohl die Diagnose Futterunverträglichkeit/-allergie zu sichern als auch die Auslöser zu identifizieren. Hierzu werden wochenweise jeweils ein neues Eiweiß gefüttert und so eine "Positivliste" (mit vertragenen Substanzen) und eine "Negativliste" (mit nicht vertragenen Substanzen) erarbeitet, auf deren Basis man später ein entsprechendes Fertigfutter auswählen kann.

Alternativ kann auch zuerst das ursprüngliche Futter wieder gegeben werden und bei dem zu erwartenden Wiederauftreten der Symptome dann wieder auf die Eliminationsdiät zurückgegangen werden und danach wie beschrieben wochenweise weitere Substanzen getestet werden.

Zu einem Wiederauftreten der klinischen Symptome, wenn ein Auslöser identifiziert wurde, kommt es binnen Stunden oder Tagen (bei wenigen Tieren binnen einer Stunde, bei den meisten Tieren nach 1-3 Tagen). In diesem Fall sollte die Testsubstanz sofort abgesetzt werden und bis zum erneuten Abklingen der Beschwerden die ursprüngliche Eliminationsdiät gegeben werden. Wird eine getestete Substanz eine Woche lang zugefüttert, ohne Symptome auszulösen,  sie als nicht nicht auslösend.


Sind Mangelerscheinungen zu erwarten?
Bei erwachsenen Hunden und Katzen ist die selbst zusammengestellte Diät zwar nicht ausgewogen, aber für den kurzen Zeitraum tolerabel. Insbesondere bei (großwüchsigen) Hunden im Wachstum gilt dies nicht - entweder wird die Ausschlussdiät ausgesetzt und symptomatisch therapiert, bis das Tier ausgewachsen ist, oder es wird wenn möglich eine entsprechende kommerzielle Diät ausgewählt.

Müssen/sollen Hunde oder Katzen über einen längeren Zeitraum mit selbstgekochter oder selbst zusammengestellter Diät gefüttert werden, sollte die Fütterung einer Rationsberechnung durch entsprechend spezialisierte Tierärzte/Tierärztinnen unterzogen und korrigiert werden. Bei Katzen ist insbesondere auf eine ausreichende Taurinversorgung zu achten.


Wie kann eine Futterunverträglichkeit/Futterallergie behandelt werden?
Die beste Therapie besteht in der konsequenten Vermeidung des/der Auslöser, was bei entsprechend exakter Identifikation in der Regel gut gelingt. In vielen Fällen bedürfen die Tiere dann keiner weiteren Therapie, die mühsame Phase der Eliminationsdiät und der Provokation zahlt sich auf Dauer aus.

Versuche einer allergenspezifischen Immuntherapie wie bei der atopischen Dermatitis werden derzeit unternommen.

Deutlich schlechter wirksam als bei der CAD sind Cortisonpräparate, Ciclosporin A und Antihistaminika.

Eine sehr gute Wirksamkeit beim Hund zeigen Oclacitinib und Lokivetmab. 

Nicht unterschätzt werden darf die konsequente Behandlung von Begleit-/Folgeerkrankungen wie Pyodermien, Malasseziendermatitis, Otitis externa, Seborrhoen etc. mit geeigneten Mitteln, da diese oft zu einer erheblichen Verschlimmerung der klinischen Symptome beitragen. Auch eine adäquate Behandlung von den Symptomen außerhalb der Haut sollte, falls notwendig, erfolgen.

Diese achtjährige Mischlingshündin ist bereits auf einer korrekten Ausschlussdiät, doch die hochgradig juckenden Sekundärinfektionen u.a. im Analbereich verhindern, dass die Besserung sichtbar wird - eine Therapie der Sekundärinfektionen ohne eine Futterumstellung ließ den Juckreiz verschwinden

Eine konsequente Kontrolle von Ektoparasiten (Flöhe, Zecken, Räudemilben) sollte unbedingt und dauerhaft erfolgen.

Stets sollte man auch an andere Ursachen für Juckreiz wie beispielsweise Ektoparasiten (Flöhe!) denken und auf sie untersuchen, besonders bei plötzlicher Verschlimmerung der klinischen Symptome.




  

Zweijähriger Westhighland White Terrier mit massivem Juckreiz und Sekundärinfektionen und -veränderungen aufgrund einer Futterunverträglichkeit, betroffen sind neben den Pfoten insbesondere die Gliedmaßen und der Bauchbereich

Haarlosigkeit

Welche Ursachen können der Haarlosigkeit zugrunde liegen?

Ursachen für Haarlosigkeit können erwünscht (genetisch bedingt werden keine oder nur dysplastische Haarfollikel angelegt) oder - in den meisten Fällen - unerwünscht sein. Hier kommen vielfältige Ursachen in Betracht: entzündliche Veränderungen im und um den Haarfollikel, Veränderungen der Blutversorgung, immunvermittelte Reaktionen gegen Bestandteile des Haarfollikels oder des Haars, Einfluss auf den Haarwachstumszyklus, insbesondere auf den Eintritt des Haares in die anagene Wachstumsphase etc.

Mit Hilfe von Rassen- und Altersprädispositionen, klinischem Bild und gezielten weiterführenden Untersuchungen gelingt es dem dermatologisch versierten Tierarzt/der dermatologisch versierten Tierärztin, die Ursache für die unerwünschte Haarlosigkeit zu ermitteln und in den meisten Fällen auch Therapieoptionen aufzuzeigen.


Angeborene Haarlosigkeit
tritt - erwünscht - bei Hunden und Katzen außer bei speziellen Rassen wie beispielsweise dem Mexikanischen Nackthund selten auf. Sie ist entweder eine Folge von fehlerhafter Anlage, fehlerhafter Entwicklung oder Rückbildung der Haarfollikel und tritt nicht selten mit anderen Veränderungen, beispielsweise der Pigmentierung, zusammen auf. Auch andere Defekte, beispielsweise in der Zahnbildung, können hiermit gekoppelt sein.

Erworbene Haarlosigkeit

Wesentlich häufiger ist die Haarlosigkeit durch den Verlust bereits vorhandener Haare. So können Entzündungsreaktionen im Bereich der Haarfollikel zur Zerstörung und damit Verlust der Haare in den Follikeln führen. Der Haarwachstumszyklus selbst bleibt dabei ungestört. (--> Demodikose, Pilzinfektionen, bakterielle Infektionen)

Beim normalen Haarwachstumszyklus wird das Haar gebildet, wächst, stirbt ab und wird durch das neue nachwachsenden Haar im Haarfollikel ersetzt.

Bei hormonellen Störungen und bei der --> Alopecia X werden weniger Haare gebildet als verloren gehen. Man spricht vom "telogenen Arrest". Die überalterten abgestorbenen Haare fallen irgendwann aus und werden nicht durch neue ersetzt, der Patient wird immer haarloser.

Der gleiche Mechanismus kann bei empfindlichen Tieren auch durch manche Medikamente, v.a. Cortisonpräparate, ausgelöst werden (--> Cushing-Erkrankung).

Vergiftungen, die die Haarfollikel direkt schädigen, sind sehr selten.

Die Ursachen von Über- bzw. Fehlreaktionen des Immunsystems, die sich gegen den Haarfollikel oder Teile davon richten und ihn dauerhaft oder vorübergehend schädigen (und damit zu Haarverlust führen), sind bei Mensch und Tier Gegenstand intensiver Forschung.

Beispiele für entzündlich bedingten Haarausfall:

  • Bakterien, v.a. Staphylococcus  pseudintermedius
  • Hefepilze (Malassezia pachydermatis)
  • Demodex-Milben (-> Demodikose)
  • Dermatophyten (-> Pilzinfektionen)
  • Selbsttraumatisierung infolge Juckreiz (durch Parasiten, Allergien etc.)

    Beispiele für hormonell bedingten Haarausfall:

  • Schilddrüsenunterfunktion
  • Cushing-Erkrankung (auch: Cortison-Behandlung bei Hunden mit niedriger Cortison-Toleranz)
  • Hodentumore (v.a. Östrogen-produzierende)
  • Eierstockszysten und seltener -tumore  


Beispiele für toxisch bedingten Haarausfall:

Thallium-Vergiftung (extrem selten)

Beispiele für immunologisch bedingten Haarausfall:

  • Alopecia areata
  • Granulomatöse Sebadenitis
  • ischämische Dermatopathien wie familiäre Dermatomyositis

 

Hauttumore

Hauttumore

Die Haut als größtes Organ des Körpers ist auch gleichzeitig das Organ, das am häufigsten von Tumoren betroffen ist: Rund ein Drittel der Tumore beim Hund sind Hauttumore, und von ihnen ist etwa ein Drittel bösartig, zwei Drittel gutartig (bei der Katze ist es umgekehrt).

Dementsprechend wichtig ist eine frühe und korrekte Diagnose, um welchen Tumor es sich handelt, um die adäquate Therapie auswählen zu können. Das lange Zeit gebräuchliche "Wir warten ab, und wenn er größer wird, entfernen wir den Tumor vielleicht" ist lange überholt und hat so manchen Hund unnötig das Leben gekostet. 

Zu unterscheiden sind primäre Hauttumore (wie Mastzelltumor, Histiozytom, epitheliotropes Lymphom, Talgdrüsenadenom etc.) und Tumore anderen Ursprungs, die in die Haut metastasieren (beispielsweise bösartige Tumore der Gesäugeleiste wie Mammakarzinome).

Wie kann man unterscheiden, ob der Tumor gutartig oder bösartig ist?

Im Gegensatz zu Tumoren innerer Organe können Hauttumore bereits mit blossem Auge und von den Tierhalter*innen früh gesehen werden. Gutartige Tumore wachsen tendentiell langsamer, sind nicht schmerzhaft und gut abgegrenzt, bösartige wachsen oft schneller und sind eher mit dem umliegenden Gewebe verwachsen. Verlassen sollte man sich auf diese Faustregel allerdings nicht, sondern den Hund möglichst zügig zur weiteren Abklärung beim Tierarzt/der Tierärztin vorstellen.

Bei der tierärztlichen Untersuchung wird neben der klinischen Untersuchung eine --> zytologische Untersuchung vorgenommen, für die Zellen aus dem Tumor mittels --> Feinnadelaspiration entnommen werden. Dieses Verfahren ist schnell, einfach, nicht invasiv und nicht schmerzhaft und liefert in vielen Fällen eine Diagnose oder zumindest eine Einschätzung, ob man es mit einem gut- oder bösartigen Prozess oder vielleicht nur mit einer Entzündung zu tun hat.

Ist dieses Verfahren nicht diagnostisch, erfolgt die Entnahme einer Biopsie zur histopathologischen Untersuchung. Je nach Befund schließen sich weitere Untersuchungen an, beispielsweise die auf Metastasen in den tributären Lymphknoten.

Entgegen manchmal geäußerten Befürchtungen besteht durch die korrekte Entnahme einer FNA keine Gefahr, den Tumor im Wachstum zu beschleunigen oder eine Metastasierung zu fördern.

Warum ist die frühzeitige Diagnose eines Hauttumors wichtig?

Weil sie über das weitere Vorgehen bzw. die Prognose entscheidet! Stellt man beispielsweise fest, dass es sich bei dem Tumor um ein harmloses Lipom oder Talgdrüsenadenom handelt, kann in Ruhe abgewartet werden, eine chirurgische Entfernung ist in der Regel nur dann erforderlich, wenn es sich um eine ungünstige Lokalisation handelt (beispielsweise ein Lipom im Achselbereich, das unter das Vorderbein wächst). 

Handelt es sich hingegen um einen Mastzelltumor, ist eine schnelle weitere Abklärung (Staging und Grading wie in der Humanmedizin) zwingend erforderlich: Auch wenn es sich um einen einzelnen Tumor handelt, der chirurgisch entfernt wird, gelten für Mastzelltumore eigene Regeln: bei ihnen sollen die Exzisionsränder etwa 3 cm weit im Gesunden liegen, sowohl nach den Seiten als auch nach der Tiefe. Der chirurgische Eingriff wird also bereits entsprechend geplant, wenn er nicht möglich sein sollte, können frühzeitig Behandlungsalternativen geplant und veranlasst werden.

Schnell wachsender Tumor am Hinterbein eines jungen Dalmatiners. Die Zytologie bestimmt das weitere Vorgehen - beim Mastzelltumor  (Bild links) wäre schnelles aggressives Handeln angesagt, beim benignen kutanen Histiozytom (Bild rechts) hingegen Abwarten (da etwa 90 Prozent sich spontan zurückbilden)

 

Warum sollte jeder entfernte Hauttumor eingeschickt und histopathologisch untersucht werden?

Nicht nur, um die vielleicht vorher zytologisch gestellte Diagnose zu sichern. Manche Tierärzt*innen entfernen kleine Hauttumore ohne vorherige zytologische Diagnostik, in diesen Fällen ist eine histopathologische Untersuchung auf alle Fälle angeraten.

Nur mit der histopathologischen Untersuchung kann sichergestellt werden, dass die Entfernung des Tumors kurativ war und keine Tumorzellen im Operationsbereich zurückbleiben, die weiter wachsen bzw. metastasieren können.

Bei manchen Tumoren (v.a. Mastzelltumoren) wird zusätzlich zur histopathologischen Untersuchung noch in Spezialverfahren untersucht, ob dieser Mastzelltumor beispielsweise für die Therapie mit Tyrosinkinase-Inhibitoren geeignet wäre oder nicht.

"Hot Spot" (oberflächlich und tief)

Was ist ein "Hot spot"?

Lange Zeit ging man davon aus, dass "Hot spots" als Folge einer verminderten Belüftung der Hautoberfläche und hoher Umgebungstemperatur auftreten, da sie bevorzugt in der warmen Jahreszeit und bei Hunden mit dichtem, langem Fell gesehen werden. Dies ist jedoch nur eine mögliche Ursache, denn auch Kurzhaarrassen wie Rottweiler und Labrador sind für derartige Veränderungen prädisponiert.

"Hot spots" gehören zu den subjektiven dermatologischen Notfällen - sie treten binnen Stunden auf und stellen sich als nässende, juckende oder schmerzhafte, scharf begrenzte Veränderungen dar (s. später).

Welche Ursachen sind bekannt?

1. Allergische Reaktionen auf Flöhe (Flohspeichel), seltener auf Milben (Cheyletiellen); --> FAD, --> Cheyletiellose

Hier treten die Veränderungen meist im Bereich von Rücken(ende), Kruppe und Oberschenkeln sowie an der Rute auf, oft werden mehrere hintereinander gelegene oder rezidivierende "Hot spots" beobachtet; häufigste Form.

2. Reaktionen auf schmerzhafte, juckende oder entzündliche Prozesse in der unmittelbaren Nachbarschaft, beispielsweise Entzündungen der Ohren (dann häufig "Hot spot" an Wange oder Hals), Entzündung der Analbeutel (dann "Hot spot" an Kruppe, Ober- oder Innenschenkeln).

3. Reaktion auf mechanische Probleme: Fremdkörper oder reizende Substanzen im Fell (auch Reste von Medikamenten, Shampoos etc.), verschmutztes, verfilztes Fell etc. führen zu "Hot spots" in der unmittelbaren Nähe derartiger Bezirke. Treten Plattenverfilzungen auf, können die nässenden juckenden Veränderungen darunter auch großflächig sein.

4. Reaktion auf kleine Verletzungen (Schürfwunden etc.) oder Irritationen (Scheren), die einen punktuellen Juckreiz hervorrufen

5. Untypische Manifestationsart einer anderen Allergie (vor allem --> Futterunverträglichkeit/-allergie; Ausschlussdiagnose!).

Welche Hunderassen sind prädisponiert?

Zu den besonders häufig betroffenen Rassen gehören Labrador, Golden Retriever, Collie, BSH, DSH, Bernhardiner, Neufundländer, Rottweiler und Bobtail.

Generell sind Hunde mit langem Haarkleid und/oder dichter Unterwolle überdurchschnittlich häufig betroffen.

Rottweiler, Neufundländer, Golden Retriever, BSH und Bobtail neigen erfahrungsgemäß besonders zur Ausbildung tiefer "Hot spots".

Welche Formen gibt es?

Man unterscheidet oberflächlichen und tiefen "Hot spot". Beide werden ganz unterschiedlich behandelt, so dass ihre Unterscheidung (i.d.R. erst nach dem Ausscheren möglich) von entscheidender Bedeutung ist.

Beim oberflächlichen "Hot spot" fällt starker Juckreiz auf: Die Hunde lecken, knabbern und kratzen so, dass binnen Stunden die typische Veränderung auftritt, nämlich ein mehr oder weniger haarloser, nässender, in der Mitte gelblich glänzender Hautbezirk mit rötlichem Rand, der von der umgebenden gesunden Haut scharf abgegrenzt ist. Die Haare aus der Umgebung sind meist mit der Veränderung verklebt.

Der "Hot spot" ist in der Regel 10 Cent- bis handflächengroß und rundlich bis oval. Beim Abtasten ist er flach und nicht schmerzhaft. Bakterien sind zwar ursächlich nicht beteiligt, finden allerdings so gute Lebensbedingungen vor, dass oberflächliche bakterielle Sekundärinfektionen häufig sind.



Oberflächlicher Hot Spot 

 

Ein oberflächlicher Hot spot entsteht binnen Stunden und gehört zu den dermatologischen Notfällen, hier vor dem Ausscheren. Die Haare sind mit der nässenden, stark juckenden Veränderung verklebt.

 

Nach dem Ausscheren zeigen sich die gute Abgrenzung zur Umgebung und die gelblich-glänzende Oberfläche (typisch für die oberflächliche Form)


Der tiefe "Hot spot" dagegen bedeutet eine echte bakterielle Infektion des Haarbalgs, die auf das umliegende Gewebe übergreifen kann und schmerzhaft ist, so dass die Selbsttraumatisierung weitgehend unterbleibt.

Er ist ebenfalls m.o.w. haarlos und 10 Cent- bis handflächengroß. Das Gewebe ist verdickt und erhaben, er ist deutlich schlechter zur Umgebung abgegrenzt und weist "Satelliteneffloreszenzen" außerhalb der eigentlichen Veränderung auf (Papeln, Pusteln, Krusten), die sich erst nach dem Ausscheren zeigen.

Die gesamte Veränderung ist verdickt, hart und schmerzhaft und juckt nicht.

Die Bakterien müssen intensiv behandelt werden, um ein Übergreifen der Entzündung in tiefere Hautschichten und eine Zerstörung der Haarbälge zu verhindern. Die Behandlung ist wesentlich langwieriger (und teurer) als bei der oberflächlichen Form.



Tiefer Hot Spot  bei einem Rottweiler. Sehr gut zu erkennen sind die erhabene, plaque-artige Läsion und die Satelliteneffloreszenzen in der Umgebung 

Vorsicht mit Blickdiagnosen: Auch wenn dieser Hot spot auf den ersten Blick oberflächlich erscheint, ist er wegen seiner Verdickung und der schlechten Abgrenzung mit Krusten und Papeln im Randbereich als tief zu klassifizieren (und zu behandeln)


Oberflächlicher und tiefer "Hot spot" können erst nach Ausscheren und Abtasten sicher unterschieden werden. Je nach Lokalisation und nach Temperament des Patienten ist gerade bei den schmerzhaften tiefen Formen hierzu eine Betäubung erforderlich.

Wie werden "Hot spots" behandelt?

Nach dem Ausscheren sollte jeder "Hot spot" mit einer milden, antiseptischen Lösung gereinigt werden. Hierbei werden auch verklebte Haare, Medikamentenreste, Krusten etc. mit entfernt.
Nässende Veränderungen wie "Hot spots" dürfen keinesfalls mit Salben, Pasten, Melkfett, Zinksalbe, Honigsalbe o.ä. behandelt werden, da diese zu stark abdecken und sowohl die bakterielle Entzündung als auch die Mazeration des Gewebes fördern, den Zustand also noch verschlimmern.

Geeignet für die Behandlung sind wässrige Lösungen (auch als Spray), Gels und manche Cremes, bei tiefen "Hot spots" eventuell auch antibakterielle Shampoos. Sie werden je nach individuellem Fall vom Tierarzt/der Tierärztin ausgewählt.

Beim oberflächlichen "Hot spot" ist die örtliche Behandlung die wichtigste Behandlungmaßnahme, die möglichst alle 2-3 Stunden erfolgen sollte. Verwendet werden adstringierend (austrocknend) und gleichzeitig gegen Juckreiz wirkende Präparate, häufig Antibiotika-Cortison-Kombinationen oder Adstringentien in Pulverform, die in Wasser aufgelöst werden.

Bei sehr starkem Juckreiz, ausgedehnten Veränderungen oder "unkooperativen" Hunden müssen evtl. kurzwirksame Cortisonpräparate in Tablettenform für einige Tage zusätzlich verabreicht werden, bei starker bakterieller Sekundärinfektion zusätzlich hautwirksame Antibiotika. Bei konsequenter Behandlung heilen oberflächliche "Hot spots" meist nach 4-7 Tagen ab.

Beim tiefen "Hot spot" handelt es sich um eine tiefe bakterielle Infektion, die als solche zu behandeln ist: Die Therapie richtet sich in erster Linie gegen Bakterien, besteht also in der örtlichen Behandlung mit einer antiseptischen Lösung oder einem Shampoo zusammen mit hautwirksamen Antibiotika mindestens 2 Wochen über die vollständige Abheilung hinaus, d.h. insgesamt für mindestens 3 Wochen. Cortisonhaltige Präparate sind, im Gegensatz zu der oberflächlichen Form, kontraindiziert, da sie die bakterielle Entzündung noch fördern würden.

Neben der Behandlung des eigentlichen "Hot spots" muss natürlich die Identifikation und wenn möglich Beseitigung des Auslösers erfolgen, (z.B. Flohbekämpfung, gezielte Behandlung entzündeter Ohren oder Analbeutel, Verbesserung der Fellpflege) etc. Die Lokalisation des "Hot spots" erlaubt bereits Rückschlüsse auf wahrscheinliche Ursachen (s.o.).

Treten immer wieder und nicht nur in der warmen Jahreszeit "Hot spots" auf und sind die übrigen genannten Ursachen sicher auszuschließen, sollte auch an die Abklärung einer primären Allergie, v.a. eine --> Futterallergie/-unverträglichkeit und einer --> Atopischen Dermatitis  gedacht werden.

Welche vorbeugenden Maßnahmen gibt es?

Eine gute Fellpflege und -hygiene sowie die regelmäßige Kontrolle von Ohren und Analbeuteln sollten nicht nur zur Vorbeugung von "Hot spots" selbstverständlich sein.

Sind Flöhe oder Milben die Ursache, sollte eine konsequente Parasitenprophylaxe ganzjährig durchgeführt werden.

Ist der "Hot spot" Folge einer Futterunverträglichkeit/-allergie, sollte selbstverständlich eine entsprechende Vermeidung des zuvor identifizierten Auslösers im Futter erfolgen (--> Eliminationsdiät)

Bildet sich trotz allem ein "Hot spot", wird er in der Regel frühzeitig bemerkt und entsprechend behandelt, ehe er sich weiter ausbreitet oder Komplikationen auftreten.

Juckreiz (Pruritus)

Was ist Juckreiz und wie wird er hervorgerufen?
"Juckreiz ist eine unangenehme Empfindung, die den Wunsch zu kratzen erweckt" (Samuel Hafenreffer, 1587-1660) - diese Definition ist auch heute noch aktuell.

Juckreiz gehört zu den quälendsten Empfindungen und ist gleichzeitig einer der häufigsten Gründe, den Hund oder die Katze beim Tierarzt/der Tierärztin vorzustellen. Seine Ursachen sind sehr vielfältig, ebenso die Mediatoren, die ihn hervorrufen - dementsprechend gibt es auch nicht das Medikament gegen Juckreiz, das bei allen Patienten gut und zuverlässig wirkt.

Was sind die häufigsten Ursachen für Juckreiz?

Hauptursachen für Juckreiz beim Hund sind Ektoparasiten (v.a. -->Flöhe, -->Sarcoptesmilben, -->Cheyletiellen) , gefolgt von Allergien (--> Atopische Dermatitis, -->Futterallergie/-unverträglichkeit) und Infektionen mit Bakterien und --> Malassezien.

Seltenere Ursachen sind manche Infektionen (beispielsweise die Aujeszky´sche Krankheit nach Verzehr nicht genügend erhitzten Schweinefleischs), Hirntumore und manche Hauttumore (v.a. epitheliotropes Lymphom und Hautmetastasen von Mammakarzinomen).

Juckreiz hat häufig mehrere der genannten Ursachen gleichzeitig (--> Atopische Dermatitis, Schwellen-Mühlrad-Effekt). 

Eine konsequente Abklärung, welche Faktoren beim jeweiligen Patienten zum Juckreiz beitragen (beispielsweise Malassezien als Sekundärinfektion bei chronischer Sarcoptesräude oder chronischer Atopischer Dermatitis), und deren gezielte Therapie zeichnen Dermatolog*innen aus. 

Es versteht sich von selbst, dass allergisch bedingter Juckreiz einer anderen Therapie bedarf als der parasitär bedingte oder der durch Bakterien oder Malassezien hervorgerufene - hier sind unterschiedliche Mediatoren von Bedeutung, dementsprechend wird der Juckreiz beispielsweise bei einer Malassezien-Dermatitis nicht durch Cortisongaben gebessert, wohl aber durch eine Behandlung mit Malassezienwirksamen Präparaten wie beispielsweise Azolen. 

Sogenannte `aggravierende Faktoren` wie Feuchtigkeit auf der Haut, v.a. in Hautfalten oder durch Schwitzen der Haut, Stress, Langeweile, Nervosität, trockene Haut (wie bei manchen älteren Menschen, die alleine durch trockene Haut unter Juckreiz leiden) sowie vermehrte Wärme können den Juckreiz verstärken.


Malassezien-Dermatitis

Was sind Malassezien?
Malassezien sind Hefepilze oder Sprosspilze. Im Gegensatz zu den "echten" Hautpilzen (Dermatophyten) bilden sie kein Myzel und sind nicht ansteckend. Hefepilze gehören zum kutanen Mikrobiom von Hunden und Katzen, sind also normale Mitbewohner, die unmittelbar nach der Geburt von der Mutter auf die Welpen übertragen werden. Ähnlich wie bestimmte Bakterien, v.a. Staphylococcus pseudintermedius, sind Malassezien opportunistisch pathogen. Das bedeutet, dass sie sich stark vermehren, wenn sie dazu die Gelegenheit bekommen, und dann Entzündungsreaktionen und Juckreiz hervorrufen. 

Malassezia pachydermatis ist die wichtigste Malassezienart beim Hund. Er ist lipophil, liebt also besonders fettige Haut und Gehörgänge mit viel Cerumen (Ohrschmalz).
Sein charakteristisches erdnussförmiges Aussehen bei einer Größe von 2-5 µm macht M. pachydermatis im zytologischen Präparat unverwechselbar.

 


Typisch sind das erdnussförmige Aussehen und das variable Färbeverhalten bei Malassezien


Wo kommen Malassezien vor?
Das natürliche Reservoir von M. pachydermatis sind bei gesunden Hunden v.a. Schleimhäute (Lippen, Vaginal- und Analschleimhaut), Zwischenzehenbereich, Krallenbetten und Gehörgang.

Bei gesunden Katzen können M. pachydermatis und M. sympodialis auf der Haut (v.a. im Gehörgang) und Schleimhäuten isoliert werden, möglicherweise in größerer Zahl bei immunsupprimierten Tieren mit FeLV-/FiV-Infektionen, aber zunehmend mehr auch bei Katzen mit Allergien.

Wie viele Malassezien sind normal?
Es gibt große Unterschiede in der Malassezienzahl auf der Hautoberfläche, abhängig u.a. von der Rasse und von manchen Hauterkrankungen: So ist die Malassezienpopulation auf Haut und Schleimhäuten bei gesunden Bassets signifikant höher als bei gesunden Irish Settern, Hunde mit atopischer Dermatitis beherbergen oft signifikant mehr Malassezien als nicht-atopische, woraus geschlossen wurde, dass es einen Zusammenhang zwischen atopischer Dermatitis und der Neigung zu Malassezienbesiedlung, evtl. auch Malassezien-Dermatitis gibt.

Eine sekundäre Malassezien-Dermatitis und/oder -Otitis ist bei prinzipiell allen Hauterkrankungen, die entsprechende günstige Lebensbedingungen für diese Hefepilze schaffen, möglich.

Vor allem bei den als prädisponiert geltenden Rassen Cockerspaniel, Westhighland White Terrier, Labrador, Basset und Neufundländer mit ihrer Neigung zu fettiger Haut geht man mittlerweile auch von der Möglichkeit einer primären Malassezien-Dermatitis aus.

Was fördert eine Proliferation der vorhandenen Malassezien?

  • erhöhte Feuchtigkeit auf der Hautoberfläche (Faltenbildungen, Hyperhidrosis bei atopischer Dermatitis etc.)
  • erhöhte Umgebungstemperatur
  • erhöhte Produktion von Hautfetten
  • andere Hauterkrankungen (v.a. Allergien, insbesondere mit gleichzeitigen bakteriellen Sekundärinfektionen, primäre Keratinisierungsstörungen, Hormonstörungen)

Wieso riechen Hunde mit Malassezien-Dermatitis häufig so unangenehm?
Die Oxidation der Fettsäuren in der Haut durch die Malassezien und die Wirkung der zahlreichen von ihnen produzierten Enzyme, v.a. Proteasen und Lipasen, lassen kurzkettige Fettsäuren entstehen, die einerseits den typischen "ranzigen" Geruch des Patienten verursachen, andererseits die Haut irritieren, Entzündungen weiter fördern, evtl. zusätzlich allergische Reaktionen auslösen, also den Pruritus (Juckreiz) weiter verstärken. Ein Teufelskreis, der zunächst nur durch Behandlung der Malassezien zu durchbrechen ist.

Wie sieht eine Malassezien-Dermatitis aus?
Charakteristisch sind entzündlich veränderte, mehr oder weniger gerötete, meist juckende Hautveränderungen bei feuchter oder fettiger Haut, oft bedeckt von gelblichen, schmierigen Belägen. Werden derartige Veränderungen chronisch, kommen auch Haarlosigkeit, Verdickung und Schwarzfärbung der Haut und die Bildung von neuen Hautfalten (beispielsweise unter dem Hals oder an den Beinen) hinzu. 

Chronische stark juckende Entzündungen bei einem Mischling mit Futterunverträglichkeit/-allergie - hier Sekundärinfektionen mit Bakterien und Malassezien

Betroffen sind vorwiegend Hautbezirke, in denen die fakultativ pathogenen Malassezien günstige Lebensbedingungen finden: Alle Hautfalten (Scheidenfalte, Lefzenfalte, Falten am Unterhals ...) sind besonders "anfällig".

Zudem ist im Bereich der genannten Malassezienreservoire, in denen die Malassezienzahl naturgemäß schon höher ist, mit Neigung zu den genannten Dermatitiden und dem damit verbundenen Pruritus zu rechnen, also insbesondere im Bereich von Rutenunterseite/Perianalbereich, Pfoten (v.a. zwischen und unter den Zehen) und der äußeren Gehörgänge.

 
Malassezien-Dermatitis mit starkem Juckreiz bei einem Cocker Spaniel mit CAD

Bei welchen Symptomen sollte unbedingt auch an Malassezien gedacht werden?
Bei

  • Hunden mit atopischer Dermatitis oder Futterunverträglichkeit/-allergie und Rötungen/Juckreiz im Interdigitalbereich (Zwischenzehenbereich), an der Rutenunterseite und bei Otitis externa (Entzündung der Gehörgänge),
  • Juckreiz im Analbereich (besonders bei unveränderten Analbeuteln!) und an der Rutenunterseite
  • starkem Pruritus im Bereich des Kopfes, Lefzenentzündung, "Brillenbildung" 
  • "Pfotenlecken" und Krallenbettentzündungen
  • bräunlichen, fleckigen Verfärbungen der Krallen (sehr gut zu beobachten bei Westhighland White Terriern, Bullterriern und generell allen Hunden mit nicht-pigmentierten Krallen)
  • allen Hautfaltenentzündungen mit Juckreiz
  • Hautveränderungen mit Rötungen, Juckreiz und gelblich-schmierigen Belägen, v.a. bei den genannten prädisponierten Rassen
  • allen chronischen und/oder übelriechenden Veränderungen
  • Otitis externa/Othämatom/"Hot spot" im Bereich der Wange

 

Krallenbettentzündungen und fleckige Verfärbungen von Krallen sind sehr oft Malassezien-bedingt


Wie werden Malassezien nachgewiesen?

Die Diagnose von Malassezien ist keine Blickdiagnose und auch keine "Geruchsdiagnose"!

Nachweisverfahren der Wahl ist die --> zytologische Diagnose von Abklatsch- oder Abrollpräparaten, die sehr viel schneller, einfacher, zuverlässiger und kostengünstiger als kulturelle Untersuchungen ist. Der Nachweis von Malassezien in Biopsien gelingt wegen ihrer oberflächlichen Lebensweise in der Regel nicht!


Wie werden Erkrankungen durch Malassezien behandelt?
Ähnlich wie S. pseudintermedius ist M. pachydermatis wie gesagt normaler "Mitbewohner" von Haut/Schleimhaut und an diese biologische Nische hervorragend adaptiert, so dass eine dauerhafte Eradikation zweifellos illusorisch ist.

Vielmehr muss versucht werden, die Zahl der Malassezien so zu reduzieren, dass sie keine klinischen Symptome (Entzündung, Pruritus etc.) mehr hervorrufen bzw. keine allergischen Reaktionen mehr auslösen.

Da Malassezien-Dermatitiden und -Otitiden bis zum Beweis des Gegenteils sekundär sind, ist die Diagnose und Therapie der Primärerkrankung (allergische Erkrankungen, seborrhoische Erkrankungen/Veränderungen, Parasitosen) bzw. der prädisponierenden Faktoren (Faltenbildung, Adipositas etc.) unverzichtbar.

Die örtliche (topische) Therapie sollte in jedem Fall durchgeführt werden, bei kleinen oder lokalisierten Veränderungen oder bei Otitis externa häufig als alleinige Therapie, bei Tablettengabe unterstützend. Mikonazol, Ketokonazol, Enilkonazol, Clotrimazol und Chlorhexidin (falls Konzentration 2% oder darüber) sind gut malassezienwirksam. Großflächige oder generalisierte Veränderungen werden i.d.R. mit Shampoos therapiert (Chlorhexidin 4%ig, Chlorhexidin-Miconazol, Essigsäre-Borsäure-Kombinationen etc.).

Welche Kontrolluntersuchungen sind erforderlich?
Kontrolluntersuchungen einschließlich zytologischer Untersuchungen empfehlen sich zu Beginn der Behandlung alle 1-2 Wochen, später dem Verlauf angepasst.
Bei systemischer Therapie - normalerweise mit Tabletten - empfehlen sich zusätzlich Kontrollen von Blutbild und Leberwerten vor Beginn der geplanten Therapie und dann zunächst in kürzeren Intervallen (erstmals nach 1-2 Wochen), später dem Verlauf angepasst.

Wer benötigt eine Dauertherapie?
Dauertherapien sind bei Patienten mit nicht korrigierbaren Primärerkrankungen (beispielsweise Cockerspaniel oder Westhighland White Terrier mit primärer Seborrhoea oleosa) oder prädisponierenden Faktoren häufig erforderlich.

Auch Hunde mit einer Primärerkrankung, die per se therapierbar ist, bei denen sich aber mittlerweile hochgradige chronische Veränderungen entwickelt haben, sind nicht selten auf eine Dauertherapie angewiesen, die selbstverständlich zusätzlich zur Therapie der primären Erkrankung durchgeführt wird.

Häufig können derartige Erkrankungen mit einer niedrigen Dosis Ketokonazol alle 7-14 Tage "gemanagt", d.h. weitgehend oder ganz unter Kontrolle gebracht werden.

Durch konsequente topische Therapie mit malassezienwirksamen Shampoos oder mit allen Maßnahmen, die einer Proliferation (Vermehrung) der Hefepilze entgegenwirken (beispielsweise Gewichtsreduktion bei Hautfalten durch Adipositas) können in den meisten Fällen die systemischen Medikamente in der Dosis reduziert, so Kosten eingespart und potentiellen Nebenwirkungen entgegengewirkt werden.

Gerade bei Hunden, die eine längere oder eine Dauertherapie benötigen, sind regelmäßige klinische und zytologische Kontrollen und eventuell eine Anpassung des Therapieplans durch den behandelnden Dermatologen/die behandelnde Dermatologin unbedingt erforderlich.

Gibt es vorbeugende Maßnahmen?
Bei Hunden, die den prädisponierten Rassen angehören und bei denen eine primäre Malassezien-Dermatitis vermutet wird, kann zusätzlich versucht werden, über eine Umstellung der Ernährung, d.h. über die Zugabe essentieller Fettsäuren, die individuelle Zusammensetzung der gebildeten Fettsäuren zu verändern.

Hierdurch erhofft man sich eine weniger attraktive Fettsäurenzusammensetzung und demzufolge eine verringerte Malassezienzahl, also weniger entzündliche Veränderungen und damit weniger Pruritus. Größere kontrollierte Studien mit dieser Therapie fehlen allerdings bislang.









Katzenspezifische Reaktionsmuster 2: Miliare Dermatitis und selbstinduzierte Exkoriationen/Ulzerationen im Kopf-Hals-Bereich

Die miliare Dermatitis (MD) ist ein Reaktionsmuster, das oft eher gefühlt als gesehen wird: betroffene Katzen zeigen kleine, oft verkrustete Papeln ohne Haarverlust, die sich vor allem im Bereich des Rückens und seltener im Bauchbereich befinden.

Auch bei diesem Reaktionsmuster ist wie bei der FSA das restliche Fell von guter Qualität.

Miliare Dermatitis mit Papeln im Rückenbereich (das umgebende Fell wurde zur besseren Darstellung angefeuchtet und ist von guter Qualität)

Abzuklären als Ursache sind - wie bei allen katzenspezifischen Reaktionsmustern - als erstes Ektoparasiten, insbesondere Flöhe und Cheyletiellen (auch bei reinen Indoor-Katzen!), bei negativem Ergebnis sollte unbedingt eine konsequente mindestens sechswöchige Flohbehandlung durchgeführt werden, ehe weitere mögliche Ursachen wie Allergien abgeklärt werden.

Auch die MD kann mit anderen katzenspezifischen Reaktionsmustern zusammen vorkommen.

Die selbstinduzierten Exkoriationen/Ulzerationen im Kopf-Hals-Bereich (FSU) gehören zu den dramatischsten Hautveränderungen der Katze: Hier bearbeitet die Katzen häufig mehrere Stellen im Bereich des Kopfs (meist Wange oder Schläfe) sowie des Halsbereichs so extrem, dass tiefe, eventuell sogar ulzerierte Wunden mit starker Blutung entstehen. Diese Veränderungen finden sich ausschließlich im Bereich von Kopf und Hals und neigen natürlich stark zu Sekundärinfektionen.

Multiple Veränderungen im Kopf-Hals-Bereich bei einer Katze mit FSU

Anders als bei der FSA findet diese "Selbstverstümmelung" auch in Anwesenheit des Tierhalters/der Tierhalterin statt.

Wie bei den übrigen Reaktionsmustern sind als Ursache als erstes Parasiten, wegen der Lokalisation Ohrmilben, Notoedresmilben und Cheyletiellen sowie natürlich Flöhe zu nennen und entsprechende Untersuchungen bzw. eine diagnostische Therapie durchzuführen.

Die nächstwahrscheinliche Ursache ist dann eine "Futterallergie", deren Abklärung insbesondere bei Katzen mit Freigang eine große Herausforderung darstellen kann (s. dort).

Die Therapie erfolgt wie bei den anderen Reaktionsmustern beschrieben, allerdings sind zwei Dinge zusätzlich zu bedenken: 

- eine konsequente Therapie der Sekundärinfektionen ist unerlässlich (hier sind systemische Antibiotika meist unverzichtbar, die zusätzlich zu einer lokalen Therapie eingesetzt werden)

- die Katze muss unbedingt an der weiteren Selbsttraumatisierung gehindert werden. Halskragen sind in der Regel keine gute Wahl, da sie im betroffenen Gebiet scheuern können und in den meisten Fällen eine Selbsttraumatisierung nicht stoppen. Geeignet sind leichte Verbände oder "Halswickel", die in Absprache mit dem Tierarzt/der Tierärztin gewählt werden sollten. Sehr gut bewährt haben sich die sogenannten "Soft claws", Plastikkappen, die es in vielen Farben und unterschiedlichen Größen gibt und die mit einem Spezialkleber auf die Krallen der Hinterbeine aufgeklebt werden. So kann die Katze sich noch etwas kratzen, aber nicht mehr diese massiven Verletzungen zufügen.

Auf keinen Fall dürfen Soft claws bei Katzen mit Freigang angebracht werden - sie könnten damit im Notfall keinen Baum mehr erklimmen und damit ihr Leben retten!

 

Soft claws gibt es in verschiedenen Größen und zahlreichen Farben  - die Besitzerin dieser Katze hat unter anderem diese Farbe gewählt, weil sie so schnell erkennen kann, ob noch alle Plastikkrallen vorhanden sind oder eine fehlt

Ohrerkrankungen (Otitis externa)

 

Was sind Ohrmilben?

Ohrmilben (Otodectes cynotis) sind hochansteckende Milben, die sichtbare Ohrentzündungen vorwiegend bei Jungtieren verursachen. Ältere Tiere hingegen sind oft asymptomatische Carrier (nicht-erkrankte Milbenträger und -überträger). Ohrmilben werden vorwiegend über direkten Kontakt von Tier zu Tier übertragen. Sie sind nicht wirtsspezifisch, können also Hunde, Katzen, Frettchen etc. befallen, was für die Therapie von entscheidender Bedeutung ist (s.u.).

Ohrmilben sind bei Katzen die häufigste Ursache für Ohrentzündungen, bei Hunden nur in etwa 10% der Fälle. 

 
Mehrere Ohrmilben im Ausstrichpräparat einer Katze mit Otitis

Welche Symptome sind typisch?
Wie werden Ohrmilben nachgewiesen?


Charakteristisch bei Otodectes-bedingten Ohrentzündungen sind starker Juckreiz und schwarzes, krümeliges, "Kaffeesatzartiges" Ohrsekret.
Der Milbennachweis (mikroskopische Untersuchung eines Ohrabstriches, wenn man nicht schon mit dem Otoskop die Milben hat sehen können) sollte unbedingt bei jedem Verdacht erfolgen, da auch zahlreiche andere Erreger wie z.B. Hefepilze ähnlich aussehende Ohrentzündungen verursachen können!

Obwohl sich Ohrmilben bevorzugt im Ohr aufhalten, können sie auch außerhalb des Gehörganges als "ektopische" Ohrmilben speziell bei Katzen heftigen Juckreiz und allergische Reaktionen hervorrufen.

Wer kann Ohrmilben bekommen?

Ohrmilben sind nicht wirtsspezifisch, sondern befallen Hunde, Katzen, Frettchen, Meerschweinchen etc. gleichermaßen. Werden bei einem Tier im Haushalt Ohrmilben festgestellt, sollten unbedingt alle übrigen konsequent mitbehandelt werden, um nicht als asymptomatische Carrier als Milbenreservoir zu dienen. Nur in Einzelfällen ist die Behandlung der Umgebung mit einem Kontaktinsektizid erforderlich.

Auch Ohrmilben sind Zoonoseerreger: Menschen sind - wie bei Sarcoptesmilben und Cheyletiellen - Fehlwirte, die Milben können sich auf ihnen nicht weiterentwickeln und sterben ab. Betroffene können aber stark juckende Papeln und nicht durch Kleidung geschützten Körperteilen entwickeln.

Wie werden Ohrmilben behandelt?

Besteht der Verdacht auf ektopische Ohrmilben oder lässt sich ein Tier nicht gründlich mit Ohrmedikamenten behandeln, stehen verschiedene hochwirksame Substanzen als Spot-on oder Tabletten zur Verfügung.
Wie bei den anderen Milbenarten, sollte die Behandlung mindestens so lange konsequent durchgeführt werden, wie der Entwicklungszyklus der Parasiten dauert (21 Tage) und erst beendet werden, wenn keine Milben mehr nachweisbar sind. Und: alle empfänglichen Kontakttiere müssen mitbehandelt werden

 

Otitis externa

Eine Otitis (Ohrentzündung) gehört zu den häufigsten Problemen beim Hund. Sie sollte grundsätzlich nicht "auf Verdacht" mit Ohrmedikamenten behandelt werden! Eine Otoskopie (Untersuchung beider Ohren mit dem Otoskop) und die  --> zytologische Untersuchung einer Probe des Ohrsekrets sollte vor jeder Behandlung stehen. Spätestens dann, wenn eine Otitis rezidiviert oder nicht wunschgemäß abheilt, ist eine gründliche Abklärung angesagt, siehe "die drei P".

Aufbau des Ohres

Der äußere Gehörgang ist bis zum Trommelfell Teil der äußeren Haut und reagiert bei allen Erkrankungen, die auch die Haut betreffen, mit - beispielsweise bei Allergien oder hormonellen Erkrankungen. Beim Hund stellt er ein bis zu 14 cm langen Zylinder dar, der sich in zwei Teile gliedert: der vertikale Teil beginnt an der Gehörgangsöffnung und geht dann nach einem Knick in den horizontal verlaufenden Teil über, der am Trommelfell endet.

Das Trommelfell bildet die Grenze zwischen dem äußeren Gehörgang und dem Mittelohr. Dieses ist mit Schleimhaut ausgekleidet und dementsprechend deutlich empfindlicher als der mit Haut ausgekleidete äußere Gehörgang, was insbesondere bei der Wahl der Medikamente eine entscheidende Rolle spielt.

Eine Otitis sollte so früh wie möglich gut und konsequent abgeklärt und behandelt werden, damit sie nicht chronisch wird und dann mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das Mittelohr übergreift. Chronische Veränderungen können u.a. zu Verengung und Verknöcherung des Gehörganges und zu Eiteransammlungen im Mittelohr führen. Das bedeutet in vielen Fällen, dass der komplette veränderte Gehörgang chirurgisch entfernt werden muss, um dem Patienten weitere Schmerzen und Leiden zu ersparen.

 

Die drei "P"

Sie bilden seit vielen Jahren die Basis einer guten und erfolgreichen Otitisbehandlung. Sie sollten bei jedem Hund so exakt wie möglich definiert und wenn möglich beseitigt werden, das erhöht den Therapieerfolg ungemein.

1. Prädisponierende Faktoren 

Prädisponierende Faktoren verändern das Mikroklima im Gehörgang und erhöhen die Wahrscheinlichkeit für Entzündungen und Infektionen. Zu ihnen zählen beispielsweise anatomisch bedingte sehr enge und/oder lange Gehörgänge (Shar Pei, DSH...), "Schwimmerohren" (bei Hunden, die gerne schwimmen und tauchen, die Feuchtigkeit im Gehörgang weicht das Epithel auf und begünstigt eine Infektion mit Bakterien und Malassezien), Fremdkörper, übermäßiges Haarwachstum im Gehörgang sowie unter Narbenbildung ausgeheilte Othämatome, die die Belüftung reduzieren.

2. Primärerkrankungen

Sie sorgen dafür, dass insbesondere durch entzündliche Veränderungen gute Lebensbedingungen für die vorhandenen Keime geschaffen werden. Zu den wichtigsten Primärerkrankungen gehören Allergien (insbesondere --> Atopische Dermatitis und -->Futterunverträglichkeit/-allergie), aber auch Endokrinopathien (--> Hypothyreose,--> Cushing-Erkrankungen, funktionelle Hodentumore), Keratinisierungsstörungen etc.

 

 

Allergien gehören zu den häufigsten Primärerkrankungen bei Otitis

 

3. Perpetuierende Faktoren

Sie sorgen dafür, dass die Otitis nicht abheilt, womöglich weiter fortschreitet und auf das Mittel- oder eventuell sogar Innenohr übergreift. Zu ihnen zählen Infektionen mit Bakterien, v.a. mit kleinen und oft multiresistenten Stäbchen wie Pseudomonas spp, Keimreservoire im Mittelohr sowie chronische Veränderungen des Gehörgangs (Taschenbildungen, Verengungen, Verkalkungen etc.).

Chronische Otitis mit Fibrose und Verkalkungen im Bereich des äußeren Gehörgangs sowie einer chronischen Mittelohrentzündung

Bei der mikroskopischen Untersuchung des Ohrabstrichs finden sich wie erwartet zahlreiche Bakterien (Kokken und kleine Stäbchen); hier ist ein CT zur Beurteilung des Mittelohrs unbedingt anzuraten

 

Welche Therapie ist sinnvoll?

Bei unkomplizierten Otitiden ist eine Otoskopie beim wachen Hund in der Regel kein Problem, es erfolgt eine Probenentnahme zur zytologischen Untersuchung (zur kulturellen Untersuchung nur in Ausnahmefällen) und abhängig von dem Ergebnis dann die Auswahl eines geeigneten Ohrreinigers und -medikaments. 

Der Behandlungserfolg wird otoskopisch und zytologisch alle 2-3 Wochen kontrolliert, die Therapie sollte erst dann beendet werden, wenn dies von tierärztlicher Seite empfohlen wird. Ebenso wichtig ist natürlich die Besprechung und ggf. Korrektur von Prädisponierenden Faktoren, wenn möglich, und von Primärerkrankungen. 

Bei chronischen Otitiden und bei Verdacht auf eine Otitis media sind die Ohren oft so schmerzhaft, dass eine Otoskopie und Ohrreinigung ohne Sedation nicht möglich ist. Mitunter (bei stark geschwollenen Gehörgängen) müssen zuerst abschwellende Medikamente in Tablettenform für 7-10 Tage verabreicht werden, ehe eine korrekte Otoskopie durchgeführt werden kann. Sie wird in vielen Fällen mit einem Video-Otoskop durchgeführt und mit einer sorgfältigen Spülung kombiniert, erfordert also eine Narkose.

Je nach Befund und je nach vorherigem Verdacht auf eine Otitis media ist bei diesen Patienten auch eine Untersuchung des Mittelohrs mit bildgebenden Verfahren (CT!) indiziert.

Die Behandlung einer chronischen Otitis externa/media ist langwierig und aufwendig, bedarf nicht selten mehrerer Spülungen und Kontrollen in Narkose und einer begleitenden Therapie mit systemischen Medikamenten.

Ist das Mittelohr mit betroffen oder besteht auch nur der Verdacht darauf, weil das Trommelfell nicht darstellbar ist, dürfen die meisten der kommerziell erhältlichen Ohrmedikamente nicht mehr angewendet werden, da sie das empfindliche Mittelohr schädigen und neurologische Symptome, aber auch im ungünstigen Fall eine persistierende Taubheit hervorrufen können. Hier sind - wieder um nach zytologischem und eventuell kulturellem Befund - spezielle Ohrmedikamente angezeigt.

Auch bei chronischer Otitis externa/media gilt natürlich: Therapiekontrollen in regelmäßigen Abständen und Therapieende erst nach vorheriger Abschlussuntersuchung und die Abklärung der 3 "P" sind ein absolutes Muss.

 

Sollte ein gesundes Ohr gereinigt werden?

Das gesunde Ohr verfügt über einen Selbstreinigungsmechanismus, reinigt sich also selbst und braucht keine Hilfe von außen.  Da der äußere Gehörgang aufgebaut ist wie die äußere Haut, erneuert sich seine Epidermis auch alle 21-22 Tage komplett. Die neuen Epidermiszellen werden unmittelbar vor dem Trommelfell gebildet und wandern dann im Laufe der Erneuerung schräg in Richtung Gehörgangsöffnung. Auf diesem Weg nehmen sie auch das Sekret der modifizierten Talg- und Schweißdrüsen im Gehörgang, kleinste Fremdkörper etc. mit in Richtung Gehörgangsöffnung.

Falsche Reinigungstechnik und ungeeignete "ohrpflegende" Präparate können diesen Mechanismus stören und dann zum prädisponierenden Faktor einer Otitis werden!

 

Pilzinfektionen (Dermatophytosen)

Welche Erreger werden bei Hautpilzerkrankungen am häufigsten nachgewiesen?
Wo leben sie?


Dermatophyten sind ansteckende Pilze der Gattungen Trichophyton oder Microsporum , befallen also ausschließlich keratinisiertes Gewebe (Haut, Krallen, Haare), keine anderen Gewebe oder innere Organe. Alle relevanten Dermatophyten sind hochansteckend und Zoonoseerreger! Das bedeutet, dass sie sorgfältig diagnostiziert und konsequent behandelt werden müssen, was zur tierärztlichen Sorgfaltspflicht gehört.

Je nach Ursprung unterscheidet man zoophile Dermatophyten (Ursprung Tier), geophile Dermatophyten (Ursprung Boden) und anthropophile Dermatophyten (Ursprung Mensch).

Eine exakte Bestimmung des Dermatophyten sollte bei jeder Pilzinfektion erfolgen, sie ermöglicht die gezielte Suche nach der Ansteckungsquelle (beispielsweise eine nicht sichtbar erkrankte Katze bei Microsporum canis) sowie eine bessere Einschätzung der Ansteckungsgefahr (am höchsten bei M. canis).

Die häufigsten Erreger bei Hunden und Katzen sind zoophile Dermatophyten: Mit Abstand der häufigste ist Microsporum canis (Katze in etwa 90%, Hund etwa 80% der Fälle), seltener Trichophyton mentagrophytes (zoophil) und Microsporum gypseum (geophil).

M. canis hat als Reservoir v.a. Katzen (die sehr oft asymptomatische Überträger sind), T. mentagrophytes  hingegen Nagetiere (Mäuse, aber auch Zwergkaninchen und Meerschweinchen, unter denen es auch viele asymptomatische Überträger gibt). M. gypseum dagegen ist geophil, d.h. sein Reservoir ist der Boden.

Wo und wie kann man sich anstecken?

Die Infektion erfolgt über den direkten Kontakt mit infektiösen Pilzsporen, also auf folgenden Wegen:

1. Über direkten Kontakt mit einem sichtbar infiziertem Tier oder mit einem asymptomatischem Überträger (Langhaarkatzen!)

2. Über Kontakt mit der infizierten Umgebung und über Vektoren (auch Kämme, Bürsten, Liegeplätze, Transportkörbe etc. ). Auch der Besuch bei Tierhaltern mit einem infizierten Tier bzw. einem asymptomatischen Überträger kann eine Infektion zur Folge haben.

Führt jeder Kontakt mit Pilzsporen zwangsläufig zu einer Infektion? Welche Faktoren begünstigen sie?

Nicht jeder Kontakt mit Dermatophyten führt auch zwangsläufig zu einer Infektion des betroffenen Tieres. Es gibt zahlreiche spezifische und unspezifische Abwehrmechanismen des Körpers, die eine Infektion verhindern sollen.
Verschiedene Faktoren hingegen prädisponieren eindeutig für eine Dermatophytose:

1. Intensiver oder wiederholter Kontakt mit anderen, potentiell infizierten Tieren, v.a. Katzen: Besonders gefährdet sind Langhaarkatzen, die Ausstellungen besuchen - verschiedenen Untersuchungen zufolge können bis zu 35 % der Tiere dort asymptomatische Überträger sein. Zudem kann der Stress natürlich zusätzlich eine Infektion begünstigen.

2. Alter (gefährdet sind v.a. sehr junge und alte Katzen)

3. Alles, was das Immunsystem schwächt:
a. Andere Erkrankungen, Verwurmungen, Parasiten, Fütterungs- und Haltungsmängel (schlechte Belüftung, wenig Sonne und frische Luft beispielsweise in Zuchtbetrieben), Stress (zu dichte Belegung, Besitzerwechsel etc.)
b. Immunsuppressive Medikamente (v.a. Zytostatika, Corticoide).
c. Infektionskrankheiten, die zu einer Verminderung der zellvermittelten Immunität führen, v.a. FeLV, FIV.

Die gezielte Suche nach solchen Faktoren und deren Korrektur, soweit möglich, können die Therapiedauer erheblich verkürzen.
Ist ein Tier hingegen FIV- oder FeLV-positiv, hat dies Konsequenzen im Hinblick auf Prognose und Auswahl der Medikamente, auch wenn die Virusinfektion selbst nicht heilbar ist.

Wie läuft eine Pilzinfektion ab?

Voraussetzung ist der Kontakt zwischen den Pilzsporen und Hautzellen bzw. Haaren. Frühstens 2 Stunden nach dem Kontakt keimen die Sporen aus, es bildet sich ein Filament, das in die verhornte äußerste Hautschicht und in die Haarbalgöffnung eindringt und in Richtung Haarwurzel weiterwächst.

Ermöglicht wird dies durch spezifische Enzyme, die Keratinasen, die die Haarrinde auflösen und den Pilzhyphen ermöglichen, auf und im Haar weiter vorzudringen. Wächst das Haar weiter, können die Hyphen bis zur inneren Wurzelscheide vordringen und dort Sporen bilden. 


Wie sieht eine Pilzinfektion aus?

Entsprechend dem Ablauf der Infektion ist bei einer "klassischen" Dermatophytose mit einer Schädigung der betroffenen Haare (Abbrechen, Haarausfall), Schuppen- oder Krustenbildung, zentrifugale Entzündungsreaktion mit zentral beginnender Abheilung und schwarzer Pigmentierung. Diese "klassischen" Veränderungen sind meist rund, oft multifokal oder konfluierend und haben einen Durchmesser von ca. 1-4 cm. Möglich sind eine Generalisierung der Läsionen, die Beschränkung auf nur 1 Körperteil oder unregelmäßige, diffuse Veränderungen.

Katzenwelpen mit haarlosen Stellen und Schuppen sowie abgebrochenen Haaren (Wurfgeschwister) bei Infektion mit Microsporum canis

Wesentlich häufiger auftretend als Ursache einer Follikulitis und per Blick nicht zu unterscheiden sind allerdings die wichtigsten Differentialdiagnosen Demodikose und bakterielle Follikulitis.

Eine Dermatophytose ist keine Blickdiagnose!  

Andere seltenere Manifestationen einer Hautpilzinfektion sind das sogenannte Kerion (ein lokalisierter, knotiger, entzündeter Bereich v.a. an Nase und Pfoten beim Hund), eine Onychomykose (Pilzinfektion der Krallen), Pseudomyzetome (Fremdkörperreaktionen auf Bruchstücke durch die Pilzinfektion zerstörter Haarbälge) .

Auch die katzenspezifischen Reaktionsmuster, insbesondere die --> miliare Dermatitis und die --> feline selbstinduzierte Alopezie können infolge einer Dermatophytose auftreten. Asymptomatische Überträger sind gerade bei Katzen häufig.

Entzündete, haarlose, krustöse Veränderung auf der Stirn bei einem Abessinier mit Microsporum canis-Infektion

 

Kerion an der Lefze eines Deutschen Schäferhundes 


Wie wird die Diagnose gestellt?

Zu den sogenannten Screening-Untersuchungen gehören --> Trichogramm und Wood´sche Lampe.

Die Wood´sche Lampe erzeugt Licht einer bestimmten Wellenlänge. Im positiven Fall wird eine apfelgrüne Fluoreszenz des Haarschaftes, nicht von Schuppen, gesehen. Diese Reaktion zeigen aber nur einige Stämme von Microsporum canis, so dass eine negatives Ergebnis niemals eine Pilzinfektion ausschließt. Zudem gibt es zahlreiche Fehlerquellen wie falsch-positive oder falsch-negative Reaktionen durch Salben, Shampoos etc., so dass diese Untersuchung nur bedingt zu empfehlen ist.

Untersuchung mit der Wood´schen Lampe


Die mikroskopische Untersuchung von Haaren (Trichogramm) kann eine Veränderung des Haarschaftes durch die von den Dermatophyten produzierten Keratinasen sowie eventuell auch Sporen zeigen. Sie bedarf aber einer gewissen Erfahrung. Ungeübte können sehr leicht Arthrosporen mit Pigmentgranula oder Fettkügelchen verwechseln!

Ein mit Microsporum canis infiziertes Haar unter dem Mikroskop - keine Trennung zwischen Haarmark und Haarrinde, bei stärkerer Vergrößerung sind die Pilzsporen zu sehen

 

Sicherung der Diagnose
Als sicherste Nachweismethode gilt der kulturelle Nachweis mit Differenzierung, der entweder im praxiseigenen Labor oder im Fremdlabor durchgeführt wird (-> s. Pilzkultur).

Alternativ kann auch eine sogenannte Dermatophyten-PCR durchgeführt werden, bei der DNA von Dermatophyten nachgewiesen und auch bei entsprechender Probenmenge und -qualität die Dermatophyten identifiziert werden können. Dieses Verfahren ist schneller als der kulturelle Nachweis, aber auch deutlich teurer.

Positive Pilzkultur im praxiseigenen Labor: typisch ist der Farbumschlag des Nährbodens von gelb nach rot gleichzeitig mit dem Wachstum der Kultur; welcher Dermatophyt gewachsen ist, wird mit einer weiteren mikroskopischen Untersuchung diagnostiziert

Der Nachweis von Dermatophyten in Gewebeproben gelingt trotz Spezialfärbung (PAS, Gomorri-Silberimprägnation) nicht in allen Fällen. Er stellt die beste Diagnostik bei den Sonderformen Kerion und Pseudomyzetom dar, differenziert den Dermatophyten allerdings nicht.

Warum sollte eine Pilzinfektion behandelt werden?

Selbstheilungen von einzelnen, lokalisierten Hautveränderungen bei Dermatophytosen sind bei gesunden, nicht immunsupprimierten Tieren zu erwarten, aber dauern verhältnismäßig lange: bei gesunden Hunden und kurzhaarigen Katzen i.d.R. mindestens 4 Monate, bei Langhaarkatzen 1,5 bis 4 Jahre.

Da der Verlauf einer Dermatophytose nicht-vorhersehbar ist und von den betroffenen Tieren und der infizierten Umgebung ein erhebliches Infektionsrisiko auch für den Menschen ausgeht, sollten Dermatophytosen grundsätzlich therapiert werden.

Bei immunkompetenten Menschen zeigt sich eine Pilzinfektion als runde, schuppig-krustige und meist deutlich juckende Hautveränderung, häufig wie hier am Unterarm

Wie wird eine Pilzinfektion behandelt?

Die Therapie der Dermatophytosen verfolgt das Ziel, die Infektion mit einem pathogenen, ansteckenden Erreger zu bekämpfen, diesen komplett zu eliminieren und Neuansteckungen zu vermeiden.

Die effektive Therapie von Dermatophytosen verfolgt 3 Ziele:

1. Beseitigung der infektiösen Haare und Schuppen und Reduktion der Verteilung in der Umgebung:
(-> Topische Therapie und Kürzen der Haare v.a. bei langhaarigen Tieren).

2. Schnellstmögliches Beenden der Infektion am betroffenen Tier selbst (-> Systemische Therapie mit pilzwirksamen Tabletten).

3. Verhinderung der Reinfektion des betroffenen und der Infektion anderer Tiere (und Menschen): (-> Umgebungsbehandlung).


Wie wird die topische Therapie durchgeführt?

Die reine punktuelle Behandlung sichtbar veränderter Stellen mit Salben oder Creme als alleinige Therapie ist nicht zu empfehlen: Die Pilzsporen, die sich auch an entfernteren Stellen im Fell befinden, werden mit dieser Behandlungsmethode nicht erreicht und so dem Auftreten neuer Veränderungen natürlich nicht vorgebeugt.

Die weitere Kontamination der Umgebung wird nicht verhindert, und die Gefahr einer Reinfektion und der Infektion anderer Mitbewohner des Haushalts besteht weiter, selbst wenn die ursprüngliche Veränderung abgeheilt ist.

Sinnvoller und gebräuchlicher sind Shampoobehandlungen (nach Kürzen der Haare auf 2-3 mm) mit geeigneten, pilzwirksamen Mitteln, die alle 5-7 Tage angewendet werden.  Sie werden passend zum individuellen Fall vom behandelnden Tierarzt/der behandelnden Tierärztin verordnet.

Entgegen der früher gebräuchlichen Methode werden die Patienten aus mehreren Gründen heute nicht mehr komplett geschoren (Verschleppen der Sporen, Setzen von Mikrotraumata, Stress durch Scheren oder durch Sedation, problematische Dekontamination der Praxisräume und der Schermaschine etc.). Ein Kürzen der Haare insbesondere bei langhaarigen Tieren wird empfohlen, sollte aber zuhause durchgeführt werden. 

Was ist bei der Auswahl der systemischen Therapie zu beachten?
Die Auswahl des Präparats zur systemischen Therapie muss auf den jeweiligen Einzelfall abgestimmt werden.

Bei Katzen zur Therapie der Dermatophytose zugelassen und empfohlen ist Itrakonazol, in der Regel werden alle Katzen im Haushalt damit therapiert, da eine konsequente Separation und Dekontamination in den wenigsten Fällen gegeben ist.

Bei Hunden werden entweder reine topische Therapien mit gut sporizid wirkenden Bädern oder Shampoos durchgeführt oder mit systemischen Präparaten (Itrakonazol, evtl. Ketokonazol...) kombiniert.


Wie werden asymptomatische Carrier und Kontakttiere behandelt?
Auch asymptomatische Carrier tragen nicht selten zu Reinfektionen des klinisch erkrankten Tieres bei, wenn sie nicht mitbehandelt werden. In Haushalten mit mehreren empfänglichen Tieren und in Katzenzuchten gilt, dass ein mit M. canis infiziertes Tier mit fast 100%iger Sicherheit die Infektion aller anderen Tiere bedeutet. Werden hingegen andere Dermatophyten nachgewiesen (M. gypseum, T. mentagrophytes), liegt die Infektionsrate bei den übrigen Tiere meist etwas niedriger.

Sämtliche empfänglichen Tiere desselben Haushalts sollten bei Nachweis von M. canis als infiziert angesehen und therapiert werden, um die aufwendigen und erfahrungsgemäß immer insuffizient durchgeführten Separationsmaßnahmen zu vermeiden.

Wie werden die infektiösen Pilzsporen in der Umgebung abgetötet?
Die Dekontamination der Umgebung ist ein essentieller Bestandteil der Therapie, stellt diese doch die wichtigste Quelle für Reinfektionen dar. Da die Pilzsporen v.a. von Microsporum canis unter günstigen Bedingungen jahrelang in der Umgebung infektionsfähig bleiben können, ist eine korrekte Umgebungsbehandlung die Voraussetzung einer erfolgreichen Eradikation des Erregers.

Die ESCCAP-Empfehlung Nr. 2, Bekämpfung von Dermatophytosen bei Hunden und Katzen, gibt entsprechende Richtlinien für die Therapie und die Umgebungsbehandlung vor, die frei online zugänglich sind. 

Folgendes Procedere hat sich sehr gut bewährt:

1. Entfernung sämtlicher als infektiös geltenden Gegenstände der Umgebung und Dekontamination:
Sämtliche Spielzeuge, Kratzbäume, Pflegeutensilien, Näpfe, Körbchen etc. sollten mit antimykotisch wirkender Seife (z.B. PVP-Iod-Seife) abgewaschen, abgespült und anschließend für mindestens 10 Minuten in eine geeignete fungizide Lösung eingelegt werden. Ist dies nicht möglich oder zu aufwendig, sollten die Gegenstände vernichtet werden. Decken, Bettzeug, Kleidung u.ä. sollten so heiß wie möglich gewaschen oder wenn möglich chemisch gereinigt werden.

2. Behandlung sämtlicher Oberflächen:
Diese sollten als nächstes sorgfältig abgesaugt werden (Staubsaugerbeutel verbrennen oder mit einer der genannten Lösungen tränken!), um möglichst viele Haare und Schuppen zu entfernen, und anschließend ebenfalls mit geeigneten fungiziden Lösungen abgewaschen werden. Dampfstrahler können verwendet werden, falls die Temperatur auf der Oberfläche der behandelten Fläche (nicht bei Austritt aus dem Gerät!) mindestens 43°C beträgt, was bei vielen Geräten nicht der Fall ist.

Alle Tiere sollten vor der Behandlung aus dem Raum entfernt werden und erst dann wieder Zugang erhalten, wenn sämtliche Oberflächen komplett getrocknet und der Raum ausgiebig gelüftet worden ist.
Auch sollten die Räume nacheinander dekontaminiert werden, nicht alle gleichzeitig. Sämtliche Aquarien, Terrarien und Vogelkäfige sollten wenn irgend möglich während der gesamten Therapie aus diesen Räumen entfernt werden.

Diese Maßnahmen sollten möglichst alle 2 Wochen wiederholt werden, solange auch die Tiere therapiert werden. Um den erforderlichen enormen Aufwand zu reduzieren, können auch sämtliche "entbehrlichen" Gegenstände, die einmal korrekt behandelt worden sind (Transportkäfige, Spielzeug, Kratzbäume) in einen geeigneten Raum, zu dem die Tiere keinen Zugang haben, gelagert werden.

Als wirksam getestet für die Umgebungsbehandlung wurden beispielsweise Enilconazol 2%, DanKlorix, Natrium Hypochlorit 10%, accelerated hydrogen peroxide. Nach einer umfangreichen Untersuchung der University of Wisconsin sind die meisten kommerziell erhältlichen, als pilzwirksam deklarierten Mittel für diese Umgebungsbehandlung ungeeignet.

Wie lange wird behandelt?
Die Behandlung aller Tiere und der Umgebung sollte so lange durchgeführt werden, bis die Kontrolluntersuchungen bei sämtlichen Tieren mindestens 2x im Abstand von 2 Wochen negativ waren.

Gibt es Impfungen gegen Pilzinfektionen?
Vakzinen sollen sowohl den Verlauf der Erkrankung verkürzen, als auch vor erneuten Infektionen schützen, und können als zusätzliche Maßnahme in entsprechenden Problembeständen hilfreich sein. Nach den ESCCAP-Richtlinien ist ihr Effekt allerdings mit Vorsicht zu sehen.  Entschließt man sich zu einer Vakzinierung, sollte diese auch korrekt durchgeführt werden, d.h. alle empfänglichen Kontakttiere sollten gleichzeitig behandelt und keinesfalls auf die empfohlene Boosterinjektion verzichtet werden.

 

Wegen mitunter schwerer Verläufe bei menschlichen Kontaktpersonen, insbesondere noch nicht voll immunkompetenten oder nicht mehr immunkompetenten bzw. immunsupprimierten Personen (Kindern, Senioren, Menschen mit Krebserkrankungen, Menschen unter immunsuppressiven Therapien...) sollte jeder Verdacht auf eine Dermatophytose durch entsprechende diagnostische Maßnahmen abgeklärt und im positiven Fall auch konsequent behandelt werden!

Pyodermien (bakterielle Hautinfektionen)

Was sind Pyodermien?

Pyodermien sind bakteriell bedingte Entzündungen der Haut. Je nach Tiefe und Form unterscheidet man

1. Oberflächenpyodermien (z.B. Hautfaltenentzündungen, bakterielle Überbesiedlung der Haut)

2. Oberflächliche Pyodermien (zu denen die sehr häufige bakterielle Follikulitis, "Haarbalgentzündung", gehört)

3. Tiefe Pyodermien (tiefe Follikulitis, Furunkulose, Zellulitis), bei denen die erste Schädigung durch S. pseudintermedius erfolgt und bei den tiefen, teils nach Ruptur der Wand des Haarfollikels auf die Lederhaut übergreifenden Entzündung auch andere Keime wie kleine Stäbchen (Pseudomonas spp, Proteus spp, E.coli) mit beteiligt sind.

 

Welche Erreger lösen Pyodermien aus?

Die häufigsten Erreger bei Pyodermien sind Staphylokokken. In mehr als 90% der oberflächlichen Pyodermien wird Staphylococcus pseudintermedius als ursächlicher Keim nachgewiesen.

Dieser Keim ist wie Malassezia pachydermatis Teil des sogenannten kutanen Mikrobioms, stellt also keine Ansteckung von außen dar, sondern gehört zur normalen Haut dazu. S. pseudintermedius wird unmittelbar nach der Geburt von der Mutter auf die Welpen übertragen und besiedelt dann die Haut.

Er gehört zu den fakultativ pathogenen Keimen, muss also permanent vom Immunsystem des Tieres so kontrolliert werden, dass er nicht in die Haut (insbesondere die Haarfollikel) eindringen und sich dort vermehren kann.

Wird eine bakterielle Hautentzündung (Pyodermie) diagnostiziert, ist also neben der Therapie die Frage zu klären, warum sie entstanden ist. Nur die Berücksichtigung und wenn möglich die Korrektur von Primärerkrankungen und prädisponierenden Faktoren führt letztlich zum Erfolg. 

Da S. pseudintermedius zum kutanen Mikrobiom gehört, ist bei der Diagnostik eine kulturelle Untersuchung in der Regel wenig zielführend - sie weist nur nach, dass der "normale" Hautkeim vorhanden ist, aber nicht, ob er an dem aktuellen Hautproblem beteiligt ist.   

--> Zytologische Untersuchungen hingegen klären, ob durch S. pseudintermedius auch tatsächlich eine Infektion und Entzündung hervorgerufen worden ist, sind also deutlich aussagekräftiger bei der Diagnostik. 

Durch Bakterientoxine geschädigte Neutrophile (Abwehrzellen) und viele dunkelblau gefärbte runde Bakterien (Kokken), die von den Abwehrzellen teilweise gefressen (phagozytiert) werden; typischer zytologischer Befund bei oberflächlicher bakterieller Entzündung

Bei tiefen Pyodermien finden die bereits erwähnten oft multiresistenten stäbchenförmigen Bakterien ideale Lebensbedingungen, der Wegbereiter dieser Entzündungen ist allerdings S. pseudintermedius.

 

Welche Faktoren begünstigen die Vermehrung von S. pseudintermedius? Bei welchen Erkrankungen ist eine Pyodermie möglich?

Wie Malassezia pachydermatis liebt S. pseudintermedius es feucht und warm, vermehrt sich also beispielsweise hervorragend in allen Hautfalten (Gesichtsfalten v.a. bei französischer Bulldogge, Mops, Boxer u.a. brachyzephalen Rassen, Lefzenfalte, Vulvafalte etc.).

Prinzipiell kann bei praktisch jeder Hauterkrankung eine bakterielle Sekundärinfektion auftreten:

Allergien mit ihren ersten Symptomen Rötung und Juckreiz sind gleichfalls ideal für die Vermehrung von S. pseudintermedius: Rötung bedeutet vermehrte Durchblutung, Wärme und Drüsenproduktion, Juckreiz eine Schädigung der epidermalen Barriere - Idealbedingungen für eine Infektion.

Bei vielen Endokrinopathien (v.a. --> Hypothyreose. --> Cushing-Erkrankung) kommt es zu einer Immunsuppression der Haut, was gleichfalls die Vermehrung der Bakterien und dann eine Infektion fördert. Das Gleiche gilt natürlich für die Behandlung mit immunsupprimierend wirkenden Medikamenten wie Glucocorticoiden, Zytostatika etc.

Eine --> Demodikose führt zu einer Vorschädigung des Haarfollikels und begünstigt eine bakterielle Sekundärinfektion.

Alle Ektoparasiten mit Juckreiz führen zu einer Schädigung der Barrierefunktion und begünstigen damit eine Infektion mit Bakterien.

 

Können sich andere Tiere oder Menschen anstecken?

Da S. pseudintermedius zum normalen Mikrobiom beim Hund gehört, geht man - abgesehen von der bereits erwähnten Übertragung von der Mutter auf den Welpen - nicht von einer Ansteckung aus.

Einen Sonderfall stellen sogenannte Problemkeime wie MRSP (Methicilliin-resistenter Staphylococcus pseudintermedius) dar: Sie sind gegen fast alle gängigen Antibiotika resistent und können diese Resistenzbildung auch an andere Bakterien weitergeben. Werden sie nachgewiesen, werden spezielle Maßnahmen empfohlen, um eine Übertragung dieser Keime auf andere Tiere oder den Menschen zu verhindern. Dies wird im individuellen Fall eingehend besprochen.

 

Welche Symptome sind zu erwarten?

Bei Oberflächenpyodermien wie Hautfaltenentzündungen sind Rötung, Erosionen, Krusten, evtl. schmierige Beläge und ein unangenehmer Geruch die Hauptsymptome. Juckreiz tritt in einem Teil der Fälle auf.

Bei der bakteriellen Follikulitis (Haarbalgentzündung) kommt es zu Papeln und Pusteln, nach deren Ruptur zu haarlosen geröteten Stellen, die m.o.w. rund sind, von innen nach außen entwickeln und im Randbereich Rötungen und Schuppen oder Krusten zeigen, im Zentrum oft bereits wieder abheilen und eine Schwarzfärbung aufweisen. Solche Veränderungen können diffus sein oder "mottenfraßähnlich" aussehen, v.a. bei Kurzhaarrassen. Der Juckreiz ist variabel und kann fehlend, leicht, mäßig oder stark sein.

Pustel, bei genauem Hinsehen kann man sogar Haare in ihrem Zentrum erkennen

Typische Veränderungen einer bakteriellen Follikulitis im Innenschenkelbereich

Bei kurzhaarigen Hunden sieht man bei bakterieller Follikulitis eine "mottenfraßähnliche Alopezie" - kleine, haarlose Bezirke oder eventuell ein insgesamt schütteres Fell

Tiefe bakterielle Infektionen zeigen haarlose Schwellungen, Rötungen, fistelnde Stellen, aus denen blutig-wässriges oder blutig-eitriges Sekret austritt und Schmerz. Allgemeinstörungen mit Fieber sind häufig, evtl. treten auch Symptome einer Sepsis oder Organschädigung auf.

 

Tiefe, fistelnde, schmerzhafte bakterielle Infektion (Boxer mit Demodikose)

 

Wann macht eine kulturelle Untersuchung mit Resistenztest Sinn?

Für die Diagnose einer oberflächlichen Pyodermie und die Auswahl des passenden Antibiotikums ist sie nicht erforderlich - hier reicht die --> zytologische Untersuchung und die empirische Auswahl eines gegen S. pseudintermedius wirksamen Antibiotikums aus, falls ein Antibiotikum überhaupt erforderlich ist.

Tritt eine oberflächliche Pyodermie zum wiederholten Mal auf, spricht sie auf ein "staphylokokkenwirksames" Antibiotikum nicht oder nur partiell an oder besteht eine tiefe Pyodermie, sollte auf jeden Fall eine kulturelle Untersuchung mit Antibiogramm erfolgen, damit das passende Antibiotikum ausgewählt oder eventuell MRSP-Träger identifiziert werden können.

Gesetzlich vorgeschrieben ist die kulturelle Untersuchung mit Resistenztest grundsätzlich, wenn bestimmte Antibiotika wie Fluochinolone oder Cephalosporine der dritten Generation eingesetzt werden sollen.

 

Wie wird therapiert?

Die Therapie richtet sich nach der Form der Pyodermie und dem Einzelfall:

Bei Oberflächenpyodermien reicht die lokale Therapie vollkommen aus. Je nach Lokalisation und Veränderung werden entsprechende wirkstoffhaltige Wipes, Pads, Schäume, Lösungen oder Puder gewählt, eventuell kombiniert mit antibakteriellen und/oder adstringierenden Gels oder Lotionen.

Oberflächliche Pyodermien werden mit entsprechenden medizinischen Shampoos initial alle 2-3 Tage und in den Tagen dazwischen ebenfalls mit Wipes, Pads, Lösungen, Puder oder Schaum behandelt. Reicht dies nicht aus, wird eine zusätzliche Behandlung mit "staphylokokkenwirksamen" Antibiotika verordnet.

Bei tiefen Pyodermien kommen antibakterielle warme Kompressen, im weiteren  Verlauf eventuell Shampoos, zum Einsatz. Bei ihnen ist die systemische Antibiose in fast allen Fällen unverzichtbar.

Corticoide sind wegen ihrer immunsuppressiven Wirkung in den meisten Fällen kontraindiziert.

 

Wie lange müssen Antibiotika gegeben werden?

Werden bei einer Pyodermie systemische Antibiotika (meist in Tablettenform) eingesetzt, gelten folgende Regeln:

Das Antibiotikum muss "hautwirksam" sein und korrekt dosiert und verabreicht werden.

Die Mindest-Behandlungsdauer mit Antibiotika bei oberflächlichen Pyodermien beträgt 21 Tage (7-10 Tage über das komplette Abheilen hinaus), bei tiefen Pyodermien meist Wochen bis Monate (2 Wochen über das komplette Abheilen hinaus).

Der Therapieerfolg wird alle 2-3 Wochen klinisch und zytologisch kontrolliert - wichtig insbesondere bei tiefen Pyodermien, wo gerade am Anfang die Besserung klinisch gar nicht schnell sichtbar ist.

Das Ende der Antibiotika-Gabe ist nicht, wenn die Tabletten zu Ende sind oder die Haare wieder nachwachsen und keine Entzündung mehr zu sehen ist, sondern wird durch die Abschlussuntersuchung beim Dermatologen/der Dermatologin und entsprechende zytologische Befunde bestimmt. Zu diesem Zeitpunkt wird dann auch ein Plan aufgestellt, der verhindern soll, dass die Pyodermie rezidiviert. Und natürlich erfolgt parallel die Suche nach der Primärerkrankung und wenn möglich deren Korrektur (--> Atopische Dermatitis, --> Hypothyreose, --> Futterunverträglichkeit/-allergie etc.).

Jede Pyodermie sollte als sekundär angesehen werden, d.h. sorgfältig nach einer Primärerkrankung gesucht werden!

Diese Maßnahmen zum verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika helfen mit, Resistenzentwicklungen vorzubeugen: wiederholte zu kurze Gaben von Antibiotika und die Unterdosierung von Antibiotika gehören zu den wichtigsten Ursachen für Resistenzbildungen bei den entsprechenden Keimen.

 

Sarcoptesräude (Scabies)

Wo kommen Sarcoptesmilben her und wie werden sie übertragen?

Sarcoptesmilben sind weltweit vorkommende, sehr wirtsspezifische Milben, die in zahlreichen sogenannten "Variationen" vorkommen, die nach ihrem jeweiligen Wirt benannt sind. So gibt es eine variatio hominis (Mensch, Erreger der Krätze), eine variatio bovis (Rind) etc. Sarcoptes scabiei variatio canis befällt Hunde, aber auch Füchse, Marder und Wölfe.

Übertragen werden die Milben entweder über direkten Kontakt mit einem befallenen Tier oder indirekt über die Umgebung - derzeit die mit Abstand häufigste Ansteckungsquelle.

Wildtiere (Füchse, Wölfe und Marder) leiden oft unter einer Sonderform der Sarcoptesräude mit starker Krustenbildung v.a. an den Ohren. Diese Krusten beherbergen zahlreiche Milben und bieten ihnen hervorragenden Schutz. Zugleich sind sie für Hunde natürlich ausgesprochen attraktiv und werden näher untersucht.

Werden die Krusten abgekratzt, -gescheuert oder -geschüttelt, verbleiben über Tage hinweg ansteckungsfähige Milben in der Umgebung. Der Hautkontakt mit einer einzigen "schwangeren" weiblichen Milbe reicht für eine Ansteckung aus. 

 

Wo leben Sarcoptesmilben?

Sarcoptesmilben leben auf der Hautoberfläche und innerhalb der obersten Schichten der Epidermis, wo die weiblichen Tiere Bohrgänge graben, in die sie ihre Eier ablegen. Aus diesen schlüpfen die Larven, die sich wieder an die Hautoberfläche begeben und sich über das Nymphenstadium letztlich in erwachsene Milben verwandeln. Dieser Zyklus spielt sich auf dem Wirtstier ab (alle Sarcoptesmilben sind sogenannte obligate Parasiten) und dauert ca. 21 Tage. Doch auch außerhalb des Wirtes können die Milben relativ lange überleben (bis zu 19 Tagen). Optimal für sie sind hohe Luftfeuchtigkeit und Temperaturen um 10°C.

 
Wie sieht eine Sarcoptesräude aus?

Klassisch für Sarcoptesräude ist hochgradiger Juckreiz, er ist mit kaum einer anderen Hauterkrankung zu vergleichen. Er bleibt ganzjährig unverändert stark und zeigt ein typisches Verteilungsmuster: Ohrränder und -spitzen, die Außenseite der  Gliedmaßen (v.a. Ellenbogen und Sprunggelenke) und Bauch sind am stärksten betroffen, eine Generalisierung in chronischen Fällen ist möglich.

Infolge der Selbsttraumatisierung folgen sehr schnell starke Entzündungsreaktionen und Sekundärinfektionen mit Bakterien und/oder Malassezien, Krusten, Haarverlust und schließlich oft enorme chronische Veränderungen mit Verdickung und Schwarzfärbung der Haut (Elefantenhaut).

Zusätzlich treten Gewichtsverlust, Ruhelosigkeit und mitunter Wesensveränderungen (Aggressivität!) auf.

 

Typische Läsionen (aufgekratzte Papeln mit starkem Juckreiz) und typisches Verteilungsmuster der Sarcoptesräude

Die Außenseiten der Gliedmaßen und insbesondere die Bereiche über Knochenvorsprüngen sind die Prädilektionsstellen bei Sarcoptesräude

Genaues Hinschauen lohnt sich - auch die Ohrmuscheln sind Prädilektionsstellen bei Sarcoptesräude, allerdings sind die Ohrränder und die Ohrspitze betroffen (bei Allergien wäre es die Innenseite der Ohrmuschel und insbesondere die Gehörgangsöffnung)


Typisch für Sarcoptesräude ist eine Verstärkung des Juckreizes nachts und in warmer Umgebung  - im Gegensatz zu Allergien etwa, bei denen Juckreiz in der Nacht eher ungewöhnlich ist. Die betroffenen Hunde sind unkonzentriert oder ungehorsam und kratzen sich selbst im Behandlungsraum des Tierarztes (ein Symptom, das nur bei ganz wenigen anderen Erkrankungen beobachtet wird!).


Wer kann sich anstecken?

Meist sind auch andere Kontakttiere (v.a. Hunde) und/oder Menschen (v.a. Kinder) Opfer der ansteckenden Milben. Etwa jede dritte Kontaktperson, oft nur ein Familienmitglied, wird von den Sarcoptesmilben befallen. Diese Menschen zeigen ähnliche Veränderungen wie bei der--> Cheyletiellose beschrieben: stark juckende Papeln (wie Mückenstiche) in Bereichen mit dünner Haut, die mit dem Hund in Berührung kommen, also vorwiegend an Unterarmen, Beinen, Brustbereich und Bauch.
Sie klingen i.d.R. nach einigen Tagen spontan ab und treten an anderen Stellen erneut auf (da der Mensch nur Fehlwirt ist und die Milben sich auf ihm nicht weiterentwickeln können, sterben sie ab. Solange der Überträger aber nicht behandelt wird, kommt es immer wieder zu Neuansteckungen).

Stark juckende einzelne Papeln an nicht durch Kleidung geschützten Körperteilen bei menschlichen Kontaktpersonen

Wie werden Sarcoptesmilben nachgewiesen?

Da schon wenige Milben u.a. aufgrund einer allergischen Reaktion des Wirtstieres zu enormem Juckreiz führen können, gestaltet sich ihr Direktnachweis mitunter schwierig. Er wird durch die mikroskopische Untersuchung von zahlreichen Hautgeschabseln erstellt.

Eindeutige Diagnose: der mikroskopische Erregernachweis (hier eine erwachsene Sarcoptesmilbe im oberflächlichen Hautgeschabsel) ist die diagnostische Methode der Wahl

Ebenso beweisend wie der Nachweis adulter Milben ist natürlich der Nachweis von Eiern und von Milbenkot im Geschabsel


Der indirekte Milbennachweis kann über eine Blutuntersuchung (Messen von Sarcoptes-spezifischen Antikörpern) erfolgen, deren Ergebnis aber kritisch interpretiert werden muss (viele falsch-negative Testergebnisse!) und frühestens 2-4 Wochen nach der Ansteckung Antikörper messbar sind.

Ein positives Testergebnis bedeutet nicht zwangsläufig eine aktuelle Ansteckung, da der Titer auch nach Abtöten der Milben noch über viele Monate hinweg positiv bleibt.

Auch Blut-Allergie-Tests bei Hunden mit Sarcoptesräude sind häufig falsch-positiv. Um Fehlinterpretationen zu vermeiden, sollte eine Sarcoptesräude daher vor der Durchführung eines jeden Allergietests sicher ausgeschlossen sein!!

Wie werden die Milben behandelt? 

Da Sarcoptes- Milben wie gesagt auch außerhalb ihres Wirtstieres überleben können und hochansteckend sind, ist dringend zu empfehlen, neben dem erkrankten Tier alle empfänglichen Kontakttiere und die Umgebung konsequent zu behandeln.

Da niemals mit einer Behandlung sämtliche Jugendformen der Milben mit abgetötet werden, muss die Behandlung mehrfach wiederholt werden, bis alle Milben eradiziert sind, was mindestens 4 Wochen in Anspruch nimmt.

Erkrankte Hunde und Kontakttiere werden in der Regel mit gut akarizid wirksamen Mitteln in Tablettenform, evtl. auch als Spot-on, behandelt.

Bei manchen Tieren, bei denen beispielsweise die Füchse bis in Hausnähe kommen und Wiederansteckungen vorprogrammiert sind, wird eine dauerhafte Prophylaxe empfohlen, die mit dem behandelnden Dermatologen/der behandelnden Dermatologin abgestimmt wird.

Eine ausgeheilte Sarcoptesräude kann das Tier in seltenen Fällen immun machen, viel häufiger führt sie allerdings zu einer Sensiblisierung mit viel schnelleren und heftigeren Reaktionen bei erneuter Ansteckung, so dass wir eine dauerhafte Prophylaxe bei entsprechenden Lebensbedingungen empfehlen.


Wie wird die Umgebung behandelt?

Besonders günstig für das Überleben von Milben außerhalb des Wirtstieres ist eine kalte und feuchte Umgebung, während Wärme, UV-Strahlung, Frost und Trockenheit schnell zum Absterben führen. Zur Behandlung der Umgebung ist neben Kehren, Putzen, Staubsaugen etc. die Anwendung eines Kontaktinsektizides ratsam. Der behandelnde Dermatologe/die behandelnde Dermatologin stellt zusammen mit den Tierhalter*innen ein individuelles Therapiekonzept auf.

Die gesamte Umgebung des Tieres sollte konsequent behandelt werden, also Haus bzw. Wohnung oder Zwinger, Transportkäfige, Auto, Pflegeutensilien etc. Die Umgebungsbehandlung sollte über die gesamte Therapiedauer, mindestens aber 30 Tage, durchgeführt werden. Ist dies zu aufwendig, kann auch in solchen Bereichen auf eine Behandlung verzichtet werden, wo gewährleistet werden kann, dass für mindestens drei Wochen weder der betroffene Hund noch andere empfängliche Tiere Zugang haben.

Müssen andere Tiere auch behandelt werden?

Neben Hunden sind für Sarcoptesmilben v.a. Katzen, Frettchen und Meerschweinchen empfänglich. Sie sollten daher grundsätzlich mitbehandelt werden, auch wenn sie keine Symptome zeigen (Gefahr von asymptomatischen Carriern).

Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)

Was ist die Ursache einer Schilddrüsenunterfunktion?

Die häufigste Ursache ist eine chronisch-entzündliche Veränderung, bei der durch die Entzündungsreaktion funktionelles Schilddrüsengewebe zerstört und durch nicht-hormonbildendes Bindegewebe ersetzt worden ist.  Dieser Prozess ist schleichend und progressiv, er zieht sich über mehrere Jahre und wird erst klinisch sichtbar, wenn mindestens 80% des funktionellen Schilddrüsengewebes zerstört sind.

Von dieser "echten" Schilddrüsenunterfunktion unterschieden werden muss das sehr viel häufigere "Euthyroid sick syndrome", bei dem die Schilddrüse durch andere Ursachen in ihrer Hormonproduktion gebremst wird.
Hierzu gehören schwere Erkrankungen wie beispielsweise tiefe bakterielle Entzündungen oder Cushing-Erkrankung ebenso wie zahlreiche Medikamente (Cortison, Phenobarbital, nicht-steroidale Antiphlogistika, Sulfonamid-Trimethoprim etc.).

Vorsichtig interpretiert müssen also Schilddrüsenwerte werden, die unter diesen Medikamenten oder unmittelbar nach einer Behandlung mit ihnen erhoben wurden. 

Weitere wichtige Faktoren sind Tageszeit, Futteraufnahme sowie Narkosen - Schilddrüsenwerte sollten morgens nüchtern erhoben werden. Es wird zudem empfohlen, sie nicht bei narkotisierten Tieren zu bestimmen und nach einer Narkose 14 Tage zu warten, ehe ein Schilddrüsenprofil erstellt wird!

Manche Rassen (vor allem Windhundrassen und Basenjis) haben niedrigere Schilddrüsenwerte, ohne eine Hypothyreose zu zeigen. Ähnliches gilt für sehr gut trainierte Hunde!



Welche Hunde bekommen eine Schilddrüsenunterfunktion und wann?
Die meisten Hunde sind im mittleren Lebensalter, wenn Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion auftreten.

Da diese gewöhnlich schleichend beginnen, der Hund oft als erstes einfach nicht mehr so gerne spielt oder spazieren geht (was oft auf das zunehmende Alter zurückgeführt wird), vergeht meist einige Zeit, bis eine Schilddrüsenunterfunktion schließlich diagnostiziert wird.
Die meisten Tiere sind dann 4-8 Jahre alt. Wahrscheinlich beginnen die ersten Veränderungen in der Schilddrüse bei prädisponierten Hunden bereits im Alter von 2 Jahren.

Grundsätzlich können alle Hunde eine Schilddrüsenunterfunktion entwickeln. Überdurchschnittlich oft sind Tiere mittelgroßer und großer Rassen betroffen, insbesondere Airedale-Terrier, Golden Retriever, Labrador Retriever, Neufundländer, DSH, Dobermann, Boxer, Riesenschnauzer etc. - und Dackel. 


Welche typischen Symptome gibt es?

Keine, daher wird die Schilddrüsenunterfunktion auch gerne "der große Imitator" genannt. Bei einer Hypothyreose handelt es sich um eine systemische Erkrankung mit Hautbeteiligung. Dementsprechend  gibt es eine Vielzahl von kutanen und nicht-kutanen Symptomen, von denen einzelne oder viele in allen denkbaren Kombinationen auftreten können. Dies macht die Diagnose mitunter schwierig!

Hautsymptome sind schlechtes oder verzögertes Haarwachstum (wird oft erst nach dem Scheren bemerkt!), Haarausfall ohne Juckreiz v.a. im Bereich des Körpers, insgesamt schütteres Haarkleid, trockenes und/oder brüchiges Fell und evtl. Veränderung der Fellfarbe (Ausbleichen), vermehrte Schuppenbildung, Neigung zu Hautinfektionen (großflächig oder nur lokalisiert, beispielsweise Neigung zu rezidivierenden Pfoten- oder Ohrentzündungen), "Rattenschwanz" v.a. bei langhaarigen Tieren.

Kopf und Beine sind meist unverändert.

Hypothyreose beim Golden Retriever, Symptome: Leistungsrückgang, Gewichtszunahme, schlechte Fellqualität

"Rattenschwanz" beim Golden Retriever mit Hypothyreose

Trockene Haut mit Schuppen, spröde und abbrechende Haare, Fellverfärbung infolge Überalterung (--> Telogener Arrest) sowie multifokale haarlose Stellen bei einem chocofarbenen Labrador

In der Literatur findet sich auch als typisches Symptom der sogenannte "tragische Blick", hervorgerufen durch ein Myxödem (Flüssigkeitseinlagerung) im Kopfbereich. Tatsächlich aber ist er eher selten und nicht spezifisch für eine Hypothyreose.

"Tragischer Blick" bei einem Neufundländer mit Hypothyreose und Myxödem - tatsächlich beherrschen diesen Blick auch viele Hunde ohne Hypothyreose!

Allgemeine Symptome wie Konditionsmangel, Bewegungsunlust, "Verfressenheit", Gewichtszunahme, Aufsuchen warmer Plätze bzw. Wärmeintoleranz im Sommer sind häufig.
Unregelmäßigkeiten bei der Läufigkeit, Gesäugeanbildung mit und ohne Milchproduktion, "Leerbleiben" nach Bedeckung bei Hündinnen sowie verringerte Libido und geringere Spermaqualität bei Rüden werden relativ oft gesehen.

Auch Verhaltensänderungen bzw. -auffälligkeiten bei Hypothyreose sind bekannt, kommen aber tatsächlich sehr viel seltener vor als von manchen Personenkreisen behauptet. 

Bei der Allgemeinuntersuchung fällt oft eine Bradykardie (niedrige Herzfrequenz) auf. Seltener sind Herzprobleme (Herzrhythmusstörungen, Cardiomyopathien).

Weitere mögliche Symptome sind neurologischer Art wie nachlassendes Hörvermögen, Taubheit, Lahmheiten, Lähmungserscheinungen auch der Gesichtsnerven und epileptische Anfälle.

Am Auge können verschiedenste Veränderungen, beispielsweise Hornhautgeschwüre, Lipidosen etc. auftreten.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Der Vorbericht, die Ergebnisse der Untersuchung des Patienten und verschiedene Blutparameter liefern die Verdachtsdiagnose, die dann durch weitere spezifische diagnostische Verfahren erhärtet wird. Hierzu gehören die Untersuchung schilddrüsenspezifischer Parameter im Blut, ein TSH-Stimulationstest mit rhTSH, eine sonographische Untersuchung der Schilddrüse und ein Szintigramm. Je nach Einzelfall und Verfügbarkeit erfolgt die Auswahl der weiterführenden Untersuchung(en). 

Im Gegensatz zum Menschen ist die Bestimmung von TSH im Blut zur Diagnose einer Hypothyreose nicht zielführend!

Wie wird behandelt?

Die Schilddrüsenunterfunktion ist hervorragend behandelbar. Die nicht genügend produzierten Hormone werden in Tablettenform substituiert (als Levothyroxin oder T4). Eine Besserung der allgemeinen Symptome tritt meist schon binnen 2 Wochen nach Therapiebeginn auf, Haut- und Fellveränderungen benötigen bis zur sichtbaren Besserung meist mindestens 4-6 Wochen.

Bis die Neigung zu bakteriellen Sekundärinfektionen abnimmt, die Abwehr der Haut sich also normalisiert, können allerdings 8-10 Monate verstreichen.

Da Schilddrüsenhormone beim Hunde schlechter als beim Menschen aus dem Darm aufgenommen und viel schneller verstoffwechselt werden, müssen sie - gemessen am Körpergewicht - um ein Vielfaches höher dosiert werden. Die Anfangsdosis beträgt etwa 10 µg/kg 2x täglich (zum Vergleich: die meisten Menschen erhalten 50-100 µg als Tagesdosis!) .

Die Tabletten werden möglichst ohne Futter und etwa 1,5 Stunden vor der Fütterung gegeben. Da die Halbwertszeit der Schilddrüsenhormone beim Hund etwa 12 Stunden beträgt, sollte die Gabe 2x täglich erfolgen.

Wegen der besseren Bioverfügbarkeit wird dringend empfohlen, veterinärmedizinische Präparate zu verwenden.

Wie wird die Behandlung kontrolliert?

Aufnahme und Verstoffwechslung der Schilddrüsentabletten können von zahlreichen Faktoren beeinflusst werden. Um sicherzustellen, dass der Patient die optimale Dosis erhält, wird etwa 2 Monate nach Behandlungsbeginn die erste Blutspiegelkontrolle durchgeführt. Hier wird exakt 4 Stunden nach der morgendlichen Tablettengabe dem nüchternen Hund Blut zur Messung des T4-Blutspiegels entnommen und die Dosierung dann eventuell dem Ergebnis angepasst.

Diese Kontrolluntersuchungen werden routinemäßig alle 3-6 Monate wiederholt, bei Dosisänderung bereits wieder nach 4 Wochen. Die Behandlung einer Schilddrüsenunterfunktion ist i.d.R. lebenslang.

Schwarzfärbung der Haut (Hyperpigmentierung)

Wie entsteht eine Schwarzfärbung der Haut?

Eine schwarze Färbung der Haut kann entweder durch eine erhöhte Zahl pigmentbildender Zellen (Melanozyten) oder durch eine vermehrte Pigmentproduktion der vorhandenen Zellen hervorgerufen werden. Die Ursachen sind vielfältig, und im Gegensatz zum Menschen sind nur in seltenen Fällen bösartige Prozesse beteiligt.

Sind mehr Melanozyten vorhanden, ist die Schwarzfärbung normalerweise örtlich gut begrenzt, wie beispielsweise bei Sommersprossen bzw. den Lentigines bei roten oder rotgetigerten Katzen (schwarze kleine Flecken an Lippen, Nasenspiegel, Augenlidern etc.). Diese Veränderungen liegen im Hautniveau und treten auch beim Hund auf, häufig bei cremefarbenen, goldenen und fuchsroten Tieren. 


Lentigo simplex bei einem zweijährigen rotgetigerten Kater - diese schwarzen Flecken sind völlig harmlos


Die Epidermis selbst ist unverändert, die Flecken entwickeln sich meist in jugendlichem Alter (erblich bedingt) und verändern sich nicht.

Eine vermehrte Pigmentproduktion dagegen kann verschiedenste Ursachen haben und ist meist die Folge anderer Erkrankungen, meist mit entzündlichen Reaktionen verbunden.


Welche Ursachen sind wichtig?

Die häufigste Ursache sekundärer Hyperpigmentierung ist zweifellos die sogenannte postinflammatorische Hyperpigmentierung, die v.a. nach bakteriellen Entzündungen (--> Pyodermien) auftritt: In der Spätphase der bakteriellen Entzündung, kurz vor dem sichtbaren Abheilen, kommt es zu einer vermehrten Melaninproduktion im Zentrum der Läsion, oft noch mit einem sichtbaren roten Rand. Ist die Entzündung abgeheilt, bleiben diese schwarzen "spots" noch für einige Zeit bestehen, ehe sie abblassen und verschwinden. Auch die postinflammatorische Hyperpigmentierung nach vorangegangenen Entzündungssymptomen liegt im Hautniveau.

Bakterielle Follikulitis - teils noch aktive Entzündung mit Rötung, teils bereits postinflammatorische Hyperpigmentierung

Da bakterielle Entzündungen ihrerseits zahlreiche Primärerkrankungen haben, sind postinflammatorische Hyperpigmentierungen bei zahlreichen Hauterkrankungen zu erwarten, beispielsweise --> Demodikose, --> Allergien, hormonelle Störungen (v.a. --> Hypothyreose), parasitären Erkrankungen etc. etc..

Ein zweiter wichtiger Mechanismus ist die Hyperpigmentierung ohne vorangegangene Entzündung bei allen Erkrankungen, die zu Haarverlust führen (--> Haarlosigkeit): Da die Epidermis beim Hund sehr viel dünner ist als beim Menschen und das Haarkleid einen großen Teil des UV-Schutzes der darunterliegenden Zellen übernimmt, setzt bei Haarverlust sehr schnell eine Schwarzfärbung und Verdickung der Haut als Schutzmechanismus ein.

Großflächige Hyperpigmentierung ohne Entzündung als Sonnenschutz bei einem Foxterrier mit großflächigem Haarverlust ohne Juckreiz (Ursache: funktioneller Hodentumor)

Eine flächige Hyperpigmentierung entsteht auch bei chronischen Hautfaltenentzündungen oder bei flächigen chronischen Infektionen durch --> Bakterien und/oder --> Malassezien, denen zahlreiche Primärerkrankungen zugrunde liegen können.

Chronische Entzündung der Haut mit starkem Juckreiz, Faltenbildung, Haarverlust und Hyperpigmentierung (chronische --> Malassezien-Dermatitis infolge primärer --> CAD)

Bestimmte Hodentumore insbesondere bei älteren Hunden können als Frühsymptom zur Bildung zahlreicher schwarzer Flecken unterschiedlicher im Bauch- und Innenschenkelbereich, aber auch im Genitalbereich und auf dem Rutenansatz führen. Diese sogenannte makuläre Melanose zeigt scharf begrenzte schwarze Flecke im Hautniveau, die m.o.w. rund sind und einen Durchmesser von 2 mm bis 2 cm aufweisen können. Im Gegensatz zur postinflammatorischen Hyperpigmentierung fand an diesen Stellen zuvor keine Entzündung statt. Werden solche Veränderungen beim älteren unkastrierten Rüden gefunden, ist die wichtigste Differentialdiagnose ein funktioneller Hodentumor (i.d.R. ein Testosteron-produzierender).

Makuläre Melanose im Bauchbereich bei einem Schnauzer mit funktionellem, Testosteron-produzierenden Hodentumor 

Was tun bei Melanomen?

Melanome können bei Hunden und Katzen natürlich auch vorkommen, speziell bei dunkleren Tieren. Viele Melanome im Hautbereich sind gutartig, allerdings kann eine sichere Einordnung immer nur durch histologische Untersuchung, also nach ihrem Entfernen, erfolgen.

Bösartige Melanome treten v.a. bei älteren Tieren auf (etwa mit 9-10 Jahren). Pigmentierte Tumoren im Bereich der Mundhöhle und der Krallenbetten sind bei Hunden meistens bösartig, bei Katzen solche im Bereich der Augenlider. Sie sollten schleunigst und großzügig entfernt und die Patienten auf Metastasen untersucht werden. Auch an anderen Lokalisationen sollten pigmentierte Tumoren, die über das Hautniveau ragen und/oder unregelmäßige Ränder aufweisen, frühzeitig chirurgisch entfernt werden. 

Im Gegensatz zu den meisten anderen Neoplasien, bei denen eine zytologische Untersuchung von Feinnadelbiopsien  (--> Diagnostische Verfahren) angeraten wird, um entzündliche Veränderungen von Tumoren sowie bei den Tumoren eine erste Einteilung in gut- oder bösartig vornehmen zu können, gelingt dies bei Melanomen nicht zuverlässig.

Sebadenitis, granulomatöse

Was versteht man unter granulomatöser Sebadenitis?

Die granulomatöse Sebadenitis (SA) stellt eine immunvermittelte Erkrankung dar, bei der der Körper durch eine Entzündungsreaktion die Talgdrüsen der Haut attackiert und im Laufe der Zeit zerstört. Gekoppelt ist dies mit einer Veränderung der Keratinisierung (Zellerneuerung), was die klinischen Symptome erklärt.

Die granulomatöse SA tritt bei diversen Hunderassen und -mischlingen auf. Aber auch bei Katzen und bei Kaninchen ist sie beschrieben.

 

Welche Rassen sind betroffen?

Die ersten beschriebenen und besonders häufig betroffenen Rassen sind (Königs)-Pudel, Samojede, Akita Inu und Magyar Viszla, aber wie erwähnt sind auch zahlreiche andere Rassen und Mischlinge betroffen. In Deutschland wird die SA regelmäßig auch beim Hovawart und bei belgischen Schäferhunden gesehen.

Nach den Forschungsergebnissen beim Pudel geht man zumindest bei dieser Rasse von einer autosomal-rezessiv vererbten Erkrankung aus.

 

Wie sind die Symptome?

Die granulomatöse SA wird zu den hereditären Erkrankungen mit tardierter Ausprägung gezählt - obwohl die Anlage vermutlich erblich ist, sind die Welpen bei der Geburt und in der Junghundphase normal behaart, erste Symptome zeigen sich meist im jung-erwachsenen Alter (2-4 Jahre).

Da nicht genügend Hautfett gebildet werden kann und überdies die Keratinisierung verändert ist, zeigen die meisten Tiere eine vermehrte Produktion festhaftender Schuppen zusammen mit trockenem, brüchigem, sich eventuell in der Farbe veränderndem Haar (Ausbleichen) sowie fortschreitenden Haarverlust mit Hyperpigmentierung. Der Juckreiz ist variabel, aber ohne Sekundärinfektionen meistens nur schwach ausgeprägt. 

Das Verteilungsmuster der Sebadenitis ist dorsal (typisch): die Veränderungen befinden sich vor allem an Nasenrücken, Stirn, der Außenseite der Ohrmuscheln, Nacken- und Rückenbereich bis zur Rute, die meist einen "Rattenschwanz" aufweist (sehr gut zu sehen bei Hovawart, Akuta Inu, Samojede, Golden Retriever etc.).

Granulomatöse Sebadenitis beim Akita Inu, einer der am stärksten prädisponierten Rassen

Die typischen Veränderungen im Bereich von Nacken und Stirn

...ebenso wie am Rücken; gut zu erkennen die verklebten, glanzlosen und brüchigen Haare und zahlreiche haarlose Bezirke

Auch ein "Rattenschwanz" gehört zu den typischen Symptomen einer SA

Bei kurzhaarigen Hunden sind die Veränderungen oft diskreter - feine Schuppen, die oft eine serpiginöse Anordnung zeigen und an eine Follikulitis erinnern.

Rücken eines Magyar Viszla mit den typischen serpiginösen Veränderungen einer SA

Bei Pudeln ist das erste Symptom - oft schon in jüngerem Alter - das Fehlen der rassetypischen "Lockenbildung": die Tiere zeigen strähniges, glattes Haar, oft über einen längeren Zeitraum, ehe die Symptome dann fortschreiten.

 

Königspudel mit festhaftenden Schuppen im Bereich des Nasenrückens sowie mit fehlendem "Krönchen" und strähnigen, trockenen Haaren - der Verlust der Lockenbildung wurde lange vor den restlichen Hautveränderungen gesehen

 

Wie ist der Verlauf der SA?

Ausgesprochen variabel und nicht vorhersehbar: während es insbesondere beim Pudel wechselnde Verläufe mit Phasen einer spontanen Besserung gefolgt von Verschlimmerung gibt, zeigen die meisten anderen Hunde einen mehr oder weniger schnell progressiven Verlauf.

Die Veränderungen können an mehreren Stellen zugleich beginnen oder am Kopf anfangen und Richtung Rücken fortschreiten oder an der Rute anfangen und in Richtung Kopf weitergehen.

Bei den derzeit sehr beliebten Rassen Labradoodle und Goldendoodle sowie anderen Pudel-"Mischlingen" wird die SA gleichfalls regelmäßig gesehen; hier sind Symptome und Verlauf meist wie beim Pudel beschrieben.

 

Wie erfolgt die Diagnose?

Rasse, Alter, Verteilungsmuster und Art der Veränderungen sind bereits stark hinweisend auf eine SA. Auch die sogenannte follikuläre Hyperkeratose, also das Umhüllen einzelner Haare mit Keratinmanschetten, das bereits mit bloßem Auge am Hund und noch besser im Trichogramm (--> Diagnostische Verfahren) sichtbar ist, erlaubt - nach Ausschluss von --> Demodikose und --> Dermatophytose - bereits die Verdachtsdiagnose.

Solche Keratinmanschetten um die Haare im Trichogramm legen bereits ohne die mikroskopische Untersuchung der Probe den Verdacht auf eine SA nahe

Die Keratinmanschetten, die die Haare umhüllen, unter dem Mikroskop

Gesichert wird sie durch die histopathologische Diagnose zahlreicher Hautbiopsien (mindestens 5), mit der unbedingt ein erfahrener veterinärmedizinischer Dermatohistopathologe betraut werden sollte!

 

Wie erfolgt die Therapie?

Bisherige Therapien mit verschiedensten teils stark immunsupprimierend wirkenden Medikamenten, die die immunvermittelte Entzündungsreaktion gegen die Talgdrüsen stoppen sollten, brachten keine wirklich zufriedenstellenden Ergebnisse, zeigte allerdings teils gravierende Nebenwirkungen.

Symptomatische Therapien, die auf eine Rückfettung der Haut, eine Normalisierung der Keratinisierung und die Reduktion entzündlicher Veränderungen und wenn erforderlich Sekundärinfektionen abzielen, liefern in vielen Fällen sehr gute Resultate, müssen aber konsequent und auf Dauer angewendet werden.

Welche Therapieoptionen im individuellen Fall ratsam und praktikabel sind, sollte der behandelnde Dermatologe/die behandelnde Dermatologin zusammen mit den Tierhalter*innen entscheiden. Regelmäßig Kontrolluntersuchungen, eventuell mit Anpassung der Therapie, sind unbedingt anzuraten.

Mit betroffenen Tieren, Wurfgeschwistern und Elterntieren sollte nicht (weiter) gezüchtet werden.

Zecken und durch sie übertragene Erkrankungen

Welche Zecken gibt es, und wo leben sie?

Zecken gehören zu den Spinnentieren und sind weltweit verbreitete Parasiten.
Von den weltweit mehr als 850 Zeckenarten sind 3 in Europa von Bedeutung:
1. Ixodes ricinus (der "Gemeine Holzbock", die in Deutschland häufigste)
2. Rhipicephalus sanguineus (die "Braune Hundezecke")
3. Dermacentor reticulatus (die "Auwaldzecke")

In den letzten Jahren wird auch zunehmend häufiger Hyalomma  spp ("Riesenzecke", "Tigerzecke") gefunden, die offensichtlich von Zugvögeln eingeschleppt wird. Ihre Rolle bei der Übertragung von Krankheitserregern wird ist weitgehend unbekannt und ist Gegenstand intensiver Forschungen.

Ixodes ricinus ist die häufigste und in Deutschland heimische Zecke, sie findet sich im Freiland, also in Wäldern, an Wegrändern, in hohem Gras und in Parks. Sie ist ganzjährig aktiv und wird ab Umgebungstemperaturen von  +5°C aktiv, kann also auch an milden Wintertagen Tiere befallen.
Rhipicephalus sanguineus war hier ursprünglich nicht heimisch, sondern wurde aus südlichen (Urlaubs)ländern eingeschleppt. Er lebt in Zwingern, Stallungen, Scheunen, Hundezwingern o.ä. und liebt trockene Umgebung.
Dermacentor reticulatus bevorzugt feuchtere Gebiete, sumpf- und Moorlandschaften.


Wie entwickeln sich Zecken?
Die Entwicklung der Zecke vollzieht sich vom Ei über die Larve und Nymphe zur erwachsenen Zecke. Jedes Stadium nach dem Ei benötigt eine Blutmahlzeit, um sich weiterentwickeln zu können. Potentielle Opfer sind Säugetiere, Menschen und Zugvögel. Je nach Witterungsbedingungen, Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit dauert ein Entwicklungszyklus wenige Monate bis Jahre.

Wann ist "Zeckensaison"?
Ideal für Ixodes ricinus sind Temperaturen zwischen 14 und 23°C und Luftfeuchtigkeit zwischen 80 und 85%. Aktiv werden Zecken ab einer Umgebungstemperatur von etwa 5°C bei einer Luftfeuchtigkeit über 80%. Die "Hauptsaison" dauert etwa in Mitteleuropa von März bis Oktober mit einem Maximum zwischen Mai und Juli und September/Oktober, ist aber potentiell ganzjährig, wenn beispielsweise an milden Wintertagen die Zecken aktiv werden.

Warum sind sie gefährlich?
Der eigentliche Zeckenbiss ist verhältnismäßig harmlos, führt zu Rötung, Juckreiz und Schwellung an der Bissstelle.

Gefährlich sind die Erkrankungen, die durch infizierte Zecken übertragen werden, vor allem Borreliose, Babesiose und Ehrlichiose sowie die FSME beim Menschen. 

Welche Symptome sind bei Borreliose, Babesiose und Ehrlichiose zu erwarten?
Borreliose wird durch die Bakterienart Borrelia, häufig Borrelia burgdorferi, hervorgerufen. Borreliose verläuft häufig mit wenig spezifischen Krankheitssymptomen, nämlich Fieber, Appetitverlust, Lahmheiten, selten auch Hautveränderungen. Im späteren Stadium können Organschäden auftreten. Die typische Rötung um den Zeckenbiss, die über Tage bestehen bleibt und sich langsam vergrößert, wird bei Hunden im Gegensatz zu Menschen praktisch nie bemerkt.

Babesien sind einzellige Parasiten, die die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) befallen und zerstören. Dementsprechend sind die hauptsächlichen Symptome die der Blutarmut (Anämie): blasse Schleimhäute, beschleunigter Herzschlag, schnelle Ermüdung etc., weiterhin z.T. hohes Fieber, Gelbsucht, rötlicher oder grünlicher Urin. Unbehandelt verläuft die Erkrankung oft tödlich.

Ehrlichien befallen andere Blutzellen, nämlich die Monozyten. Akute Symptome sind hohes Fieber, Apathie, Appetitlosigkeit, Lymphknotenschwellungen und Blutungsneigung, chronisch erkrankte Tiere zeigen verstärkte Blutungsneigungen und Abmagerung. Auch diese Erkrankung kann unbehandelt tödlich enden.

Magyar Viszla-Hündin mit akuter Ehrlichiose und hohem Fieber, Schwellungen in Gesicht und Gliedmaßen sowie akuten Hautveränderungen im Notdienst- der Besitzer hatte zwei Dermacentor reticulatus-Zecken auf der Hündin entdeckt und mitgebracht, so wurde wertvolle Zeit gewonnen und die Hündin gleich korrekt diagnostiziert und erfolgreich behandelt

Wie werden diese Erkrankungen festgestellt?
Für die genannten Erkrankungen gibt es spezifische (Blut)-Untersuchungen, die laufend verbessert werden. Zudem besteht die Möglichkeit, entfernte Zecken in speziellen Labors beispielsweise auf Borrelien untersuchen zu lassen.

Zeigt der Hund nach Zeckenbiss Krankheitssymptome, sollte die Zecke unbedingt mit in die Tierarztpraxis gebracht werden, um eventuell wertvolle Zeit zu gewinnen - beispielsweise kann gleich bei kompatiblen Symptomen der Verdacht auf Ehrlichiose gestellt und weiter abgeklärt/therapiert werden, wenn das Tier von Dermacentor reticulatus befallen ist.

Wie kann man sie behandeln?
Alle drei Erkrankungen sind prinzipiell behandelbar, meist aber sehr langwierig.

Wie kann man seinen Hund davor schützen?
Der beste Schutz besteht theoretisch im Vermeiden endemischer Gebiete, einschließlich Reisen dorthin. Da allerdings auch heimische Zecken zunehmend häufiger Befallsraten insbesondere mit Borrelien und Babesien sowie je nach Region mit Ehrlichien zeigen, sollte man unbedingt auf eine möglichst gute Zeckenprophylaxe achten - in Risikogebieten auch ganzjährig (vgl. ESCCAP-Richtlinien zu Vektor-übertragenen Erkrankungen). 

Zur Zeckenprophylaxe stehen prinzipiell zwei wirksame Möglichkeiten zur Verfügung: die Anwendung von Repellentien (meist als Spot-on oder Halsband), die die Zecken von einem Biss abhalten sollen, und von Mitteln in Tabletten oder spot-on-Form, die eine kurze Blutmahlzeit voraussetzen, die Zecke aber abtöten sollen, ehe es zur Erregerübertragung kommt.

Welche Maßnahmen im individuellen Fall anzuraten sind, sollte mit dem behandelnden Tierarzt/der behandelnden Tierärztin abgesprochen werden. Eine wirksame und gut verträgliche Zeckenprophylaxe ist ungleich schonender und effektiver als die Therapie von Zecken-übertragenen Erkrankungen.

Keine gesicherte Wirkung gegen Zecken zeigen hingegen Bernsteinketten, Kokosöl, Knoblauch, Plaketten für das Halsband u.ä. - sie sind damit nicht zur Prophylaxe Zecken-übertragener Erkrankungen zu empfehlen!

Grundsätzlich sollten Zecken, sobald man sie bemerkt, mit einer Zeckenzange oder -pinzette entfernt (gezogen, nicht herausgedreht) werden. Mittlerweile ist erwiesen, dass es besser ist, Zecken möglichst frühzeitig zu entfernen, auch wenn sie noch klein und dementsprechend schwieriger zu entfernen sind, und nicht zu warten, bis sie vollgesogen und damit leichter zu entfernen sind oder gar von selbst abfallen: Selbst wenn man den Zeckenkopf nicht mit entfernt, ist es für das Tier kein Problem und das Verfahren sehr viel sicherer, weil die meisten Krankheitserreger erst nach einigen Stunden Blutmahlzeit übertragen werden. 

Um kleine Zecken leichter entfernen zu können, kann man die Zeckenzange (bzw. -haken oder -pinzette) im Tiefkühlfach aufbewahren und so die Zecke beim Entfernen in eine Kältestarre versetzen, in der sie keine Krankheitserreger überträgt, wenn sie entfernt wird. 

AUF KEINEN FALL sollten die Zecken, wie oft in der Vergangenheit empfohlen, mit Öl, Äther o.ä. "abgetötet" werden, ehe man sie entfernt: Mittlerweile wurde nachgewiesen, dass solche Zecken im Todeskampf Keime in den Wirtsorganismus einbringen und so das Risiko einer Infektion erheblich ansteigt, denn auch infizierte Zecken geben die Erreger erst nach einiger Zeit an den Wirt weiter.

Bewährte Hausmittel sind auch das gründliche Absuchen oder das Absaugen des Hundes mit einem kleinen Handstaubsauger, wenn er von draußen hereinkommt.

Auf dem eigenen Grundstück sollte das Gras zudem möglichst kurz gehalten werden.

 

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